Das fuenfte Imperium
vs. Predator sprach. Es hätte so ausgesehen, als hielte ich die Anwesenden für beschränkte Indios. Zum Glück bekam ich noch die Kurve.
»Erinnert ihr euch an den Film von Michael Moore, dem Quentin Tarantino in Cannes die Goldene Palme gab? Es ging um President Bush. In dem Film kann man Bush auf einem Treffen mit Größen des amerikanischen Establishments sagen hören: Some people call you the elite, I call you my base ... Erlaubt, dass ich euch an dieser Stelle Gleiches sage. Mit einer kleinen Präzisierung. Ihr seid die Elite, weil ihr mein Fundament seid. Und mein Fundament seid ihr, weil ihr die Elite seid. Ich denke, ihr wisst so gut wie ich, dass das eine untrennbar mit dem anderen verbunden ist. Ich zweifle nicht daran, dass sich unsere Zusammenarbeit auch im neuen Jahrtausend gedeihlich fortsetzen wird. Gemeinsam werden wir neue Gipfel erstürmen, Seite an Seite vorwärtsschreiten, äh ... unserem großen Traum entgegen! Ich glaube an euch. Ich glaube euch. Danke, dass ihr gekommen seid.«
Mit diesen Worten senkte ich würdevoll das Haupt.
Im Saal wurde geklatscht. Enlil Maratowitsch klopfte mir auf die Schulter und schob mich vom Mikrofon weg.
»Was das Fundament angeht, kann ich das Gesagte nur unterstreichen«, sagte er und ließ einen strengen Blick durch den Saal gehen. »Nur mit einem bin ich nicht einverstanden: mit dem Glauben. Denn wir haben eine dreifach eherne Glaubensregel: niemals, nichts und niemandem! Ein Vampir glaubt nicht. Ein Vampir weiß. Und auch Bush kann uns dabei gestohlen bleiben. Wie spricht doch die Große Göttin: The only bush I trust is mine ...«
Bei diesem Satz verzog Enlil Maratowitsch keine Miene.
»Allerdings ergibt sich hier ein kleiner Widerspruch zu dem, was ich eben sagte«, fuhr er ungerührt fort. »Er steckt in dem Wort trust. Es ist jedoch nur ein scheinbarer Widerspruch. Denn dieses Wort bedeutet durchaus nicht, dass die Große Göttin irgendwem Glauben schenkt, o nein. Sie will vielmehr sagen ... Nun? Wer kommt als Erster darauf, was sie damit sagen will?«
Ein paar Vampire im Saal lachten. Offenbar lag in Enlil Maratowitschs Worten ein feiner Humor, der mir entging. Enlil Maratowitsch tat eine Verbeugung, zog mich am Ärmel, und wir verließen die Bühne.
Die Chaldäer griffen nach den Cocktails und schwatzten. Was hier ablief, war offensichtlich seit Langem bekannt und eingespielt. Ich war gespannt, wie sie mit ihren Masken zu essen und zu trinken gedachten. Die Lösung des Problems war einfach: Die Maske hing an einem runden Lederkäppchen und wurde, wenn die Chaldäer am kalten Büfett zur Tat schritten, um einhundertachtzig Grad gedreht, so dass ihnen die Goldgesichter im Nacken saßen.
»Sagen Sie, Enlil Maratowitsch, worin bestand der Witz bei the only bush I trust is mine ? Ich hab das nicht kapiert.«
»Das war ein Wortspiel, Rama. Aus der Sicht der Großen Göttin sind das nur Phantomschmerzen.«
Ich verstand schon wieder nicht, was er meinte. Langsam wurde ich gereizt.
Marduk Semjonowitsch sprang mir bei.
»Der Überlieferung nach hat die Große Göttin sich in einen goldenen Regen verwandelt«, erläuterte er. »Ungefähr wie Zeus im Danae-Mythos. Du wirst wissen, dass das eine Metapher ist: In beiden Fällen wird Gott zu Geld. Nicht zu Geld im eigentlichen Sinne natürlich, sondern zu dem, was dahinter steht. Seither haben alle denkenden Menschen ein Faible für diese Göttin. Sie ist der diffuse Lichtstreif am Horizont, auf den die Menschheit sich seit Jahrtausenden zubewegt. Bildlich gesprochen, hängen alle Menschen an ihren Strippen. Auch du, Rama, hast mit ihr schon die Bekanntschaft gemacht.«
»Der Fuji!«, ergänzte Enlil Maratowitsch »Du erinnerst dich doch?«
Ich nickte.
»Als Goldregen hat die Göttin aber keinen Leib mehr. Folglich auch keinen bush. Darum hat sie kein Problem damit, ihm zu glauben. Was nicht da ist, kann nicht enttäuschen.«
Na gut. Vielleicht war der Witz es nicht wert, verstanden zu werden. Aber darum ging es mir nicht. Ich hatte dieses andauernde Versteckspiel satt.
»Enlil Maratowitsch, wollen Sie mir nicht bald einmal offenlegen, wie sich alles in Wirklichkeit verhält?«
»Warum so eilig, mein Junge?«, fragte Enlil Maratowitsch betrübt. »Wie heißt doch der alte Spruch: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.«
»Hören Sie mal«, sagte ich, bemüht, meine Stimme ruhig und fest klingen zu lassen. »Erstens bin ich schon lange kein Junge mehr. Zweitens sehe ich mich in einer
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