Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
ob sie eigentlich hier sein sollte, insbesondere da garantiert der Name ihres Vaters im Verlauf der Nachforschungen zu Helene Petrovics professionellem Status auftauchen würde. Als sie Phillip Carters Büro verließ, hatte sich die Nachrichtenzentrale per Funk gemeldet und ihr mitgeteilt, Steve, ihr Kameramann, werde sie bei der Manning Clinic treffen.
    »Weicker ist einverstanden«, versicherte man ihr.
    Sie hatte Weicker vorher schon zu erreichen versucht, doch er war noch nicht im Haus. Sie hatte das Gefühl, mit ihm über den möglichen Interessenkonflikt sprechen zu müssen. Vorläufig jedoch schien es leichter, den Auftrag einfach anzunehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden die Anwälte der Klinik sowieso keinerlei Interviews mit Dr. Manning zulassen.
    Sie machte nicht den Versuch, es den übrigen Medienleuten gleichzutun und die davoneilenden Klientinnen mit Fragen zu bombardieren. Statt dessen hielt sie nach Steve Ausschau und signalisierte ihm, er solle ihr ins Gebäude folgen. Sie öffnete leise die Tür. Wie erhofft, war Marge Walters an ihrem Pult; sie sprach mit Nachdruck am Telefon.
    »Wir müssen unbedingt alle heutigen Termine absagen«, forderte sie hartnäckig. »Du mußt denen da drinnen beibringen, daß sie unbedingt irgendeine Erklärung abgeben müssen. Sonst wird die Öffentlichkeit nichts anderes zu sehen kriegen als lauter Frauen, die von hier fortstürzen.«
    Als die Tür hinter Steve zufiel, blickte Walters auf. »Ich kann nicht weiterreden«, sagte sie hastig und ließ den Hörer einrasten.
    Meghan sprach erst, nachdem sie auf dem Stuhl gegenüber von Marge Walters’ Tisch Platz genommen hatte. Die Situation erforderte Taktgefühl und ein vorsichtiges Vorgehen. Sie hatte gelernt, einen Gesprächspartner in Abwehrhaltung nicht mit Fragen zu überfallen. »Das ist ein ziemlich harter Vormittag für Sie, Mrs. Walters«, sagte sie besänftigend.
    Sie sah, wie sich die Empfangsdame mit der Hand über die Stirn strich. »Das kann man wohl sagen.«
    Die Frau sprach mit einem gewissen Vorbehalt, aber Meghan spürte den gleichen Konflikt bei ihr heraus, den sie bereits am Vortag bemerkt hatte. Marge Walters war sich der gebotenen Diskretion bewußt, wünschte sich aber sehnlichst, mit jemandem über all das, was geschehen war, zu reden. Sie tratschte von Natur aus gern.
    »Ich habe Frau Dr. Petrovic bei der Zusammenkunft kürzlich kennengelernt«, sagte Meghan. »Sie schien mir ein liebenswürdiger Mensch zu sein.«
    »Das war sie auch«, pflichtete Walters bei. »Es ist kaum zu glauben, daß sie nicht für den Job qualifiziert gewesen sein soll, den sie gemacht hat. Aber ihre medizinische Anfangsausbildung war vermutlich in Rumänien. Bei all den Veränderungen in der Regierung da drüben wette ich: Die finden noch heraus, was das soll, diese Behauptung vom New York Hospital, sie hätte dort kein Praktikum gemacht. Ich wette, daß auch das ein Irrtum ist. Aber bis sie das herausfinden, ist es vielleicht zu spät. Diese schlechte Presse wird die Klinik hier ruinieren.«
    »Das könnte sein«, stimmte Meghan zu. »Glauben Sie, daß ihre Kündigung etwas mit Dr. Mannings Entscheidung gestern zu tun hatte, unser Projekt abzublasen?«
    Walters warf einen Blick auf die Kamera, die Steve hochhielt.
    Rasch fügte Meghan hinzu: »Wenn Sie mir irgend etwas berichten können, was all diesen negativen Neuigkeiten entgegenwirkt, so würde ich es gern mit einbeziehen.«
    Marge Walters kam zu einer Entscheidung. Sie vertraute Meghan Collins. »Dann lassen Sie mich Ihnen sagen, daß Helene Petrovic eine der wunderbarsten, engagiertesten Personen war, die ich je kennengelernt habe. Niemand war glücklicher als sie, wenn ein Embryo im Leib seiner Mutter erfolgreich ausgetragen wurde. Sie liebte jeden einzelnen Embryo in dem Labor hier und hat immer darauf bestanden, daß das Notaggregat regelmäßig überholt wurde, um sicherzugehen, daß die Temperatur auch bei einem Stromausfall konstant bleibt.«
    Marge Walters’ Augen wurden feucht. »Ich weiß noch, wie uns Dr.
    Manning letztes Jahr bei einer
    Personalversammlung erzählt hat, wie er bei dem schrecklichen Schneesturm im Dezember damals, als der ganze Strom ausfiel, zur Klinik geeilt ist, um sich zu vergewissern, daß der Generator angesprungen war. Und was glauben Sie, wer eine Minute nach ihm ankam?
    Helene Petrovic. Und sie konnte es nicht ausstehen, bei Schnee und Eis Auto zu fahren. Sie bekam Angstzustände dabei, und trotzdem ist sie bei dem

Weitere Kostenlose Bücher