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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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gesetzlichen Anforderungen an eine Kfz-Haftpflichtversicherung entspricht.
    Rosemary Vincent
    Rosemary Vincent, Handlungsbevollmächtigte

9
    M ONTAG , 19. J ULI 2010
    Ich beginne, Sam Kombothekra von dem ersten Streit zu erzählen, den Kit und ich je hatten. Es ging um Cambridge. Wir waren seit fast einem Monat zusammen.
    Kit hatte nicht vor, Streit anzufangen. Er versuchte, mir ein Kompliment zu machen. Technisch gesehen war ich vermutlich diejenige, die den Streit anfing, obwohl es mir damals nicht so vorkam. Wir gingen zu Fuß zurück von Little Holling zu Kits Zweizimmermietwohnung in Rawndesley, nachdem wir zum Mittagessen bei meinen Eltern gewesen waren. Es war ungefähr das fünfte oder sechste Mal, das Kit mit meiner Familie zusammengetroffen war. Es dauerte neun Jahre, bis er den Mut aufbrachte zu fragen, ob er nicht gelegentlich von den mehreren Besuchen pro Woche entschuldigt werden konnte, die von mir erwartet wurden.
    Mein Vater, der Kit beeindrucken wollte, hatte vorgeschlagen, eine bestimmte Flasche Wein aufzumachen, die er vor zwei Jahren von einem dankbaren Monks & Söhne-Kunden bekommen hatte. Ich verstehe nichts von Wein und mein Vater auch nicht, aber der Kunde hatte durchblicken lassen, dass dieser Wein etwas ganz Besonderes sei – er war entweder sehr alt oder sehr wertvoll oder beides. Weder mein Vater noch meine Mutter konnten sich an die genauen Einzelheiten erinnern, aber was auch immer der Kunde zu ihnen gesagt haben mochte, es hatte ausgereicht, ihnen nachdrücklich einzuprägen, dass es reiner Wahnwitz wäre, den Wein zu öffnen und zu trinken. Also hatten sie den guten Tropfen stattdessen an einem sicheren Ort verwahrt – so sicher, dass sich keiner erinnern konnte, wo sie die Flasche hingelegt hatten, als mein Vater entschied, das Auftauchen eines höflichen, redegewandten Oxbridge-Absolventen und potentiellen Schwiegersohns sei eine würdige Gelegenheit für die Freisetzung der magischen Kräfte des alten Weins. Kit versuchte, meinen Eltern zu versichern, dass es keine Rolle spiele, dass er Wasser oder Apfelsaft vorziehen würde, da er noch Auto fahren musste, aber mein Vater bestand darauf, dass die besondere Flasche gefunden werden musste. Und das wiederum bedeutete, dass meine Mutter ihr Essen kalt werden ließ, während sie erst den Keller und dann das ganze übrige Haus durchstöberte. Wir Übrigen folgten dem Beispiel meines Vaters und aßen weiter. »Wenn Sie nicht reinhauen, solange es noch kochend heiß ist, macht Val Hackfleisch aus Ihnen«, sagte mein Vater zu Kit, dem nicht wohl dabei war, ohne meine Mutter anzufangen. Fran, Anton und ich waren daran gewöhnt. Meinem Vater fällt oft ausgerechnet dann ein, dass meine Mutter unbedingt etwas für ihn holen muss, wenn sie sich gerade zum Essen hinsetzen will. Ich glaube, er schaut auf ihren gefüllten Teller, gerät in leichte Panik bei dem Gedanken, wie lange es dauern wird, bevor sie sich wieder ganz ihm widmen kann, und beschließt, seine dringlichsten Anliegen sofort vorzubringen.
    Während wir aßen, hörten wir lautes Keuchen und eine Reihe kleiner Seufzer aus dem Rest des Hauses. Meine Mutter wollte, dass wir genau mitbekamen, was es sie kostete, nach dem geheiligten Fusel zu suchen. Ich konnte sehen, dass Kit angespannt war und sich verantwortlich fühlte, obwohl er das nicht war. Dann rief meine Mutter: »Ach, du meine Güte! Das kommt davon, wenn man nur Stroh im Kopf hat. Jetzt weiß ich, wo ich sie hingetan habe.« Wir lauschten, als eine Tür knarrend aufging. Es war ein Knarren, das Fran und ich so gut kannten, wie wir einander kannten. Es war Teil des Soundtracks von Thorrold House, seit wir Kinder waren. Mein Vater lachte und sagte zu Kit: »Der Schrank unter der Treppe – ich weiß nicht, warum sie nicht gleich dort nachgeschaut hat. Ich hätte das als Allererstes getan. War doch klar, dass der Wein da liegt.«
    »Schade, dass du Mutti diese Einsicht nicht mitgeteilt hast«, sagte Fran scharf. »Du hättest ihr damit etwa eine halbe Stunde Lebenszeit erspart – des einzigen Lebens, das sie hat.« Ich erinnere mich, dass ich mich fragte, ob sie böse war, weil er um Kit herumscharwenzelte und Anton ignorierte, der kein Oxbridge-Absolvent war und dessen Eltern in einem Wohnmobilpark am Rande von Combingham lebten.
    Ein paar Sekunden später gab es einen Knall und einen erstickten Schrei. Der besondere Wein war nicht das Einzige, das meine Mutter in dem Schrank unter der Treppe gefunden hatte. Wir alle

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