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Das Fünfte Geheimnis

Titel: Das Fünfte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Starhawk
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tatsächlich ein Wunder.« Maya hob die Augenbrauen und nickte gedankenvoll. »Die alte Hexe hat schließlich doch noch ein richtiges Wunder vollbracht.«

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    Das obere Badezimmer hatte ein Dachfenster über der Dusche, und das Sonnenlicht zerfloß in Regenbögen, als das heiße Wasser über Birds Haut rann. Er sang ein Reinigungslied, während er sich wusch, und ließ die Farben und das Licht und das Wasser viel mehr hinwegtragen als nur den körperlichen Schmutz. Er ließ auch die Verzweiflung, die ihm wie ein totes Ding im Nacken gesessen hatte, sich auflösen und den Abfluß hinunterlaufen.
    Als er schließlich aus dem Bad kam, wartete Madrone schon. Sie gab ihm ein Handtuch, und er rubbelte sich trocken. Er drehte sich von ihr fort, denn plötzlich war er verlegen. Der Augenblick sinnlicher Zärtlichkeit im Garten war vorüber. Und nun hatte er Angst. So viel Zeit war vergangen, so viele Dinge hatten sich geändert. Auch er und sie. In Wirklichkeit waren sie einander wieder fremd. Aber doch einander so nah. Sie war wie das verlorene Stück seiner eigenen Geschichte. Und jetzt sah sie ihn an, sprang auf, lächelte und betrachtete ihn mit Augen, die zuviel sahen. Er wickelte das Handtuch um sich, versteckte sich.
    Aber vor Madrone konnte er sich nicht verstecken. Sie war schließlich Heilerin und kannte sich mit Körpern aus. Aus seinem Blick, seiner Art, das Gewicht zu verlagern und aus der leicht verrenkten Bewegung, als er seinen Arm hob, konnte sie den Schmerz fließen sehen, die gezerrten Muskeln, das wunde Gewebe seines Körpers erkennen.
    Sie erkannte scharfsichtig die nicht richtig verheilten Brüche und die alten Wunden. Der Bird, an den sie sich erinnerte, hatte einen Körper von animalischer Leichtigkeit mit den geschmeidigen Bewegungen eines Raubtiers gehabt. Der Bird, der jetzt vor ihr stand, hatte den narbenbedeckten Körper eines altrömischen Gladiators. Sie reichte ihm die Hand.
    »Komm' mit in mein Zimmer«, sagte sie. »Ich massiere dich. Das wird dir gut tun.«

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    Aus dem Oberlicht der Dachkammer ergoß sich die Sonne auf das Bett. Er lag in einem Nest aus Wärme, während sie seine knotigen Muskeln im Kreuz und die schmerzenden Stellen in seinen Hüften massierte. Unter ihren Fingern wurde die Geschichte seiner Qualen und Folterungen wieder lebendig.
    Madrone hatte ebenfalls Angst. Bird begriff es plötzlich. Sie hatte Angst, und sie hielt ihn auf Distanz, indem sie ihm Heilung und Essen zukommen ließ. Sie gab und gab und entwickelte dabei eine Kraft, die ihn durch ihre Hingabe fernhielt. Er rollte sich auf den Rücken, sah zu ihr auf und ergriff ihre Hände.
    »Ich will dich ansehen«, sagte er. »ich will dir in die Augen sehen und mit dir sprechen.«
    Sie atmete lang' und behutsam aus: »Ja.«
    »Ich möchte sagen, daß es mir leid tut. Es tut mir leid, daß ich nicht wenigstens ein letztes Mal mit dir geschlafen habe, bevor ich ging.«
    Sie konnte einen Anflug von Feuchtigkeit um seine Augen sehen, und sie beugte sich über ihn und küßte sie ganz leicht. »Es wäre unerträglich gewesen, zu wissen, es ist das letzte Mal. Außerdem, falls du dich erinnerst, war ich ziemlich häßlich zu dir, ich habe dich angeschrien. Tut mir auch leid.«
    »Ich hatte schreckliche Angst. Ich wollte nicht sterben. Ich konnte nicht ertragen, daß du mir sagen wolltest, warum ich nicht gehen soll.«
    »Ich habe später immer und immer wieder versucht, dich zu erreichen. Hast du mich jemals gefühlt?«
    »Si, natürlich habe ich dich gefühlt. Und ich fühle dich jetzt.«
    »Aber du hattest recht«, sagte Madrone. »Ich vermute, ich glaube jetzt, daß es richtig war zu gehen.«
    »Ich weiß es nicht. Richtig oder falsch, scheinen irgendwie nicht zu passen. Ich weiß nur, ich mußte es tun.«
    »Bereust du es heute?«
    »Es war so anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte Angst vorm Sterben. Aber Sterben, das wäre schnell vorüber gewesen, und dies ging weiter und weiter. Die anderen drei sind tot, das weißt du.
    Manchmal habe ich bedauert, noch am Leben zu sein. Aber jetzt
    nicht mehr.«
    »Nein, jetzt nicht.«
    Er nahm ihr Gesicht in die Hände und küßte sie. Und da war der Funken wieder zwischen ihnen, das schmerzhafte Verlangen. Er zog sich erschrocken zurück.
    »Madrone, ich bin mit allen möglichen Leuten zusammengewesen, ich habe Dinge getan, an die ich mich kaum erinnern kann. Ich weiß nicht, ob es für dich sicher ist.«
    Ihre Augen wurden dunkel vor

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