Das Fünfte Geheimnis
wirklich glauben soll«, gab Sam zurück, »muß ich an deinem medizinischen Sachverstand zweifeln.«
»Leichte Arbeit«, gab Madrone zurück, »kann ich sicherlich tun.«
»Leichte Arbeit?« sagte jetzt Lou, »Madrone, Liebes, du gehörst in einen Liegestuhl, der in der Sonne steht, so schwach siehst du aus. Außerdem kenne ich von dir nur ein einziges Arbeitstempo, nämlich schuften, schuften, schuften, bis du umfällst.«
»Ich weiß, daß du am liebsten wieder arbeiten möchtest, daß du uns helfen willst«, lächelte auch Aviva, »aber du brauchst wirklich noch Schonung.«
»Wir haben durchaus genug Helfer«, sagte Sam freundlicher, »die Epidemie hat ihren Höhepunkt inzwischen überschritten. Wir haben noch Glück gehabt. Inzwischen herrscht hier nur noch das ganz normale Chaos. Wir brauchen dich also gar nicht unbedingt.«
»Aber ich halte es nicht mehr aus, herumzusitzen«, sagte Madrone, »und ich vermisse euch alle.«
»Okay. Wenn du uns bei der Arbeit siehst, steigen wir vielleicht in deiner Hochachtung«, sagte Lou und Sam fügte hinzu: »Wenn du deine Patienten in dieser Verfassung zur Arbeit schicktest, wäre das eine kriminelle Handlung.«
Sie hatten recht. Madrone wußte es. Mühsam hielt sie ihre Tränen zurück. Sie hatte genug. Sie wollte nicht mehr krank sein. Sie wollte nicht müde sein ohne gearbeitet zu haben. Sie wollte einfach wieder sie selbst sein, wie früher.
»Wenn sie schon mal hier ist, kann sie auch gleich an unserem Meeting teilnehmen«, meinte Rick. Er war ein netter Kerl, seine schwarzen Augen blickten freundlich, seine Haare kräuselten sich unordentlich. Madrone fühlte, mit ihm würde sie gut zusammen arbeiten können.
»Aber sicher«, sagte auch Lourdes und lächelte Madrone zu.
»Sie kümmern sich zu viel um mich«, ärgerte sich Madrone schon wieder. Sie haben nicht genug Vertrauen zu mir. Sie nahm sich vor, darüber später nachzudenken.
»Also, beginnen wir mit unserer Diskussion«, sagte Sam, »wir sind wieder mal bei den alten Fragen.«
»Welchen alten Fragen?«
»Ob diese Epidemie ein verkappter Angriff auf uns ist, und wenn ja, was wir unternehmen wollen.«
»Das Verteidigungs-Council vermutet, daß es sich um einen Angriff handelt. Aber sie wollen es von uns ganz genau wissen«, stellte Lou fest.
»Es war auch mein Eindruck«, sagte Madrone, »die Krankheitserreger dieser Epidemie wirkten auf mich wie konstruiert. Sie waren ungewöhnlich.«
»Kannst du sie genau aufzeichnen?« fragte Aviva. »Das könnte Flore helfen, ein Computermodell zu konstruieren, um das morphogenetische Feld zu erkennen. Denn wenn neue Attacken kommen, dann vermutlich auf ähnliche Weise.«
»Ich kann die Molekular-Struktur kaum aufzeichnen«, wehrte Madrone ab, »aber so hat es nicht funktioniert. Der Geist wandelt Energiemuster des persönlichen Ch`i in symbolische Dinge um. Ich könnte das zwar aufzeichnen, aber das sähe reichlich komisch aus.«
»Du solltest dich mit Flore darüber genau unterhalten«, sagte Sam. »Was dir merkwürdig vorkommt, versteht sie vielleicht, und sie kann deine Angaben zur Analyse durch die Kristall-Computer laufen lassen.«
»Das kann ich auch«, meinte Madrone.
»Wenn nur einer von uns mal im Süden etwas spionieren könnte«, sinnierte Sam, »es wurmt mich, daß das nicht möglich ist. Wie schön war das doch früher. Ich weiß noch genau, daß zwei bis drei Flüge in der Stunde nach Los Angeles gingen. Und man konnte auch einfach woandershin fliegen, nach London, Rom, Paris. Oder wir griffen einfach zum Telefon, um einen Kollegen um Rat zu fragen...«
»Es muß wunderbar gewesen sein, einfach so wegzufliegen«, sagte Aviva träumerisch, »sich keine Sorgen um das Ozonloch zu machen oder über Wirbelstürme, die das Flugzeug zerschmettern könnten. Wie gern würde ich mal durch die Welt jetten.«
»Wir kommen vom Thema ab«, sagte Lou freundlich, »wir schreiben nicht mehr das Jahr 1998, sondern 2048. Auch wenn ihr nun die Flügel aufspannt, wir können nicht fliegen. Wir können nicht mal in die Southlands gehen und hoffen, daß wir lebend zurückkommen. Ich kann mich nicht erinnern, daß in den vergangenen zwanzig Jahren jemand dort gewesen und wieder zurückgekommen wäre, um etwas zu erzählen.«
»Das stimmt nicht«, wandte Madrone ein, »Bird war zehn Jahre dort unten. Jetzt ist er zurück!«
»Bird?« fragte Lou, die Stimme hebend.
»Mayas Enkelsohn. Mein Compa von früher. Er kam vor zwei Wochen zurück.«
»Madrone! Das sind
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