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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Geschichte, dass der Mensch eine Züchtung der Vampire sein soll?«, fragte ich.
    »Warum nicht?«, sagte sie achselzuckend. »Mit den Schweinen und den Kühen haben die Menschen das doch auch hingekriegt.«
    »Aber das ist doch nicht dasselbe! Menschen sind etwas anderes als Vieh. Sie haben eine großartige Kultur und Zivilisation erschaffen. Dass das alles nur deshalb in der Welt sein soll, damit die Vampire problemlos an ihre Nahrung kommen, kann ich einfach nicht glauben. Schau dich doch um ...«
    Hera nahm meine Aufforderung übertrieben genau. Sie blieb stehen, glotzte mit komisch klappernden Augen in die Runde: Ein Stück vom Neuen Arbat gab es zu sehen, das Filmtheater, das Verteidigungsministerium und die Metrostation Arbatskaja, die aussieht wie ein mongolisches Steppenmausoleum.
    »Schau selbst!«, sagte sie und deutete voraus auf eine Werbetafel. Auf ihr wurde für Klosettbecken geworben. In Riesenziffern der Preis: 9999 Rbl ., darunter der Schriftzug: Eldorado -Tiefpreisterritorium!
    »Ich würde ihnen Freudgold als Werbeslogan vorschlagen«, witzelte ich. »Obwohl, nein, das heben wir uns für einen Action-Thriller auf ...«
    Plötzlich geriet das Klosett in Bewegung und zerfiel in senkrechte Streifen: Die Tafel bestand aus drehbaren Dreiecksleisten. Als sie sich wieder geschlossen hatten, war eine Werbung für Telefontarife zu sehen, in lebensfrohen Gelbund Blautönen gehalten: $10 - nicht zu verachten! Melde dich an und kassiere! Sekunden später drehten die Leisten sich erneut, und die letzte Werbebotschaft erschien - strenge schwarze Schrift auf weißem Grund:
Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
    »Fürwahr eine großartige Kultur und Zivilisation«, spottete Hera.
    »Ja, nun«, sagte ich. »Da haben irgendwelche Protestanten eine Werbefläche gemietet und werben für ihr Grundbuch. Es gibt genug Peinlichkeiten, keine Frage. Aber deswegen glaube ich noch lange nicht, dass menschliche Sprachen und Religionen, deren bloße Aufzählung ganze Bücher füllt, ein Nebeneffekt der Lebensmittelpolitik von Vampiren sind.«
    »Was stört dich an dem Gedanken?«
    »Die Unverhältnismäßigkeit von Zweck und Ergebnis. Das ist, als stellte man ein großes Eisenhüttenwerk hin, um die Produktion von ... was weiß ich ... Büroklammern anzuschieben.«
    »Hätten die Vampire sich diese Sprachen und Religionen erst alle ausdenken müssen, das wäre wirklich umständlich«, antwortete Hera. »Aber das haben die Menschen ja selber hingekriegt. Es ist, wie du selbst sagst, ein Nebeneffekt.«
    »Wenn Menschen zu nichts weiter da wären, als die Vampire zu ernähren, hätte die menschliche Zivilisation einen extrem niedrigen Wirkungsgrad.«
    »Ja, und wenn? Was gehts uns an? Müssen wir vor irgendwem dafür einstehen?«
    »Das nicht, aber ... Ich glaubs einfach nicht. In der Natur geschieht nichts zufällig und umsonst. Und das hier erschiene mir überwiegend umsonst.«
    Hera verzog das Gesicht. Man hätte es für eine Grimasse der Wut halten können, aber den Gesichtsausdruck kannte ich schon: So sah es aus, wenn Hera angestrengt nachdachte.
    »Kennst du Termiten?«, fragte sie dann.
    »Sind das diese kleinen weißen Ameisen, die Holz von innen her aushöhlen? Über die hat doch dieser Wie-hieß-der-noch-mal geschrieben ... Mark Cash?«
    »Du meinst Marquez?«
    »Kann sein. Ich habs nicht selbst gelesen, stand so im Diskurs. Das über die Termiten auch. Gesehen habe ich noch keine.«
    »Ich auch nicht«, sagte Hera. »Aber ich hab einen Film darüber gesehen. Die Termiten haben ein Königspaar, das von gewöhnlichen Termiten bewacht wird. König und Königin hocken in ihren Zellen und können nicht raus, werden von den Arbeitstermiten pausenlos geleckt und gefüttert. Termiten haben ihren eigenen Architekturstil - Acid-Goth würde ich das nennen. Es gibt eine komplizierte Sozialhierarchie. Viele verschiedene Berufsstände: Arbeiter, Soldaten, Ingenieure. Am verblüffendsten fand ich, dass ein neuer Termitenhügel immer dann entsteht, wenn ein junges Königspaar den alten Bau verlässt, um ein neues Reich zu gründen. An Ort und Stelle angekommen, knabbern sie sich gegenseitig erst mal die Flügel ab und ...«
    »Du willst die menschliche Zivilisation mit der der Termiten vergleichen, ja?«
    Sie nickte.
    »Allein schon die Tatsache, dass du das tust, spricht dafür, dass Menschen und Termiten meilenweit auseinander liegen.«
    »Wieso?«
    »Weil du schwerlich zwei Termiten finden

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