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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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Konjunktur würde Melrose Cottage für höchstens dreihunderttausend weggehen, und den Großteil davon würde die Bausparkasse Rawndesley und Silsford bekommen. Selbst wenn Kit und Con ihre gesamten Ersparnisse reinbuttern würden, würde kein Kreditgeber, der noch bei Verstand ist, ihnen einen Kredit von über einer Million Pfund geben.«
    Es macht mich rasend, dass meine Schwester ebenso gut über unsere finanziellen Verhältnisse Bescheid weiß wie Kit und ich. Wenn sie »Ersparnisse« sagt, hat sie eine Zahl im Kopf – und die ist korrekt. Während ich genauestens über ihre und Antons Finanzen Bescheid weiß: ihre steuerbegünstigte private Sparanlage, ihre Hypothek, ihr genaues monatliches Einkommen, nachdem Anton aufgehört hat zu arbeiten, welchen Anteil an den Schulgebühren für Benji sie tragen (kaum etwas) und wie viel davon unsere Eltern bezahlen (fast alles). »Ich weiß gar nicht, warum in manchen Familien ein so großes Geheimnis um finanzielle Angelegenheiten gemacht wird«, lautet, seit ich denken kann, ein beliebter Ausspruch meiner Mutter. »Warum sollte man die Menschen, die einem am nächsten stehen, wie Fremde behandeln?«
    Als ich zwölf war und Fran zehn, zeigte sie uns ihr blaues Sparbuch bei der Halifax-Bank, damit wir sehen konnten, dass sie und mein Vater vierhundertdreiundsiebzigtausend Pfund und zweiundfünfzig Pence zusammengespart hatten. Ich erinnere mich, dass ich auf die blaue handgeschriebene Zahl starrte, beeindruckt und überwältigt war und der Überzeugung, dass meine Eltern Genies sein müssten, während ich nie hoffen dürfte, einmal so gewieft zu werden wie sie. »Wir werden immer zurechtkommen, solange wir dieses finanzielle Polster haben«, verkündete meine Mutter. Fran und ich fielen beide auf ihre Werbestrategie herein. Als Jugendliche horteten wir unser Taschengeld auf einem Sparkonto, während unsere Freundinnen jeden Penny, den sie besaßen, für Lippenstifte und Cider verbrieten.
    »Falls du glauben solltest, dass deine Mutter und ich dir Geld leihen werden, damit du über deine Verhältnisse leben kannst, hast du dich geschnitten«, erklärt mein Vater. In den Augen meiner Eltern ist ein Über-seine-Verhältnisse-Leben ethisch gesehen genau verwerflich, wie Säuglinge aus dem Fenster zu werfen.
    »Nein, ich glaube nicht, dass ihr mir Geld leihen würdet«, teile ich ihm mit. Ich würde meine Eltern nicht mal bitten, mir hundert Pfund zu leihen, geschweige denn eine Million. »Ich würde dieses Haus nicht mal kaufen wollen, wenn ich es mir zehnmal leisten könnte und es keine anderen Häuser auf der Welt gäbe.« Ich verzichte darauf, ihnen den Grund dafür zu erläutern: er sollte ihnen eigentlich bereits klar geworden sein.
    »Findet ihr wirklich, dass meine hypothetische Extravaganz das Thema ist, über das wir sprechen sollten? Was ist mit der Toten, die dort in ihrem eigenen Blut lag? Warum reden wir nicht mal darüber? Warum vermeidet ihr es alle, auch nur ein Wort darüber zu verlieren? Ich habe es euch doch erzählt, oder? Ich könnte schwören, dass ich euch erzählt habe, was ich auf diesem Immobilienportal gesehen habe und dass jemand von der Kripo vorbeikam –«
    Mein Vater schneidet mir das Wort ab. »Du hast keine tote Frau auf dieser Website oder sonst irgendwo gesehen. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen solchen Unfug gehört. Du hast es doch selbst gesagt, als Kit kam, um nachzusehen, war da keine Leiche. Stimmt doch, oder?«
    »Das hast du gesagt«, fügt meine Mutter nervös hinzu, als fürchte sie, ich sei völlig unberechenbar und jederzeit bereit, meine Geschichte zu ändern.
    Ich nicke.
    »Dann gab es auch keine Leiche – du hast es dir nur eingebildet«, befindet mein Vater. »Du solltest diesen Polizisten anrufen und dich dafür entschuldigen, dass du seine Zeit verschwendet hast.«
    »Wenn ich bis in die Puppen wach bleiben würde, würde ich auch anfangen zu halluzinieren«, lautet der Beitrag meiner Mutter. »Ich sage es dir ja immer wieder, aber du hörst ja nicht auf mich. Du musst besser auf dich achtgeben. Ihr arbeitet beide zu hart, du und Kit, ihr geht zu spät ins Bett, esst nicht ordentlich …«
    »Lass gut sein, Mutti«, sagt Fran. »Du tust dir damit keinen Gefallen. Komm schon, Benji, sperr den Schnabel auf, schön weit!«
    »Glaubst du, ich habe es mir nur eingebildet, Fran?«
    »Ich weiß nicht«, antwortet sie. »Nicht unbedingt. Vielleicht. Drei Naschis, Benji, wenn du jetzt den Schnabel aufsperrst und diesen

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