Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
Vom Netzwerk:
zentrale Gegenstand überhaupt. So saugt sich das Geld allmählich mit Lebenskraft voll. Je länger so ein Schein in Umlauf ist, desto stärker lädt er sich auf. Und wenn er schon ganz mürbe ist und buchstäblich trieft vor menschlicher Energie, wird er aus dem Verkehr gezogen. Und die Vampire mixen sich ihren Drink daraus.«
    Ich dachte nach. Das Ganze klang reichlich sonderbar und unappetitlich zumal - aber glaubwürdiger als meine Kaimaninsel-Version.
    »Interessant«, sagte ich. »Wer war denn dieser andere Vampir, mit dem Enlil Maratowitsch gesprochen hat?«
    »Er heißt Mitra.«
    »Ach? Du kennst Mitra?«, wunderte ich mich. »Ah ja ... Er hat mir ja deinen Brief überbracht.«
    »Er hat mir lustige Dinge von dir erzählt. Zum Beispiel, dass ...«
    Hera hielt sich glucksend die Hand vor den Mund, als wäre ihr ein Wort zu viel entfahren.
    »Was hat er erzählt?«
    »Ach, nichts. Ich schweife ab.«
    »Nein, komm, jetzt sprich zu Ende, wenn du schon mal angefangen hast.«
    »Ist mir entfallen«, erwiderte Hera. »Meinst du, wir reden die ganze Zeit nur über dich? Es gibt genug andere Themen.«
    »Und was für welche, wenns kein Geheimnis ist?«
    »Er macht mir Komplimente«, sagte Hera lächelnd.
    »Was denn für Komplimente?«
    »Das sag ich nicht. Ich möchte deine Inspiration nicht in feste Bahnen lenken. Falls du vorhast, mir auch mal eins zu machen.«
    »Hast du Komplimente nötig?«
    »Mädchen können nie genug davon haben.«
    »Ja, bist du denn ein Mädchen? Ich dachte, du bist ein Vampir! Oder eine Vampirin, wie du mir schriebst.«
    Sogleich merkte ich, dass ich etwas Falsches gesagt hatte. Zu spät. Heras Gesicht verdüsterte sich. Wir überquerten die Straße und bogen schweigend in die Wolchonka. Ein, zwei Minuten vergingen, dann hörte ich sie sagen:
    »Mir ist wieder eingefallen, was Mitra erzählt hat. Er sagte, du hättest zu Hause Brahmas Archiv stehen. Zweifelhaftes Material hätten sie vorsorglich entfernt, aber eine einzelne Probe aus Kriegszeiten wäre übersehen worden. Irgendwas mit nordischem Sex im Zoo, glaube ich. Du hättest sie leer gesüffelt, sagt Mitra.«
    »Die blanke Lüge!«, empörte ich mich. »Gekostet hab ich davon, das geb ich zu. Ein-, zweimal vielleicht. Aber nicht mehr. Es ist noch genügend davon übrig. Jedenfalls war es das. Vielleicht ist es ausgelaufen ... Und außerdem hat dieser Mitra ja selber ...«
    Hera lachte.
    »Wofür rechtfertigst du dich eigentlich?«
    »Ich rechtfertige mich nicht, ich ... Ich mag es einfach nicht, wenn hinter dem Rücken der Leute üble Nachrede geführt wird.«
    »Was ist daran übel? Wäre es übel gewesen, hättest du das Zeug ja wohl nicht ausgeschleckt, oder?«
    Darauf wusste ich nichts zu erwidern. Hera trat zur Bordsteinkante und hob den Arm.
    »Was tust du?«, fragte ich.
    »Ich nehme für den Rest des Weges ein Auto.«
    »Nerve ich dich?«
    »Nein, wieso denn? Ganz im Gegenteil. Aber es ist Zeit für mich.«
    »Laufen wir noch das Stück bis zum Gorki-Park?«
    »Ein andermal«, sagte sie lächelnd. »Schreib dir meine Handynummer auf.«
    Ich hatte gerade noch die Zeit, die Nummer in mein Handy einzutippen, da hielt vor uns ein gelbes Taxi. Ich streckte ihr die Hand hin. Sie nahm meinen Daumen in ihre Faust.
    »Ich finde dich nett und sympathisch«, sagte sie. »Aber tu mir den Gefallen und zieh dieses Jackett nicht mehr an. Und lass das Haargel weg.«
    Sie beugte sich zu mir, gab mir ein Küsschen auf die Wange, stupste auf reizende Art ihren Kopf gegen meinen Hals.
    »Schmatz«, sagte sie.
    »Schmatz«, entgegnete ich. »Nett, Sie kennenzulernen.«
    Während das Taxi davonfuhr, spürte ich etwas Feuchtes am Hals, fuhr mit der Hand darüber - und sah an meinem Handteller rote Flüssigkeit kleben. Etwa so viel, wie wenn man eine Mücke nach dem Stich totklatscht.
    Am liebsten wäre ich dem Taxi nachgejagt und hätte die Heckscheibe eingeboxt. Oder eingetreten. Dass die Splitter nur so flogen! Aber das Auto war schon viel zu weit weg.

DIE CHALDÄER
    Die nächsten Tage bekam ich keinen Vampir zu Gesicht. Hera anzurufen hatte ich wenig Lust, fürchtete gar ihren Anruf. Nach dem Biss fühlte ich mich entlarvt: Hera konnte nicht nur sehen, dass der König nackt war, sie sah, dass ich ein falscher König war, mit einem unanständigen Wort als Rückentattoo. Umso peinlicher meine vorherigen Versuche, ihr Sand in die Augen zu streuen.
    Ich stellte mir vor, was sie sah. Zum Beispiel, wie das Photo des gelangweilten Dämonen mit dem

Weitere Kostenlose Bücher