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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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San Bruno Hill.«
    Bird setzte blitzschnell seinen Teller nieder, sprang auf, und ohne ein Wort zu sagen, verließ er den Raum. Maya hörte, wie er seine Jacke vom Haken riß, hörte das unregelmäßige Trappeln seiner Schritte auf der Treppe nach unten. Dann fiel die Tür ins Schloß.
    Er muß schreckliche Angst haben, sagte sie sich. Darum rennt er einfach weg, ohne etwas zu sagen, und nicht, weil er mich nicht liebt.
    Sie saß allein und starrte auf den leeren Sessel und den Teller mit dem Essen, das er kaum angerührt hatte. Es kränkte sie, daß er nicht einmal seinen Teller hatte leer essen können. Es war kaum eine Viertelstunde, da hatte sie das Essen noch im Ofen gehabt, die Bohnen, die Chips und den Käse, und er war noch da gewesen, lebendig – und frei. Sie hatte ihm alles sagen können, alles, was sie wollte. Sie hatte seine Wange streicheln können, ihm das Haar zausen.
    Ich habe immer versucht, sorgfältig zu sein, dachte sie. Ich habe keinen Kaffee getrunken, als ich mit seiner Mutter schwanger war. Ich habe keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken. Und Brigid, als sie ihn trug, sie hatte sehr darauf geachtet, nur ja nichts zu essen, was nicht bei ihnen selbst geerntet worden war.
    Oh, und die vielen Stunden, in denen sie alles aus dem Weg geräumt hatte, was einem Baby gefährlich werden konnte, Gummibänder oder Reißzwecken etwa. Sie hatte eigenhändig Türsicherungen bei allen unteren Türen der Schränke angebaut, viele davon waren bis zum heutigen Tag noch vorhanden. Aber du kannst niemanden auf Dauer beschützen, das wußte sie. Früher oder später fand jeder einen Weg, um auszubrechen. Sie griff unvermittelt nach der Schranktür und riß so hart daran, daß der Sicherheitsverschluß brach. Sie warf die Tür mit einem Knall wieder zu. Gleich fange ich an zu weinen, fühlte sie. Verdammt, und wenn schon, dachte sie, ich habe auch allen Grund.
    Stunden später, als Sam kam, fand er Maya, wie sie schluchzend auf dem Boden lag. Die Reste vieler Kindersicherungen waren um sie herum verstreut.

    ✳✳✳

    Der größte Teil des alten Freeway war schon durch frühere Erdbeben zerstört worden, und der Rest verfiel, als die schweren Trucks durch Solar-Züge ersetzt worden waren. Aber ein größerer Abschnitt des alten Highway 101 hatte überdauert. Pferdefuhrwerke, elektrische Karren oder alkoholbetriebene Lkws der im Süden liegenden Farmen nutzten diese Verbindung. Eine halbwegs intakte Ausfahrt leitete direkt vom Highway zur Market-Street, unweit der großen Plaza vor der Old City Hall. Hier stieß Bird auf Marie, Roberto und Lan. Sie warteten gemeinsam.
    Es war Markttag, und die Plaza war voll mit Marktständen. Unter bunten Markisen wurden Gemüse, Korn und reife Früchte feilgeboten.
    »Ein Bild des Überflusses«, bemerkte Robert.
    »Nicht mehr lange«, antwortete Lan.
    Er hatte noch nicht ausgesprochen, da wurde klar, daß die Nachricht vom Einzug der Truppen die Runde machte. Die Händler begannen ihre Waren einzupacken, schweigend, schnell und entschlossen strebten sie zum Hafen. Marie griff nach Birds Hand, sie bildeten zusammen mit Lan und Roberto einen Kreis. »Laßt uns beten, jeder zu dem Gott, an den er glaubt.«
    Sie standen für einen Moment still. Ich kann es noch gar nicht fassen, daß dies alles Wirklichkeit ist, dachte Bird. Morgen war Beltane, das Maifest, aber es würde keinen Tanz in den Mai geben, keine Mai-Feuer, keinen Mai-Baum, keine Musik von Sachikos kleiner Truppe. Madre Tierra, hilf uns. Hilf mir. Laß mich die Kraft finden, die ich brauche.
    Dann hörten sie plötzlich ein dumpfes Rumpeln und Grollen, Schockwellen ließen den Boden erzittern. Marie drückte erschrocken Birds Hand.
    »Die Brücken«, flüsterte sie, »die Brücken sind gesprengt worden!«
    Eine weitere Explosion folgte, noch lauter als die erste. Tränen standen in Lans Augen, und auch Bird merkte, daß er weinte. Während erste Boote schon weit entfernt segelten, verließen die letzten den Hafen und glitten in Richtung Nord- oder Ost-Bay davon. Eben noch war die Plaza voll pulsierenden Marktlebens gewesen.
    »Laßt uns die Market Street hinunter gehen«, brach Bird das Schweigen, »ich möchte gern sehen, was weiter passiert.«
    Die vier gingen langsam weiter, die Straße entlang bis zu einem großen würfelförmigen Springbrunnen, noch aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Aus den Seitenstraßen kamen weitere Menschen, die die Eindringlinge sehen wollten. Von hier aus konnte man die ganze

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