Das fünfte Foto: Lila Zieglers fünfter Fall (German Edition)
an.
»Er wollte ihm nur einen Schreck einjagen«, verteidigte sich die Künstlerin. »Der Mistkerl sollte endlich mal selbst Angst spüren.«
Ich rieb mir die Schläfen. Zum Glück hatte sie Archibald kein echtes Gewehr in die Hand gedrückt. Sonst hätte er Danner vermutlich erschossen. Und sich dabei eingebildet, ein gutes Werk zu tun. Wahnsinn.
»Sollte er auch Bine Kopelski ›helfen‹?«, wollte ich weiter wissen. Erklärungsversuche ersparte ich mir.
»Ich kenne keine Bine Kopelski.« Die Augen der Lamafrau hatten sich zu dunkelblauen Schlitzen verengt. »Wieso stellen Sie überhaupt diese ganzen Fragen?«
Ich erhob mich. »Das wird Ihnen in Kürze die Polizei erklären.«
40.
Giovannas Pizza-Taxi war ein kleiner Laden am Marktplatz von Gerthe. Vor dem Eingang parkte der bekannte rote Fiat, der regelmäßig in die Zechensiedlung lieferte. Drinnen gab es vier kleine Tische vor einem Tresen. Die Rund-um-die-Uhr-Auslieferung der italienischen Speisen war eindeutig das Hauptgeschäft. Inzwischen war es Mittag und der Pizzaofen war bereits angefeuert.
Ich atmete auf, als ich die hübsche Südländerin hinter dem Tresen erkannte. Es handelte sich ohne Zweifel um die Frau, die der Pudelfreund so gern fotografiert hatte.
Als Danner vor die Theke trat, strich sie ihre dunkle Mähne zurück und setzte ein strahlendes Lächeln auf: »Was kann ich für Sie tun?«
»Einmal Pizza Salami«, bestellte Danner.
»Vier Käsesorten«, wünschte ich. »Zum Mitnehmen.«
Sie nickte. Ein junger Pizzabäcker fing sofort an, den Belag auf bereits vorbereitete Teiglappen zu werfen.
»Sie liefern auch in die Schwerinstraße, nicht wahr?«, erkundigte sich Danner.
»Nach Gerthe, Hiltrop und Bergen fahren wir kostenlos«, bestätigte die Frau.
Danner stützte die Arme auf den Tresen und lehnte sich ein Stück weiter zu ihr hinüber: »Sie sind mir diese Woche erst in der Schwerinstraße aufgefallen.«
Sie strahlte noch etwas mehr: »Tatsächlich?«
»Tatsächlich.«
»Ruf mich an, dann bring ich die Pizza auch zu dir nach Hause.« Reflexartiges Flirten mit Augenaufschlag und Wimpernklimpern. Tusse.
»Ein Freund von mir wohnt dort«, erklärte Danner. »Archibald Schröder. Klein, blonde Locken, hat einen Pudel. Er sagt, ich müsste deine Pizza unbedingt mal probieren.«
Wieder Wimpernklimpern, diesmal allerdings leicht verwirrt. »Der hat doch noch nie was bestellt.«
»Aber du kennst ihn?«, schlussfolgerte Danner sofort.
»Nur vom Sehen. Er geht dort ja immer mit dem Hund spazieren.«
Sie fing eilig an, ein paar Servietten zu ordnen. Das Gespräch schien ihr auf einmal Unbehagen zu bereiten.
»Gesprochen hat Archibald Schröder nicht mit Ihnen?«, erkundigte ich mich direkt.
Sie schüttelte ihr glänzend braunes Haar. »Nie.«
»Okay, der Pudelmann war ein Stalker, ein Psychopath. Er hat Frauen verfolgt und beobachtet, so viel ist sicher.«
Mit den Pizzakartons in der Hand drückte Danner die Tür zum Hausflur auf.
»Aber außer Bine Kopelski scheinen alle seine Stalkingopfer unversehrt zu sein. Deshalb sehe ich zwei Möglichkeiten, was passiert sein könnte. Möglichkeit eins: Außenseiter Archibald hat sich immer mehr in seine kranken Fantasien hineingesteigert und Bine Kopelski wirklich aufgelauert.«
Wir traten an dem beleuchteten Kneipenschild mit der Aufschrift Bei Molle vorbei ins Treppenhaus. An die Wand hatte jemand FUCK gesprayt. Aus Molles Kneipe drang gedämpfte Musik.
»Möglicherweise war er bewaffnet«, fuhr Danner fort. »Bine entkommt schwer verletzt, flüchtet nach Hause und verliert Blut in der Küche. Alwin Kopelski findet seine Frau, sie erzählt ihm, was passiert ist, und stirbt. Alwin Kopelski beschließt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, Bine zu rächen und den Stalker zu erschießen. Unterdessen beginnt die Lamafrau überraschenderweise eine Affäre mit Archibald und sie fassen gemeinsam den Plan, die Welt zu retten. Genauer gesagt, erst mal dich vor mir. Tolle Idee.«
Danner rieb sich die Stirn.
»Also schießt Archibald auf mich, bevor Alwin Kopelski ihn erledigt.«
Wir stiegen die Treppen zu unserer Dachwohnung hinauf.
»So weit, so logisch. Und die zweite Möglichkeit?«, erkundigte ich mich.
»Alwin Kopelski hat seine Frau umgebracht und der Spanner hat es gesehen.«
Oh. Natürlich. So einfach konnte es auch sein.
»Wir stehen also immer noch vor der alten Frage: Wo ist Bine Kopelski? Oder ihre Leiche?«
Ich blieb abrupt stehen, als ich die Frau bemerkte, die auf
Weitere Kostenlose Bücher