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Das Fremde Meer: Roman (German Edition)

Das Fremde Meer: Roman (German Edition)

Titel: Das Fremde Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hartwell
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Miran.«
    Der Prinz macht ein unbestimmtes Geräusch.
    »Mir ist es einerlei«, behauptet Miran achselzuckend. »Ich kann gern wieder gehen. So schnell, wie ich hochgekommen bin, bin ich auch wieder unten.«
    Er gibt vor, durch das Fenster zu klettern. Der Prinz schließlich kann schlecht wissen, dass Miran den Abstieg mit seinen blutigen Händen unmöglich meistern könnte.
    »Halt, warte!«, ruft der Prinz, gerade als Miran seinen Fuß auf das Sims stellt. »So war das nicht gemeint. Ich hatte … andere Erwartungen.«
    Miran verschränkt die Arme. »Außer mir hat es aber wohl niemand den Dornenturm hinaufgeschafft.«
    »Sieht so aus«, pflichtet der Prinz niedergeschlagen bei.
    Miran greift mit der rechten Hand nach dem Fensterrahmen und muss sich auf die Lippen beißen, um keinen Schmerzenslaut auszustoßen.
    »Nein!« Der Prinz hebt die Hände. »Bitte nicht. Allein komme ich niemals aus dem Wald heraus. Und wenn der Jäger mich erst findet –«
    »Wird er dich wohl wieder in den Turm sperren. Was meinst du, wann der Nächste hier vorbeikommt?«
    Prinz und Ritter hängen einen Moment ihren Gedanken nach. Miran kommt zu dem Schluss, dass er einen schweren Fehler beging, als er Krone und Harfe gegen Schwert und Rüstung, die prunkvollen Gemächer und die Gesellschaft der Hofdamen gegen eisige Kälte und einen mäkeligen Prinzen eintauschte.
    Der Prinz zwischenzeitlich kommt zu dem Schluss, dass ihm der Kuss im Nachhinein und im Vergleich zu den bisherigen Prinzessinnenküssen nicht schlecht, nein, sogar außerordentlich gut gefallen habe; dass es außerdem viel besser sei, von einem Ritter wachgeküsst zu werden als überhaupt nicht, und er alles in allem und im Großen und Ganzen nichts dagegen einzuwenden habe, von einem Ritter gerettet zu werden.
    »Nun, falls du dir noch vorstellen könntest, mich zu retten …«, sagt der Prinz.
    Miran gibt sich nachtragend und wiegt unschlüssig den Kopf, winkt aber schnell ab, als der Prinz ihn entsetzt anschaut.
    »Da ich schon hier oben bin, kann ich dich auch retten«, sagt er und fügt wahrheitsgemäß hinzu: »Auch wenn ich im Moment nicht sicher bin, wie wir aus dem Turm kommen wollen.« Er hält seine blutverkrusteten Hände in die Höhe. »Die Dornenranken werde ich wohl nicht herunterklettern können.«
    »Ach«, sagt der Prinz. »Wir könnten die unsichtbare Leiter nehmen.«
    »Die unsichtbare Leiter?«
    »Ja, dort drüben in der Ecke muss die unsichtbare Luke sein, durch die gelangen wir zur unsichtbaren Leiter.«
    »Und woher weißt du, dass sich dort eine unsichtbare Leiter befindet?«
    »Oh, der Jäger hat mich die Leiter hinaufgetragen. Zwar konnte ich mich von dem Augenblick an, da er mich berührte, nicht mehr bewegen, doch sah und hörte ich alles noch genau. Erst als er mich in den Glassarg legte und mir die Augen verschloss, fiel ich in einen tiefen Schlaf.«
    Einen Moment schweigen sie. Wie still es hier oben ist, denkt Miran, fährt herum und starrt Richtung Fenster. »Sie sind weg«, ruft er. Der Prinz steigt umständlich aus dem Sarg und hinterlässt eine Spur nasser Fußabdrücke, als er an Miran vorbei zum Fenster geht. »Wer ist …«, setzt er an und verstummt. Durch Prinz Julians Schultern geht ein Ruck, dann ein Zittern. Miran tritt neben ihn und schaut hinaus: Zwischen den schneebedeckten Bäumen bewegt sich ein dunkler Fleck auf sie zu.
    Der Jäger läuft über den Schnee wie über eine gepflasterte Straße – schnell und sicher. Obwohl sein Körper Schwere ausstrahlt wie die Sonne Helligkeit und jeder seiner Schritte die umstehenden Bäume erschüttert, versinkt er nicht im Schnee und scheint den Boden kaum zu berühren.
    »Jetzt«, sagt der Prinz mit schwacher Stimme, »jetzt solltest du mich retten.«
    Und Miran will. Er will den Prinzen retten, der vor ihm steht und bleich ist, fiebrig glänzt und schwer atmet. Erschöpft sieht er aus und so, als sei er lange gerannt, dabei hat er doch still gelegen, Tage und Wochen in seinem gläsernen Sarg geschlafen. Miran will ihn retten, will es unbedingt und so sehr, dass es ihn schmerzt, in den blutigen Händen, in den müden Armen, nur fürchtet er, selbst gerettet werden zu müssen. Ihnen wird kaum genug Zeit bleiben, die Leiter hinabzusteigen.
    »Dann bleibt mir nichts anderes, als gegen den Jäger zu kämpfen«, sagt Miran ergeben.
    Der Prinz sieht erschrocken auf. »Das kannst du nicht. Der Jäger besiegt jeden.«
    »Ja, aber vielleicht ist es dieses Mal –«
    »Ich dachte, ein Ritter wie

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