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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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Entspannung. Sie sind beide noch sehr jung, dachte Madrone. Nicht, daß ich so alt wäre, aber ich fühle mich gelegentlich steinalt. Und die beiden müssen so viel aushalten. Wann können die beiden sich schon mal in Ruhe aneinander anlehnen? Kein Wunder, daß Hijohn meine Nähe gesucht hat.
    »Dieses Leben muß sehr hart für dich sein«, sagte Katy, »und du bist das nicht gewöhnt.«
    »Dieses Leben ist für jeden hart, und keiner ist daran gewöhnt«, wehrte Madrone ab.
    »Nein, nein«, Katy legte unwillkürlich schützend ihre Hände um ihren Bauch, und Madrone beneidet sie ein wenig. Würde sie jemals schwanger werden? Werdendes Leben in ihrem Bauch fühlen? Den milchigen Geruch ihres eigenen Kindes einatmen? Oder war sie schon fernab von solchen Dingen? Sie roch Verlorenheit und Leere in ihrem Herzen. Dann, als hätte sie sie durch ihre Gedanken herbeigezaubert, war plötzlich eine ganze Schar Kinder im Raum. Lachend, rufend drängten sie sich um Katy. Das Zimmer hallte von ihnen wider.
    Auf Madrones Schoß saß ein kleines Mädchen. Es mochte knapp fünf Jahre alt sein, ihr Haar schimmerte golden wie reifes Korn, ihre Haut war zart und weiß, durchscheinend und weich, ihre Züge fein geschnitten. Große blaue Augen leuchteten aus diesem bezaubernden Gesicht. Doch ihr Lächeln war verhalten, als wüßte sie schon, was es heißt, verwundet zu werden.
    »Wie heißt du, Kleines?« fragte Madrone.
    Doch sie bekam keine Antwort.
    »Sie kann nicht sprechen«, erklärte Katy. »Wir wissen auch nicht, wie sie heißt. Die Angels haben sie gestern gebracht. Du kannst ihr einen Namen geben, wenn du willst.«
    »Oh, sie sollte einen hübschen Namen haben, etwas Feines, Zartes. Einen Namen wie die Wildblumen, die immer so zart aussehen, aber in Wahrheit sehr robust sind. Poppy vielleicht?«
    »Das ist ein hübscher Name«, sagte Katy, »ist das eine Blume?«
    »Ja, sie sieht aus wie ein goldener Kranz von Blüten. Sie wächst im Frühling wild auf den Hügeln. Poppy war hier einmal die offizielle Nationalblume, bevor die Stewards einmarschierten.«
    »Ich glaube, ich erinnere mich«, sagte Katy, »als ich ein Kind war, nahm uns Daddy manchmal mit ans Meer. Die Blumen wuchsen am Straßenrand und auf den Feldern. Leuchtend gelb und sie schmeckten scharf, wenn man etwas davon in den Mund nahm.«
    »Das ist wilder Senf. Poppys sind mehr orange-goldfarben, und sie wachsen niedrig.«
    »Ein hübscher Name.«
    Der Raum füllte sich mit immer mehr Menschen. Sie drängten sich um den Tisch und plauderten in den Ecken, auf dem Flur. Katy hatte gekocht, und es gab heiße Bohnen und Tortillas. Von Zeit zu Zeit drang Katys Stimme hell und klar durch das allgemeine Stimmengewirr.
    »Erzähle uns von deiner Heimat, Madrone«, sagte sie. »Wir wollen alles wissen! Ist es wahr, daß bei euch das Wasser durch die Straßen fließt?«
    »Es ist wahr«, nickte Madrone und erzählte wieder einmal die ganze Geschichte, »wir haben kleine Bäche in den Straßen und Kanäle. Wir haben Gärten hinter dem Haus, und jeder hat genug zu essen und zu trinken. Und jedes Kind geht zur Schule.«
    »Jedes Kind?« fragte ein Mädchen, »auch die armen Kinder?«
    »Bei uns gibt es keine armen Kinder«, entgegnet Madrone, »nun ja, manche Leute bei uns haben etwas mehr, aber jeder hat genug.«
    »Wer macht dann die Arbeit, wenn es keine Armen gibt?« fragte das Mädchen weiter.
    »Wir alle. Jeder von uns arbeitet, hart sogar. Aber wir tun das gern, weil wir ja für uns selbst arbeiten, nicht für die Stewards oder irgendwelche Manager. Wir bebauen unser Land und ziehen unser Gemüse selbst. Wir machen das sorgfältig und gehen mit dem Wasser und allem anderen sparsam um, und so hat jeder bei uns immer genug.«
    »Wie bebaut ihr euer Land und was für Gemüse zieht ihr?« fragte eine Frau.
    Auf diese Frage folgte eine lange Diskussion über organisch-biologischen Landbau und Gärtnerei.
    »Wir bepflanzen den Garten nicht einfach, sondern haben ein ökologisches System. Der Garten soll sich sozusagen selbst tragen, selbst erneuern, mit einem Minimum an äußeren Einflüssen und geringem Aufwand von Energie, auch menschlicher Energie. Alles muß mehrere Funktionen haben. Zum Beispiel haben wir ein Gänsepaar, das viel vom Unkraut wegfrißt, ebenso schädliche Insekten und gleichzeitig hält es herumsteunende Katzen fern. Ihre Ausscheidungen düngen den Boden, sie legen Eier für uns und ihre Federn füllen später unsere Bettdecken. Oder die Bäche in unseren

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