Das fuenfte Maedchen
nicht in meinen Sachen herumgewühlt, Ruby, oder?«
Ich spürte, wie mir heià wurde bei dieser ungerechten Unterstellung. »Nein!«
»Okay.« Sie wandte sich halb ab. »Das würdest du auch nicht tun, nicht wahr?«
»Nein, würde ich nicht.« Wenn sie so weitermachte, würde ich noch sauer werden.
Doch sie tat es nicht. Sie lächelte mit einem Mundwinkel. »Gut!«
Ich starrte sie an.
»Also lass es bleiben«, warnte sie mich. »Und ich war nicht hier, okay?«
Ich runzelte die Stirn.
»Ich war nicht hier und du gehst nicht an meine Sachen.«
Sie ging zur Haustür hinaus, versuchte, sie zuzuschlagen, nur dass sie sich nicht zuschlagen lieÃ, nicht so auf Befehl. Als sie heftig an der Tür zerrte, kicherte ich.
Die Tür war schon halb zu, da streckte sie nochmals den Kopf herein, blinzelte mir zu und kicherte ebenfalls.
»Aber du rührst meine Sachen nicht an.«
Und dann war sie verschwunden.
Jinns neuer Job überdauerte natürlich nur den Sommer. Im September wurde im Dot Cumming Memorial Park am Meer ein Feuer angezündet, in dem nachgemachte Hexen aus weichen Kissen und Kleidern, die man nicht einmal im Secondhandladen hätte verkaufen können, verbrannt wurden. Es war der Höhepunkt der Hexen-Veranstaltungen und das Ende von Jinns Job, auch wenn sie ihn hervorragend ausführte. Sie tanzte in ihrer Hexenaufmachung um das Feuer herum, klatschte in die Hände und erschreckte kleine Kinder, bekam Schuldgefühle und nahm sie in die Arme, wenn sie zu weinen anfingen. Sie muss den Job gemocht haben, auch wenn die Bezahlung lausig war, denn sie strahlte, so viel Spaà machte es ihr.
Foley war an jenem Abend damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass Mallory sich nicht selbst verstümmelte oder irgendeinen ihrer kleinen Freunde. Zum Glück gab es in den Geschäften noch keine Feuerwerkskörper zu kaufen; der kleine Satansbraten hätte sie auf die Hexen geworfen, die auf dem Feuer und die, die darum herumtanzten. Mich langweilte das Ganze, jedenfalls tat ich so, als wäre das so. Der ungewohnte Alkohol hatte mich melancholisch gemacht. Ich hatte mir ein paar Drinks genehmigt â Molotows mit Wodka â und sehnte mich danach, mit Jinn zu sprechen. Wenn Wörter aus mir heraussprudeln wollen, dann wollen sie unbedingt heraus. Wenn ich Jinn nicht in die Ecke trieb und sie mir zuhörte, würde ich explodieren.
Sie war verschwunden. Ich ging dreimal um das Feuer herum (was nach der Mythologie von Breakness vermutlich bedeutete, dass der Teufel in einer Rauchwolke erscheinen und mich verschlingen würde), konnte sie aber weit und breit nicht entdecken. Ich schwöre, dass ich in einem Augenblick irrationaler Angst sogar die glühenden Kissenfetzen auf dem Feuer absuchte und trotz des Rauchs in den Augen versuchte, billige Kleider und grüne Bastperücken zu identifizieren, doch die brennenden Hexen waren feucht und schäbig und noch nicht so weit verschmort, dass sie nicht erkennbar gewesen wären. Jinn war nicht aufgrund eines bizarren Zufalls fälschlich für eine Hexe gehalten und aufs Feuer geworfen worden.
Ich kaufte mir ein paar Fritten und knabberte daran, während ich mir einen Weg durch die Menge bahnte. Es war eine recht warme Nacht, und in ihrer Aufmachung konnte man sie wohl kaum übersehen, aber ich entdeckte sie weit und breit nicht. Ich löste mich aus der Menge und kehrte zurück zum Park und dem Fluss, zu der Stelle, an der er sich mit dem Meer vereinte. Hier befand sich eine groÃe Mauer, auf der aufgemalt waren: Hexen (natürlich) und grelle Meerjungfrauen mit aufgeworfenen Lippen und magere Delfine, deren Köpfe im Verhältnis zu ihren Schwänzen viel zu groà waren. Mallorys Schule hatte dieses Kunstwerk als Teil eines Kunstprojekts gefertigt und es war wohl besser als blanker Beton. Die Abendluft war kühl, also schlenderte ich aus dem Schatten in die untergehende Abendsonne. Die Mauer schirmte diesen Teil des Flusses vom Park und dem Feuer ab, ebenso die wackelige Brücke.
Ich nahm hinter der Mauer Platz, lieà die Beine über einen hohen Steindamm über dem Fluss baumeln. Von hier aus konnte ich auf die wackelige Brücke blicken, die im harten Sand verankert war. Bei Ebbe befanden sich die ersten beiden Pfosten auf dem Trockenen. In den entferntesten tiefsten Schatten, wo die Flut zuletzt hereinbrechen würde und der Sand am
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