Das Fünfte Geheimnis
Madrone, mal etwas umsorgt und verwöhnt zu werden, noch dazu von zwei weißen Frauen. Diosa, wie habe ich mich verändert, daß ich nun solche Gedanken habe. Die Southlands haben mich verändert.
Sie war müde. Zuviel war in den vergangenen Tagen passiert. Außerdem nagte die Erschöpfung der anstrengenden letzten Monate an ihr. Wie gut wäre es, hier erst einmal auszuruhen, eine Weile gar nichts zu denken. Doch dann fiel ihr Katy wieder ein.
„Ich brauche deine Hilfe“, sagte Madrone, „das ist der Grund, warum ich zu dir gekommen bin.“
„Was?“
„Eine Frau, eine Freundin von mir. Sie wurde bei einem Überfall verschleppt. Sie ist im neunten Monat und wir glauben, daß sie vielleicht im Forschungs Center steckt.“
„Armes Ding“, sagte Sara.
„Ich will sie da rausholen. Kannst du mir helfen?“
„Das ist ja eine Kleinigkeit, nicht wahr?“ knurrte Beth.
„Es ist wichtig!“
„Unmöglich“, wehrte Beth ab, „das Forschungs Center ist schwer bewacht.“
„Wir denken uns etwas aus.“
„Du solltest besser darüber nachdenken, daß du dich von all den Anstrengungen erst einmal erholst.“
„Ich kann mich nicht erholen, wenn ich weiß, daß Katy an einem solchen Ort gefangen gehalten wird.“
„Du mußt, dein Körper braucht Ruhe.“
Madrone biß sich auf die Lippen. Ich will nicht schreien, dachte sie. Ich will ihnen auch nichts über meine Mutter erzählen oder über Poppy. Sonst streicheln sie mich womöglich mit ihren weißen Händen. Göttin, was ist nur los mit mir?“
„Hat nicht eine deiner Schwesterschülerinnen dort zu tun?“ fragte Madrone, „kann die nicht herausfinden, ob Katy dort gefangen gehalten wird?“
„Das ließe sich machen“, nickte Beth, „Marica könnte das sicher. Aber wie willst du da hinein und dann wieder herauskommen?“
„Ich denke darüber nach“, sagte Madrone, „vielleicht kann mir Marica etwas über die tägliche Routine dort erzählen. Wenn ich eine Uniform bekomme, könnte ich als Krankenschwester gehen.“
„Niemals! Sie lassen keine Farbigen bei diesen Kursen zu.“
„Diese Schweine!“
Beth blickte sie überrascht an. Es klappt nicht, dachte Madrone, ich krieg's einfach nicht hin.
„Sorry, normalerweise denke ich nicht so rassistisch.“
„Aber todsicher machen Farbige dort irgendeine Drecksarbeit. Wer glaubst du, leert dort die Bettpfannen?“
„Schwarze“, sagte Beth achselzuckend, „du hast recht. Du könntest vielleicht als Hilfskraft hineinkommen.“
„Siehst du, genau soetwas habe ich mir vorgestellt.“ Madrone lächelte Beth an. „Ich werde mir etwas ausdenken. Ich habe sechs Tage Zeit.“
„Sechs Tage?“
„Dann kommt meine Piraten-Freundin. Die einzige Möglichkeit, hier herauszukommen, hinterher.“
„Dann solltest du dich schnell ausruhen! Sechs Tage, lieber Himmel!“
„Ich werde dir helfen“, mischte sich jetzt Sara ein. Sie schenkte Madrone Tee ein.
„Oh, danke! Wir werden einen Fahrer brauchen.“
„Du wirst einen Leichenwagen brauchen“, sagte Beth.
„Du machst uns wirklich Mut!“
„Und du bist wahnsinnig, Sara! Du bist keine Revolutionärin! Was, wenn du gefangen genommen wirst? Was, wenn dein Mann etwas merkt?“
„Er hat schon alles gemerkt – auch das mit Angela. Er denkt, es ist Mary Ellens Kind. Er hat mir einen Monat Zeit gegeben, um beide loszuwerden, wie er sich ausdrückt.“
„Oh, nein! Wie hat er das herausgefunden?“
„Er ging runter in den Keller, um nach alten Golf-Schlägern zu suchen, der Himmel weiß, wieso plötzlich. Normalerweise macht er so etwas nie. Normalerweise fragt er mich oder läßt die Angestellten das Gewünschte bringen. Er war wütend. Nicht nur, daß es da ein fremdes Kind gib, sondern auch, weil ich ihn angelogen habe.“
„Was willst du nun tun?“ fragte Beth.
„Ich möchte mit dir gehen“, sagte Sara zu Madrone, „Mary Ellen und das Baby auch. Wenn ihr geht, wollen wir alle euch begleiten.“
„Sara, wir sind hier nicht beim Film“, protestierte Beth, „du weißt gar nicht, worauf du dich einläßt.“
„Aber ich weiß, was ich verlassen will. Was könnte ich denn sonst tun? Soll ich das Kind meiner Schwester auf die Straße werfen? Und Mary Ellen, die ihr ganzes Leben für mich gesorgt hat. Und auch für das Baby gibt es hier keine Chance, selbst wenn Lance sie nicht findet. Angela mag farbig sein, aber sie ist trotzdem mein Fleisch und Blut. Ich will mich um sie kümmern, das Kind soll eine Chance haben. Ich will mit ihr in
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