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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Unsere Welt ist so gut weggepackt, dass, wenn wir dich nicht an der Hand nähmen und hineinzerrten, du nie auf die Idee kämest, dass sie überhaupt existiert. Das, mein lieber Rama, ist die absolute Tarnung.«
    »Vielleicht bin ich ja auch nur zu doof«, sagte ich.
    »Nicht bloß du. Alle Menschen. Die Schlauesten stellen sich am doofsten an. Der menschliche Geist ist entweder ein Mikroskop, mit dem der Mensch den Fußboden seiner Zelle betrachtet, oder ein Fernrohr, mit dem er durch das Fenster in die Sterne am Himmel guckt. Sich selbst hat er nicht im Blick, schon gar nicht in getreuer Perspektive.«
    »Und welches ist die getreue Perspektive?«
    »Von ihr will ich gerade reden, also höre gut zu. Geld ist eine Objektivation, die gebraucht wird, um dem Menschen die fortwährenden Kontraktionen der Geldzitze begreiflich zu machen. Das nämlich ist der mentale Spannungszustand, in dem sich Geist B fortwährend befindet. Und weil Geist B ständig in Betrieb ist, heißt das ...«
    Mir kam ein schräger Gedanke.
    »Der Mensch wird vom Vampir ferngemolken?«, hauchte ich meinen Verdacht.
    Ein Strahlen trat in Enlil Maratowitschs Gesicht.
    »Ha! Jetzt hat er’s! Natürlich!«
    »Aber ... das gibt es doch nicht«, stammelte ich entgeistert.
    »Überleg mal, wo der Honig herkommt.«
    »Na ja. Die Biene schafft ihn ran. Aber dazu muss sie in den Bienenstock fliegen. Der Honig fliegt nicht von allein durch die Luft.«
    »Der Honig nicht. Aber die menschliche Lebenskraft.«
    »Wie geht das zu?«
    Enlil Maratowitsch nahm den Füllhalter, legte ein Blatt Papier vor sich hin und zeichnete darauf das folgende Schema:

    »Was Radio wellen sind, weißt du?«
    Ich nickte erst, überlegte ein bisschen und schüttelte den Kopf.
    »Vereinfacht gesagt«, begann Enlil Maratowitsch zu erklären, »ist der Radiosender ein Gerät, das Elektronen durch einen Metallstab jagt. Hin und her, hin und her, sinusförmig. Den Stab nennt man Antenne. Hierdurch entstehen Radiowellen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit verbreiten. Um die Energie dieser Wellen aufzufangen, braucht es eine zweite Antenne. Die Antennen müssen eine bestimmte Länge aufweisen, die der Wellenlänge proportional ist, denn die Energie wird nach dem Resonanzprinzip übertragen. Du kennst das: wenn eine Stimmgabel angeschlagen wird, und eine andere in der Nähe fängt davon an zu klingen. In der Praxis ist das natürlich alles weit komplizierter - um die Energie zu senden und zu empfangen, muss sie auf bestimmte Weise gebündelt werden, müssen die Antennen genau im Raum positioniert werden und so weiter. Aber das Prinzip ist dasselbe. Und jetzt malen wir noch ein Bildchen ...«
    Enlil Maratowitsch drehte das Blatt um. Was er nun zeichnete, sah so aus:

    »Soll das heißen, der Geist B ist die Sendeantenne?«, fragte ich.
    Enlil Maratowitsch nickte.
    »Und was denkt der Mensch, wenn seine Antenne sendet?«
    »Schwer zu sagen. Je nachdem, ob dieser Mensch Unternehmensmanager mit Smartphone in der Brusttasche oder Obsthändler in der Metrounterführung ist. Aber davon abgesehen, sind es zwei Muster, die sich in der inneren Zwiesprache eines modernen Stadtmenschen mit sich selbst in dieser oder jener Form immerzu wiederholen. Eines geht so: Das schaffe ich! Das krieg ich auf die Reihe! Denen zeig ichs! Dem beiß ich die Kehle durch! Das Geld knöpf ich dieser Scheißwelt ab!«
    »Soll Vorkommen«, sagte ich.
    »Und dann noch das andere: Geschafft! Gut hingekriegt! Denen hab ichs gezeigt! Der zuckt nicht mehr! Gebongt!«
    »Kommt auch vor«, bestätigte ich.
    »Beide Prozesse nehmen das Bewusstsein wechselweise in Beschlag und können demselben Gedankenstrom zugeordnet werden, der dabei nur zyklisch seine Richtung ändert. Wie ein Wechselstrom, der durch die Antenne fließt und die Lebenskraft des Betreffenden in den Äther abstrahlt. Sie einzufangen und aufzuzeichnen sind die Menschen jedoch nicht in der Lage. Dies kann nur ein lebender Empfänger, kein mechanisches Gerät. Gelegentlich wird diese Energie als Biofeld bezeichnet, aber kein Mensch weiß, was das eigentlich ist.«
    »Und wenn ein Mensch uns nicht den Gefallen tut, das schaff ich! oder geschafft! zu sagen?«
    »Er muss. Was bleibt ihm übrig? Alle anderslaufenden Prozesse im Bewusstsein werden schnell unterdrückt. Dafür sorgen Glamour und Diskurs.«
    »Aber nicht alle Menschen sind leistungsorientiert«, widersprach ich. »Glamour und Diskurs lassen manch einen kalt. Obdachlose und Alkoholiker zum Beispiel

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