Das fremde Gesicht
Frau durch Collins und Carter von der Klinik eingestellt worden. Diese Positionen wurden gut bezahlt, und es würde wieder ein gutes Honorar abwerfen, wenn Collins and Carter mit der Suche für eine Ersatzkraft beauftragt wurde.
Er traf um Viertel vor neun im Büro ein und entdeckte Meghans Wagen in einer der Parkbuchten in der Nähe des Gebäudeeingangs. Sie hatte offensichtlich auf ihn gewartet, denn sie stieg aus dem Auto, als er einparkte.
»Meg, was für eine nette Überraschung!« Er legte einen Arm um sie. »Aber, um Himmels willen, du hast doch einen Schlüssel. Warum bist du nicht hineingegangen?«
Meg lächelte kurz. »Ich bin erst seit einer Minute da.«
Außerdem, dachte sie, würde ich mir wie ein Eindringling vorkommen, wenn ich einfach hineinginge.
»Catherine geht’s gut, hoffe ich?« fragte er.
»Sie macht sich wirklich.«
»Gott sei Dank«, sagte er herzhaft.
Die kleine Empfangshalle wirkte einladend mit ihrem in leuchtenden Farben bezogenen Sofa und Sessel, dem runden Couchtisch und den getäfelten Wänden. Meghan ergriff wieder einmal ein Gefühl abgrundtiefer Traurigkeit, als sie durch den Raum eilte. Diesmal gingen sie in Phillips Büro. Er schien zu spüren, daß sie nicht wieder das Büro ihres Vaters benutzen wollte.
Er half ihr aus dem Mantel. »Kaffee?«
»Nein, danke. Ich hab’ schon drei Tassen getrunken.«
Er ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder. »Und ich versuche, weniger Kaffee zu trinken, also warte ich ab.
Meg, du siehst ganz schön bekümmert aus.«
»Bin ich auch.« Meghan befeuchtete sich die Lippen.
»Phillip, ich bekomme allmählich das Gefühl, daß ich meinen Vater überhaupt nicht gekannt hab’.«
»In welcher Hinsicht?«
Sie berichtete ihm von den Briefen und der Todesnachricht, die sie in dem verschlossenen Schubfach gefunden hatte, beobachtete dann, wie Phillips Miene sich von Besorgtheit zu Ungläubigkeit wandelte.
»Meg, ich weiß nicht, was ich dir sagen soll«, meinte er, als sie zu Ende erzählt hatte. »Ich kenne deinen Vater seit vielen Jahren. Soweit ich zurückdenken kann, ging ich davon aus, daß seine Mutter starb, als er klein war, sein Vater wieder geheiratet hat und er eine lausige Kindheit bei seinem Vater und seiner Stiefmutter hatte. Als mein Vater im Sterben lag, sagte dein Dad etwas, was ich nie vergessen werde. Er hat gesagt: ›Ich beneide dich darum, um deine Eltern trauern zu können.‹«
»Dann hast du’s also auch nie gewußt?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Aber was ich meine – warum mußte er denn lügen deswegen?« fragte Meg mit erhobener Stimme. Sie verschränkte die Hände ineinander und biß sich auf die Lippen. »Ich meine, warum konnte er meiner Mutter nicht die Wahrheit sagen? Was konnte es ihm denn bringen, sie zu täuschen?«
»Denk mal drüber nach, Meg. Er traf deine Mutter, erzählte ihr von seiner Familie, so wie er es allen erzählt hat. Als sie sich dann füreinander zu interessieren begannen, wäre es ziemlich schwierig gewesen, zuzugeben, daß er sie angelogen hatte. Und kannst du dir die Reaktion deines Großvaters vorstellen, wenn er erfahren hätte, daß dein Vater – aus welchem Grund auch immer – von seiner eigenen Mutter nichts wissen wollte?«
»Ja, das leuchtet mir ein. Aber Pop ist schon so lange tot.
Warum konnte er denn nicht …?« Ihre Stimme verlor sich.
»Meg, wenn du einmal mit einer Lüge lebst, wird es mit jedem einzelnen Tag, der vergeht, schwerer, die Situation zu klären.«
Meghan hörte im Vorzimmer Stimmen erklingen. Sie erhob sich. »Bleibt das unter uns, bitte?«
»Selbstverständlich.«
Er stand ebenfalls auf. »Was wirst du jetzt machen?«
»Sobald ich sicher bin, daß Mutter in Ordnung ist, gehe ich zu der Adresse in Chestnut Hill, die auf dem Kuvert mit der Todesnachricht stand. Vielleicht bekomme ich ja dort ein paar Antworten.«
»Wie läuft’s mit dem Sonderbericht über die Manning Clinic?«
»Gar nicht. Sie wimmeln mich ab. Ich muß eine andere Einrichtung zur künstlichen Befruchtung finden. Aber warte mal. Du oder Dad – ihr habt doch jemand bei der Manning Clinic plaziert, stimmt’s?«
»Dein Dad war damit befaßt. Genaugenommen ist es die arme Frau, die gestern erschossen worden ist.«
»Frau Dr.
Petrovic? Ich hab’ sie letzte Woche
getroffen.«
Die Sprechanlage schnarrte. Phillip Carter nahm den Telefonhörer ab. »Wer? In Ordnung, ich übernehme.«
»Ein Reporter von der New York Post « , erklärte er Meghan. »Keine Ahnung, was
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