Das fremde Haus
verschwunden ist, und die ich mir vielleicht sowieso nur eingebildet habe, ist nicht so einfach.
Soweit ich sehen kann, habe ich zwei Alternativen. Entweder versuche ich, es zu vergessen und mir einzureden, dass die grauenhafte Szene, die ich gesehen habe, nur in meinem Kopf existiert. Oder ich rufe Simon Waterhouse an.
Asservaten-Nr. : CB13345/432/19IG
CAVENDISH LODGE GRUNDSCHULE
Elternbrief Nr. 581
Datum: Montag, 19. Oktober 2009
Herbstgedanken von Mrs Kennedys Klasse
KASTANIEN SIND …
Seidenglatt,
Samtig und schokoladenbraun
Und außen rostig rot.
Ihre schimmernden Schalen sind hart,
Cremig und fühlen sich kühl an.
Ich liebe den Herbst, weil
Im Herbst die Kastanien von den Bäumen fallen.
Ich liebe Kastanien SO sehr!
von Riordan Gilpatrick
KASTANIEN
Sie fallen von den Bäumen
Und treffen einen am Kopf.
Man kann sie auf Bindfaden aufziehen,
Mit ihnen kämpfen,
Man kann sie sammeln,
Und aufs Regal legen.
Grün-braun-orangerot, das ist die Farbe von
Kastanien!
von Emily Sabine
Gut gemacht, ihr beiden – ihr habt wirklich den Herbst in unseren Köpfen lebendig werden lassen!
Danke!
2
17. 07. 10
DC Chris Gibbs, der gern wettet, hätte tausend zu eins dagegen gesetzt, dass es Olivia gelingen würde, den Concierge zu überreden, ihnen noch einen Drink zu servieren, obwohl die Hotelbar offiziell längst geschlossen hatte. Glücklicherweise hätte er damit falsch gelegen.
»Nur noch einen klitzekleinen Absacker«, hauchte sie, als würde sie jemandem ein Geheimnis anvertrauen. Was für eine Stimme. Sie wirkte irgendwie unnatürlich. Nichts an Olivia schien ganz natürlich zu sein.
»Also, vielleicht ja auch nicht so ganz klitzeklein«, berichtigte sie sich rasch, nachdem sie sich die prinzipielle Zustimmung gesichert hatte. »Einen doppelten Laphroaig für Chrissy und einen doppelten Baileys für mich, schließlich haben wir was zu feiern.«
Gibbs erstarrte. Noch nie hatte jemand ihn »Chrissy« genannt. Er betete, dass es nicht wieder vorkommen möge, wollte aber kein großes Ding daraus machen. Mist! Ob der Concierge jetzt wohl glaubte, dass er sich selbst Chrissy nannte? Hoffentlich machte sein Äußeres klar, dass er das nicht tat und auch nie tun würde.
Olivia lehnte sich dekorativ über die Bar, während sie wartete, wobei sie noch mehr von ihrem Weltklasse-Busen enthüllte. Gibbs merkte, dass der Concierge guckte, obwohl er so tat, als würde er das nicht tun. Alle Männer machten das, aber niemand so geschickt wie Gibbs, seiner nicht sehr bescheidenen Meinung nach.
»Kein Eis«, sagte Olivia. »Oh, und natürlich auch noch einen von dem, was Sie trinken – wir wollen doch den Mann hinter dem Tresen nicht vergessen! Einen doppelten von irgendwas leckerem Hochprozentigen für Sie!«
Gibbs war froh, dass sie ebenso betrunken war wie er. Nüchtern war sie ein bisschen viel für ihn gewesen, aber wie man mit Betrunkenen umging, wusste er. Er hatte schon genug Besoffene verhaftet. Zugegeben, die meisten trugen keine sonderbar geschnittenen Kleider aus Goldstoff, die zweitausend Pfund gekostet hatten. Er hatte es nicht glauben wollen, als sie es vorhin erwähnte, und das auch gesagt, aber sie hatte nur gelacht.
»Nett von Ihnen, Madam, aber ich brauche nichts, danke«, sagte der Concierge.
»Ohne Eis, hatte ich das schon gesagt? Ich weiß nicht mehr, ob ich es schon laut ausgesprochen oder nur gedacht hatte. Das passiert mir ständig. Keiner von uns beiden mag Eis, stimmt’s?« Olivia wandte sich an Gibbs, aber bevor er eine Chance hatte, sich dazu zu äußern, redete sie schon wieder mit dem Concierge. »Wir wussten gar nicht, dass wir irgendwas gemeinsam hatten – ich meine, schauen Sie uns doch an! Wir sind so unterschiedlich! – aber dann stellte sich heraus, dass wir beide Eis hassen.«
»Das tun viele«, meinte der Concierge lächelnd. Vielleicht gefiel ihm ja nichts besser, als die ganze Nacht aufzubleiben, angezogen wie ein Butler aus den Zwanzigerjahren, und einer pickfeinen lauten Frau und einem unfreundlichen Bullen, die beide schon viel zu viel intus hatten, Drinks zu servieren. »Aber andererseits, viele auch nicht.«
Gib uns die Drinks und erspar uns deine langweiligen Betrachtungen. Gibbs schnappte sich seinen Laphroaig und war schon auf dem Weg zurück zu ihrem Tisch, als er Olivia sagen hörte:
»Wollen Sie denn gar nicht fragen, was wir feiern?«
Er überlegte, ob es unhöflich war, sie dort allein stehen zu lassen, ob er lieber umkehren und sich wieder
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