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Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Kindchenschema bediente. Und weil man mir vielleicht wirklich noch ansah, dass ich zwanzig Jahre lang Opfer der Attacken meines jähzornigen Vaters gewesen war.
    Aber ich hatte mich befreit, ich war kein Opfer mehr.
    Ich musterte die Künstlerin kühl. Sie war spießiger, als ihr Lama vermuten ließ.
    »Ich bin hier, um mit Ihnen über Archibald Schröder zu reden«, erklärte ich eisig. »Der Mann mit dem Pudel, der öfter in den Kleingärten spazieren geht.«
    Verwirrt zog sie ihre Hand von mir zurück. »Ich kenne Archibald Schröder.«
    Das überraschte mich nicht. Doch eine Schreckreaktion konnte ich bei Nennung seines Namens nicht ausmachen. Also keine Vergewaltigung.
    »Ich habe das Gefühl, Herr Schröder beobachtet mich«, fuhr ich fort. »Ich habe gesehen, dass er sich mit Ihnen unterhalten hat. Haben Sie auch den Eindruck, dass er Sie bespannert?«
    »Bespannert?« Die Lamafrau schnappte empört nach Luft. »Was soll das heißen?«
    »Dass er Sie verfolgt, belästigt, Ihnen nachstellt?«, übersetzte ich sachlich.
    »Nachstellt?« Julietta Engeles Stimme klirrte. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Sie sind mit diesem – diesem …«, sie fuchtelte mit den Armen Richtung Tür, »… mit diesem Perversen zusammen und unterstellen einem so anständigen, feinfühligen und bescheidenen Menschen wie Archibald unehrenhafte Absichten?«
    Anständig, feinfühlig und bescheiden? Das waren nicht die Worte, die mir im Zusammenhang mit einem Stalker spontan eingefallen wären.
    »Herr Schröder ist ehrlich besorgt um Sie«, erklärte Julietta aufgebracht. »Er besitzt ein erstaunliches Gespür für Frauen.«
    Hah! Das wurde ja immer doller!
    »Vielleicht, weil seine Mutter und Großmutter ihn aufgezogen haben«, sinnierte die Lamafrau weiter. »Er hat mich überhaupt erst darauf aufmerksam gemacht, wie abhängig Sie und Ihre Freundinnen von einer bestimmten Art von Männern sind. Und wie gewissenlos solche Kerle das ausnutzen. Herr Schröder würde eine solche Art von Beziehung nie in Erwägung ziehen.«
    Klar, er hatte seine Kamera aus purem Kunstverständnis unter Babsis Rock gehalten. Mit Zoom.
    »Archibald übt lieber sein Leben lang Verzicht, als ein wehrloses Wesen wie Sie es sind, gefügig zu machen.«
    Wehrloses Wesen?! Jetzt reichte es wirklich!
    »Herr Schröder fühlt sich von starken, erwachsenen Frauen angesprochen. Einer der wenigen Männer, denen selbst eine finanziell überlegene Frau keine Angst einjagt. Aber er registriert genau, wie viele Frauen sich unterdrücken und ausnutzen lassen.«
    Julietta Engele legte mir tröstend eine Hand auf den Oberschenkel. »Archibald hat mir versprochen, sich Ihrer anzunehmen.«
    Er hatte der Lamafrau versprochen, mich zu bespannen? Das wurde ja immer interessanter.
    »Ich weiß, dass Sie es allein nicht schaffen. Sie brauchen Hilfe. Aber Archibald ist ein Mann, dessen Wort etwas gilt.« Julietta lächelte mit geröteten Wangen. Wie ein junges Mädchen. Ein frisch verliebtes, junges Mädchen.
    »Ach so«, begriff ich. »Sie waren freiwillig mit dem Spanner im Bett.«
    Die Lamafrau und der kleine, dünne Pudelfreund mit den blonden Locken, der sein Leben lang bei seiner Mutter gewohnt hatte. Aber irgendwie passte das zusammen. Die Künstlerin und der Bücherfreund.
    Erschrocken zuckte die Hand der Lamafrau von meinem Oberschenkel zurück. Sie pustete aufgebracht Luft durch den offenen Mund, bevor wieder Worte herauskamen: »Selbstverständlich freiwillig. Herr Schröder ist ein so sensibler, verständnisvoller Mann und Liebhaber. Und ein großer Künstler, er lebt für die Fotografie. Ich habe ihm geraten, eine Ausstellung vorzubereiten. Aber er leidet noch sehr unter dem Konkurs seines Verlages.«
    Ich dachte an den trauernden Bronzebergmann, an das Grubenunglück, das seinen Schatten seit hundert Jahren auf Archibalds Familie warf. Was wäre gewesen, wenn Archibald und Julietta sich eher verliebt hätten? Hätten die beiden ein glückliches Leben führen können, ohne dass sich Archibald auf fremde Frauen fixierte?
    »Doch trotz seines eigenen Unglücks schaut er nicht weg. Er ist bereit, sich für die einzusetzen, die es selbst nicht können«, schwärmte Julietta Engele weiter.
    Ich betrachtete nachdenklich die mit bunten Blumentöpfen vollgestellte Fensterbank. »Haben Sie Archibald Schröder angestiftet, auf meinen Freund zu schießen?« Absurd, aber es könnte einen Sinn ergeben.
    Die Lamafrau erstarrte.
    »Sind Sie vollkommen bescheuert?«, fuhr ich sie

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