Das Fünfte Geheimnis
Rollstuhl heraus, in dem eine stöhnende Person saß. Sie verschwanden den Flur entlang. Madrone ging weiter, nur kurz versuchte sie, mit ihrem Bienen-Instinkt in das Energiemuster dieses stöhnenden Menschen einzudringen. Es war nicht Katy, aber jemand, der große Schmerzen litt, fühlte Madrone. Schwankend zwischen Wut und Schuldgefühlen zog sie sich wieder zurück. Noch jemand, dem ich nicht helfen kann, und bald nur noch ein blutiger Körper, der auf mein Schuldkonto geht, warf sie sich vor. Aber ich kann hier nicht jeden retten. Nur wenn der Norden die Southlands besiegt, dann vielleicht...
Und was dann, flüsterte eine Stimme. Werden dann die Angels dieses Forschungs Center betreiben? Wie wird die Rache der Hill-Boys aussehen? Sie schob diese Gedanken beiseite. Ich kann mich damit jetzt nicht befassen. Im übrigen gibt es auch so etwas wie Gerechtigkeit, oder? Und es sieht keineswegs so aus, als könnten wir gewinnen. Doch fort mit diesen Gedanken. Öffne lieber diese Tür, die dritte. Tatsächlich, ein rotes Warnlicht über dem zweiten Korridor wie Marcia gesagt hatte. Madrone atmete tief durch. Und nun die Türen zählen: Eins, zwei, drei, vier...
Die fünfte Tür öffnete sich gerade, als sie davor stand. Ohne innezuhalten ging Madrone sofort weiter. Gleichmäßig befahl sie sich. Nicht schwitzen! Sie hörte Stimmen hinter sich, Schritte, die ihr folgten. Weiter, weiter!
„Wir gaben ihr vor sechsunddreißig Stunden eine dreifache Dosis X247, das hat ein zufriedenstellendes Fieber hervorgerufen. Das ist alles. Man kann nicht sagen, daß dieses Subjekt mit uns kooperiert, aber das werden diese wildgefangenen Individuen auch nie tun.“
„Stimmt, ich bevorzuge die gezüchteten Forschungsobjekte. Da habe ich dann viel zuverlässigere Daten.“
„Trotzdem, die Daten von verschiedenen Bevölkerungsschichten sind auch wichtig, und der Abschreckungseffekt zählt ja auch.“
„Ich weiß nicht. Das ist ein Fall für die Sicherheitskräfte. Aber sie steht nun kurz vor der Geburt, und danach können wir gezielt weitermachen.“
„Und ich dachte, ich hätte wenigstens heute Nacht mal dienstfrei.“
„Pech gehabt, ich denke, wir checken sie in einer Stunde nochmal. Wir wollen alle Stufen des Prozesses beobachten.“
Madrone erreichte das Ende des Korridors. Wieder eine verschlossene Türe. Diosa! betete Madrone, Göttin, wenn du mich liebst, laß mich durchkommen. Laß mich in der Guten Welt verweilen und halte die böse fern von mir. Rechts war noch eine Tür, und sie schritt darauf zu, legte ihre Hand auf den Türdrücker und öffnete sie, während sie inbrünstig flehte, niemand möge auf der anderen Seite sein. Sie schlüpfte hinein, die beiden Ärzte gingen weiter. Das Zimmer war leer, gesegnet sei's!
Bis jetzt bin ich ganz gut vorwärts gekommen, versicherte sich Madrone. Niemand hat mich aufgehalten, gefangen oder befragt. Fast bin ich am Ziel. Ich kann ruhig ein paar Minuten verschnaufen und mich sammeln. Sie haben gesagt, eine Stunde. Vielleicht ist heute mein Glückstag. Fünf Minuten früher, und ich wäre denen direkt im Zimmer begegnet. Aber vielleicht sind da noch andere. Was tue ich dann, worauf bin ich vorbereitet? Sie befand sich in einem schmalen Raum. Regale an den Wänden, gefüllt mit Kartons voller medizinischer Gegenstände, Bücher, Kataloge, auf den Tischen summende Computer und Stapel von Ausdrucken. Sie schaute sich einen an. Zunächst sah sie nur lauter unverständliche Symbole, Zahlen, Zeichen, doch dann erkannte sie plötzlich, was sie sah. Das waren genetische Muster, so wie sie es auf der Universität gelernt hatte.
Heilige Mutter Erde, dachte sie, könnte es sein, daß...? Sie blätterte in den Ausdrucken, las die Titel, tatsächlich! Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Dies waren die wissenschaftlichen Reports über die genetische Beschaffenheit der Viren, der Retroviren, der Bakterien und Spirochäten.
Sie war in die Southlands gekommen, auf der Suche nach den Boostern, und um einen Fingerzeig zu bekommen, wie die Krankheiten bei ihnen im Norden eingedämmt, wenn schon nicht geheilt werden konnten. Und hier war eine ganze Schatztruhe voller Informationen, mehr als sie verarbeiten, aufnehmen oder gar mitnehmen konnte.
Was konnte sie tun? Wenn sie nur mehr Zeit hätte. Sie wußte nicht, mit welchem System sie arbeiteten. Und sie wagte nicht, die Computer überhaupt anzufassen. Wer wußte, welches verborgene Alarmsystem sie womöglich in Gang setzen würde. Und die
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