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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Meghan.
    »Annie war eigentlich nicht geplant. Als sie unterwegs war, haben wir das Haus hier gekauft und den Leuten erzählt, wir seien verheiratet. Danach war ihr Vater fürchterlich hin und her gerissen, immer bemüht, euch beiden ein guter Vater zu sein, immer mit dem Gefühl, beiden Töchtern gegenüber zu versagen.«
    »Hatte er nicht Angst, daß die Sache eines Tages auffliegt?« fragte Meghan. »Daß ihm hier jemand über den Weg läuft, so wie es mit seinem Stiefbruder passiert ist?«
    »Die Furcht davor hat ihn ständig verfolgt. Annie hat ihn, als sie größer wurde, immer häufiger über seine Arbeit ausgefragt. Sie hat ihm die Geschichte nicht abgenommen, er hätte einen hochgeheimen Regierungsjob. Sie machte sich allmählich einen Namen als Reisejournalistin, Sie waren im Fernsehen zu sehen.
    Als Edwin letzten November schlimme Schmerzen in der Brust hatte, hat er sich geweigert, ins Krankenhaus zur Beobachtung zu gehen. Er wollte nach Connecticut zurück. Er hat gesagt: ›Wenn ich sterbe, kannst du Annie sagen, daß ich in einer Regierungsmission unterwegs war.‹
    Als er das nächstemal kam, hat er mir eine Inhaberobligation über zweihunderttausend Dollar gegeben.«
    Die beliehene Versicherung, dachte Meghan.
    »Er hat gesagt, wenn ihm irgend etwas zustoßen sollte, wären Sie und Ihre Mutter gut versorgt, ich aber nicht.«
    Meghan widersprach Frances Grolier nicht. Ihr war klar, daß sie nicht auf den Gedanken gekommen war, daß wegen der fehlenden Leiche kein Totenschein für ihren Vater ausgestellt worden war. Und sie war absolut überzeugt, daß ihre Mutter eher alles verlieren würde, als das Geld zurücknehmen, das ihr Vater dieser Frau gegeben hatte.
    »Wann haben Sie meinen Vater zum letztenmal gesehen?« fragte sie.
    »Er ist am siebenundzwanzigsten Januar abgereist. Er wollte nach San Diego, um Annie zu besuchen, und anschließend am achtundzwanzigsten morgens nach Hause fliegen.«
    »Warum glauben Sie, daß er noch lebt?« mußte Meghan noch fragen, bevor sie aufbrach. Sie wollte um alles in der Welt von dieser Frau wegkommen, die, wie ihr bewußt wurde, zugleich tiefes Mitleid und heftiges Mißfallen in ihr hervorrief.
    »Weil er schrecklich aufgeregt war, als er ging. Er hatte etwas über seinen Mitarbeiter rausgekriegt, was ihn entsetzt hat.«
    »Victor Orsini?«
    »Ja, so heißt er.«

    »Was hat er rausgekriegt?«
    »Ich weiß nicht. Aber die Geschäfte waren seit mehreren Jahren nicht gut gelaufen. Dann gab es eine Story in der Lokalzeitung über eine Feier zum siebzigsten Geburtstag, die Dr. George Mannings Tochter für ihn veranstaltet hatte; sie wohnt etwa fünfzig Kilometer von hier entfernt.
    In dem Artikel wurde Dr. Manning mit dem Satz zitiert, daß er noch ein weiteres Jahr arbeiten und sich dann zurückziehen wollte. Ihr Vater hat mir gesagt, daß die Manning Clinic ein Kunde ist, und er rief Dr. Manning an.
    Er wollte sich um den Auftrag bewerben, einen Nachfolger für Dr.
    Manning zu suchen. Das
    Telefongespräch hat ihn schrecklich aufgeregt.«
    »Warum?« fragte Meghan eindringlich. »Warum?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Versuchen Sie sich zu erinnern. Bitte. Es ist sehr wichtig.«
    Grolier schüttelte den Kopf. »Als Edwin ging, waren seine letzten Worte: ›Es wird mir alles zuviel …‹ Alle Zeitungen haben die Sache mit dem Unglück auf der Brücke gebracht. Ich dachte, er ist tot, und hab’ den Leuten erzählt, daß er beim Absturz eines kleinen Flugzeugs im Ausland umgekommen ist. Annie hat sich mit der Erklärung nicht zufriedengegeben.
    Als er sie damals am letzten Tag in ihrer Wohnung besucht hat, gab Edwin Annie Geld, damit sie sich etwas zum Anziehen kaufen konnte. Sechs
    Hundertdollarscheine. Er hat offenbar nicht gemerkt, daß ihm der Notizzettel vom Drumdoe Inn mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer darauf aus der Brieftasche gefallen ist. Sie fand ihn, als Edwin weg war, und hat ihn aufgehoben.«
    Frances Groliers Lippen zitterten. Ihre Stimme versagte, als sie fortfuhr: »Vor zwei Wochen ist Annie hierhergekommen und hat eine Art Showdown abgezogen.
    Sie hatte Ihre Nummer angerufen. Sie haben sich mit
    ›Meghan Collins‹ gemeldet, da hat sie aufgelegt. Sie wollte den Totenschein ihres Vaters sehen. Sie nannte mich eine Lügnerin und bestand darauf, zu erfahren, wo er ist. Ich hab’ ihr schließlich die Wahrheit erzählt und sie angefleht, keinen Kontakt zu Ihnen oder Ihrer Mutter aufzunehmen. Sie hat die Büste, die ich von Ed gemacht hab’,

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