Das fremde Gesicht
durchgestellt.
Was nichts anderes als gute Nachrichten bedeutet, dachte Mac. Die Kardiologie war vermutlich nur eine Vorsichtsmaßnahme. Er hatte das sichere Gefühl, Catherine würde ganz gesund werden und von der erzwungenen Ruhe profitieren.
Seine Sorge um Meghan war es, was dieses betäubende Unbehagen verursachte. Wer bedrohte sie? Selbst wenn das Unglaubliche stimmte und Ed Collins noch lebte, ging die Gefahr ganz sicher nicht von ihm aus.
Nein, seine Beunruhigung ging allein auf das Mordopfer zurück, das wie Meghan aussah. Als er dann die unberührte Hälfte seines Sandwichs weggeworfen und den Rest seines kalten Kaffees ausgetrunken hatte, wußte Mac, daß er keine Ruhe finden würde, bis er zum Leichenschauhaus in New York gegangen war, um sich die Leiche jener Frau anzuschauen.
Abends auf seinem Heimweg machte Mac im Krankenhaus eine Stippvisite bei Catherine, die zweifellos Beruhigungsmittel bekommen hatte. Ihre Sprechweise war deutlich langsamer als ihr sonst so lebendiger Tonfall. »Ist das nicht ein Quatsch, Mac?« fragte sie.
Er zog einen Stuhl heran. »Selbst wackere Töchter der Grünen Insel dürfen gelegentlich mal eine Pause einlegen, Catherine.«
Ihr Lächeln war eine Bestätigung. »Wahrscheinlich hab’
ich eine Zeitlang ein bißchen viel von mir verlangt. Du weißt Bescheid, nehm’ ich an.«
»Ja.«
»Meggie ist gerade weg. Sie geht zum Gasthof rüber.
Mac, dieser neue Koch, den ich eingestellt hab’! Ich schwöre dir, der hat seine Ausbildung in ’ner Imbißbude gemacht. Ich muß ihn loswerden.« Ihre Miene wurde düster. »Das heißt, wenn ich einen Weg finde, wie ich am Drumdoe festhalten kann.«
»Ich glaube, es ist besser, wenn du diese Art Sorgen eine Weile beiseite schiebst.«
Sie seufzte. »Ich weiß. Es ist bloß, daß ich gegen einen schlechten Koch was tun kann. Nichts tun kann ich gegen Versicherungstypen, die nicht zahlen wollen, und Idioten, die mitten in der Nacht anrufen. Meg hat gesagt, so ein mieser Anruf sei einfach typisch für unsre Zeit, aber es ist so widerwärtig, so zum Wahnsinnigwerden. Sie schüttelt’s einfach ab, aber du kannst dir vorstellen, warum ich Angst hab’.«
»Hab Vertrauen zu Meg.« Mac kam sich ganz verlogen vor bei seinem Versuch, beruhigend zu wirken.
Einige Minuten später stand er auf, um zu gehen. Er küßte Catherine auf die Stirn. In ihrem Lächeln lag ein Anflug von Kampfgeist. »Ich hab’ eine großartige Idee.
Wenn ich den Koch rausschmeiße, schick’ ich ihn hierher.
Verglichen mit dem, was ich zum Abendessen gekriegt hab’, ist er der reinste Escoffier.«
Marie Dileo, die Haushälterin, die täglich kam, war beim Tischdecken, als Mac heimkehrte, und Kyle machte auf dem Boden ausgestreckt seine Hausaufgaben. Mac zog Kyle zu sich auf das Sofa heran. »Sag mal, Freund, ich will das wissen. Wie genau hast du die Frau neulich zu sehen gekriegt, die du für Meg gehalten hast?«
»Ziemlich genau«, antwortete Kyle. »Meg war heute nachmittag hier.«
»Ach, wirklich?«
»Ja. Sie wollte wissen, warum ich sauer auf sie war.«
»Und hast du’s ihr gesagt?«
»Ah-hmm.«
»Was hat sie gemeint?«
»Ach bloß, daß sie Mittwoch nachmittag im Gericht war und daß manchmal, wenn Leute im Fernsehen sind, andre Leute gern sehen wollen, wo sie wohnen. Solches Zeug.
Genau wie du hat sie gefragt, wie gut ich die Dame da zu sehen gekriegt hab’. Und ich hab’ ihr gesagt, daß die Dame sehr, sehr langsam gefahren ist. Deshalb bin ich ja auch zur Straße hingelaufen und hab’ nach ihr gerufen, als ich sie gesehen hab’. Und sie hat das Auto angehalten und mich angeschaut und das Fenster runtergemacht, und dann ist sie einfach weggefahren.«
»Das hast du mir alles gar nicht erzählt.«
»Ich hab’ gesagt, daß sie mich gesehen hat und dann schnell weggefahren ist.«
»Du hast nicht gesagt, daß sie angehalten und das Fenster runtergekurbelt hat, mein Lieber.«
»Ah-hmm. Ich hab’ gedacht, daß sie Meg ist. Aber ihre Haare waren länger. Das hab’ ich Meg auch gesagt. Weißt du, es ging ihr so um die Schultern. Wie das Bild von Mommy.«
Ginger hatte Kyle eines ihrer jüngsten Pressebilder geschickt, ein Porträtfoto: mit ihren blonden Haaren um die Schultern verweht, mit geöffneten Lippen, die perfekte Zähne preisgaben, und großen, sinnlichen Augen. In die Ecke hatte sie geschrieben: »Für meinen kleinen Liebling Kyle, in Liebe und mit Küssen, Mommy.«
Ein Pressefoto, hatte Mac voller Abscheu gedacht. Wäre er zu
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