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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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und Jinn hatte es mir nicht gesagt, weil sie über mein Verhalten verärgert war. Oder vielleicht hatte Jinn sie auch zurückverlangt. Vielleicht hatte sie den richtigen Moment abgewartet, um sie mir zurückzugeben, wollte warten, bis zwischen uns wieder alles okay wäre oder bis ihr Ärger verflogen war. An jenem Tag war es noch nicht so weit gewesen. Blinzelnd ließ ich die Kette aus meiner Handfläche gleiten; sie fiel mit einem leisen Klick auf die Muscheln und Kieselsteine.
    Ich dachte an die alte Dame, die in ihrem Hochhaus darauf wartete, dass ich sie erneut besuchte, und aus dem Fenster auf Glassford blickte. Seufzend erkannte sie, dass ich nicht zurückkehren würde, und stützte sich auf ihren Rollator, um sich noch eine Tasse Tee zu machen. Heftig verscheuchte ich das Bild.
    Ich legte den Bernstein wieder auf den Boden des Kartons und wand die Kette darum. Der Moskito sah nicht länger unglücklich aus. Er steckte einfach fest. War einfach tot. Ich legte das blaue Band darauf und dann den übrigen Krimskrams und am Schluss den kleinen Katzenanhänger. Doch ich änderte meine Meinung, griff mit dem Finger danach und nahm ihn wieder heraus.
    Der Verschluss war eine Plage, billig und steif, doch schließlich gelang es mir, ihn im Nacken zu verschließen. Die Zyklopenkatze hing zusammen mit Foleys Silberkatze an meinem Hals, etwas tiefer, weil die billige Kette einfach etwas länger war. Sie passten irgendwie zusammen.
    Ich schloss die Tür zu Jinns Zimmer und dem Karton und ging hin und her. Ich ging in dem kleinen Haus von Zimmer zu Zimmer und starrte aus jedem Fenster hinaus. Ich kehrte zum Bett zurück, das ich mit Foley geteilt hatte, aber ich konnte nicht schlafen. Mein Blut war noch immer elektrisiert. Ich stand wieder auf und spazierte im Haus herum. Ich versuchte, mich aufs Sofa zu legen und auf das Standby-Licht des Fernsehers zu starren, auf die DVD-Zeitschaltuhr, die immer noch 01:20:16 zeigte.
    Und dann bin ich wohl doch eingeschlafen, schlief aber nicht fest. Ich war halb wach, starrte auf das kleine rote Licht und die Zeitangabe. Ich hörte, wie draußen die Autos vorbeifuhren. Aus der Ferne hörte man das Gegröle der Nachtschwärmer, die aus dem Pub herauskamen. Ich hörte, wie es an die Tür klopfte, dringlich. Das Klopfen wurde kräftiger und ich dachte, Foley . Und weil ich noch im Halbschlaf war, verwirrt und voller Schuldgefühle und Sehnsucht, rollte ich vom Sofa, stolperte zur Tür und öffnete sie.
    Ich glaube, Nathan Baird war genauso schockiert wie ich. Das war der Moment, da ich meine Chance bekam. In der kühlen Nachtluft und im matten Schimmer der Sicherheitsleuchte des Nachbarn sah ich die hageren Knochen eines Gesichts. Fahle Haut, blaue, tief liegende Augen. Ich roch Schweiß, Alkohol und Crack und – ganz unerwartet – Angst.
    Ich unterdrückte einen Schrei. Ich versuchte, die Tür zuzuschlagen, doch es ging nicht. Er hatte den Fuß dazwischengestellt, seine Finger umklammerten die Türkante und er rief etwas. Ich stemmte mich dagegen. Vermutlich war er durch seinen Lebensstil geschwächt, denn ich gewann den Kampf, und seine Anstrengung wirkte seltsam kläglich. Ich schubste ihn, trat ihm auf den Fuß, verpasste seinen Fingern einen Kopfstoß und prallte mit der Schläfe gegen die Türkante. Er protestierte, wimmerte. Ich biss ihn in die Finger und er zog sie zurück, ich trampelte ihm erneut auf dem Fuß herum, so kräftig wie möglich, bis der Fuß zurückschnellte und die Tür endlich ins Schloss fiel.
    Ich verriegelte sie.
    Dann trat ich einen Schritt zurück.
    Er trommelte erneut mit den Fäusten gegen die Tür. »Ruby!«
    Ich trat noch einen Schritt zurück.
    Â»Ruby!«
    Â»Was?« Warum redete ich mit ihm?
    Â»Bitte, Ruby. Bitte, öffne die Tür.«
    Â»Nein.«
    Â»Ruby!«
    Ich presste die Lippen zusammen, damit mein Herz nicht entfloh. Jetzt wo meine Kehle blockiert war, versuchte es, sich hämmernd durch meinen Brustkasten zu bohren.
    Er atmete schnell, verzweifelt und viel zu laut. Oder vielleicht war es mein Atem.
    Â»Ruby, ich will nur schnell etwas holen. Bitte.«
    Ich antwortete nicht.
    Â»Etwas von ihr. Diese … Kette, erinnerst du dich? Ich will sie zurück. Bitte.«
    Â»Warum?«
    Â»Weil sie ihr gehörte und ich sie haben möchte, Ruby. Ich möchte sie wirklich haben.«
    Um sie zu verkaufen? Oder

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