Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
Vom Netzwerk:
weichsten und trockensten sein würde, entdeckte ich einen schwarzen Haufen, der nicht dorthin zu gehören schien. Man hätte annehmen können, es sei ein Stapel schwarzer Müllsäcke, wenn man nicht gewusst hätte, wonach man Ausschau hielt, und normalerweise war es auch höchst unwahrscheinlich, dass man überhaupt dorthin schauen würde. Es lag nur daran, dass ich nach ihr suchte, dass meine Augen wachsam waren.
    Tüll und Taft und Spitze, alles war chaotisch gebündelt. Zerzauste schwarze Haare, silberne Strähnen, die wie Bänder im Wind flatterten. Weiße leblose Glieder.
    Ich dachte, sie sei tot. Dann dachte ich, nein, noch nicht, aber er bringt sie gerade um.
    Das dachte ich, bevor mein Alter und meine Erfahrung und mein Verstand sich einschalteten. Sie waren nur zwanzig Meter entfernt, doch die Sonne stand jetzt tiefer und die Schatten verstärkten sich und es war schwer zu sehen. Ich war allein, verärgert und ängstlich, und ich dachte, sie würde nicht tun, was sie gerade tat, also dachte ich, er würde sie töten. Eine Weile lang versagten mir die Beine – und ich war zu sehr damit beschäftigt, dorthin zu starren –, aber dann stand ich so abrupt auf, dass sie meine Bewegung sah.
    Jinn hörte nicht sofort damit auf. Ich sah, wie sie den Kopf drehte und wie sich ihre Augen verdunkelten, doch sie funkelten nicht vor Wut, sie funkelten mit gar nichts. Weißt du, ich kann das eigentlich gar nicht alles gesehen haben, oder? Nicht aus dieser Entfernung. Ich vermute, ich spürte es lediglich, ihren dumpfen Groll mir gegenüber.
    Sie erduldete weiter, dass der Mann über ihr grunzte und sie bearbeitete. Als ich erkannte, dass sie ihn nicht bremsen würde und er sie nicht töten wollte, bedeckte ich meine Augen mit den Händen, um nichts mehr sehen zu müssen. Als ich wieder einen Blick wagte, erhob sie sich gerade, klopfte sich den Sand von den Kleidern, glättete ihre schwarzen Tüllröcke und stopfte etwas in ihr Mieder. Der Mann zog die Schultern hoch und zog davon.
    Es war nicht Nathan Baird. Deshalb wurde ich wütend. Sie hatte mich wegen ihm aufgegeben und jetzt vögelte sie mit jemand anderem.
    Sie holte mich bei der bemalten Mauer ein, als ich die Felsen hochkletterte. Alle in der Stadt beobachteten das Feuer. Niemand war interessiert an einem Zickenkrieg.
    Â»Ruby, es geht dich nichts an!«
    Â»Wo ist Nathan?«, brüllte ich. »Ist es ihm egal?«
    Sie trat einen Schritt zurück. Zuerst dachte ich, sie sei böse, dann erkannte ich, dass es das nicht war. Sie war verwirrt, das war alles. Als ob sie gedacht hätte, ich habe ihre Absichten durchschaut, und plötzlich erkannte, dass es nicht so war.
    Ich blinzelte.
    Sie sagte: »Hör zu, du würdest es nicht verstehen.«
    Dann starrten wir uns wieder an, eine ganze Weile. Ich hörte meinen eigenen Atem, aber nicht den von Jinn.
    Â»Ich liebe ihn«, sagte sie.
    Â»Ja, aber warum … tust du dann …«
    Meine Stimme versagte, da mein langsames altes Hirn schließlich meine eigene Frage beantwortet hatte. Ein paar Kampfjets brausten über uns dahin – dann herrschte Stille.
    Â»Ich liebe ihn«, wiederholte Jinn. »Du liebst ihn nicht.«
    Â»Wenn du ihn lieben würdest«, erwiderte ich, »dann würdest du ihm nicht helfen … da dranzukommen …«
    Oh Gott, mein Gehirn leistete gerade Aufholarbeit.
    Â»Was ist mit deinem Anhänger geschehen?«, fragte ich.
    Sie berührte das schwarze Lederband und strich mit der Fingerspitze über das Kreuz.
    Â»Es ist zu Hause«, sagte sie.
    Â»Du kannst heimkommen«, bemerkte ich. »Bitte, Jinn, komm nach Hause.«
    Â»Nein.«
    Â»Du kannst ihn mitbringen.« Meine Stimme verriet eine Spur Verzweiflung.
    Â»Das werde ich nicht«, meinte sie. »Ich will nicht, dass er in deiner Nähe ist. Er und sein Stoff. Und die Jungs, seine alten Freunde. Er schuldet ihnen immer noch Geld. Ich will nicht, dass sie ins Haus kommen, und ich will nicht, dass du dich mit ihnen abgeben musst. Wenn wir sie bezahlt haben, können wir vielleicht zurückkommen.«
    Ich blinzelte. »Du liebst ihn mehr als mich.«
    Â»Nein. Ich liebe ihn genauso wie dich, und ich will nicht, dass du mit diesen Leuten zu tun hast.«
    Â»Bring ihn dazu, damit aufzuhören«, sagte ich wie ein störrisches Kleinkind.
    Jinn lachte nur.
    Ich bettelte: »Bring ihn mit nach

Weitere Kostenlose Bücher