Das fuenfte Maedchen
ein, dass ich nicht wusste, was ich ihm sagen sollte. Er würde sagen, dass er recht hatte, verstehst du. Und ich konnte ihm nicht erklären, warum er unrecht hatte, und warum es jetzt so viel schlimmer war. SchlieÃlich stellte ich das Handy aus, presste es an meinen Hals und rollte mich noch fester in die Bettdecke ein.
Ich sah das Tageslicht wahrscheinlich später, als ich es hätte sehen sollen, aber ich bin mir sicher, dass ich wach war. SchlieÃlich drang es selbst in der warmen Dunkelheit zu mir durch, dass es drauÃen in der Welt heller wurde, und ich steckte die Nase raus und schob die Bettdecke beiseite, die nass von Schweià und zerknuddelt von meiner Schlaflosigkeit war.
Die Morgendämmerung war schal und düster, doch ich war froh, sie zu sehen. Ich kroch aus meiner Höhle, sah die CDs durch, fand Jinns Pet Sounds und stellte sie auf volle Lautstärke. Ich spürte den Bass von Good Vibrations in meinem Brustbein. Der G.A.S. konnte mich mal. Ich brauchte Lärm, satten, einhüllenden, schützenden Lärm.
Ich stellte den Wasserkessel an, aber das zischende Geräusch nervte mich, und ich stellte ihn, als das Wasser nur halb gekocht hatte, wieder aus. Kaum hatte ich das getan, war Good Vibrations bei der leisen Ãberleitung angelangt, und jemand klopfte laut an die Tür. Erschrocken sprang ich hoch.
Die Beach Boys stimmten noch einmal ihren Refrain an, und ich ging, öffnete die Tür und fiel praktisch in Foleys erstaunte Arme.
»Uff«, sagte er. Er drückte mich an sich, und ich spürte, wie sein Brustkorb anschwoll. »Was ist los?«
Eine Weile lang konnte ich ihm nicht antworten. Dann schluckte ich Luft hinunter wie ein Baby, das sich für etwas rüstet.
» ICH HASSE es, allein zu sein! «, jaulte ich.
»Oh«, sagte er. »Ja. Natürlich.« Und seine Arme zerquetschten mir die Rippen.
Plötzlich fiel mir wieder ein, warum ich ihn mochte. Es war dieses psychische Ding. Er wusste, was ich brauchte, bevor ich es wusste.
»Lass uns rausgehen«, sagte er.
Ich fühlte mich nicht allzu fit nach meiner schlaflosen Nacht und einer halben Tasse lauwarmem Kaffee, sodass er, als wir den Klippenweg jenseits der Landzunge hochstiegen, meine Hand halten und mich hinter sich herziehen musste. Ich konzentrierte mich auf die Unebenheit des Pfads, die Steine, die dort hervorragten, und die stacheligen Zweige, die in Knöchelhöhe wuchsen. Ich musste mich anstrengen, um nicht zu stolpern und von der Klippe zu fallen. Es gab mir etwas zum Nachdenken und einen Grund, Foleys Hand noch fester zu umfassen. Ich lieà meinem Bedürfnis, das kleine, hilflose Mädchen zu sein, freien Lauf.
Es war in der Nacht, in der Nathan starb, so unglaublich kalt gewesen, und das war erst wenige Tage her. Jetzt glitzerte die Frühlingssonne auf dem Wasser und Narzissen und Primeln schmiegten sich bereits an den Hang. Da waren weiÃe Eissturmvögel wie schmale Drachen auf der Brise. Ich wünschte, ich wäre mehr in der Stimmung für all dies. Als wir höher kletterten, konnten wir das Meer besser betrachten, wie es in den felsigen Lagunen eingeschlossen war, konnten jeden Stein und jedes Büschel Seegras sehen. Das Wasser war so klar und ruhig und zum Horizont und den Klippen am Rand der Bucht hin war es so seidig und weich wie Wasserfarbe.
Ganz oben, in der Nähe des Parkplatzes, blieben wir stehen, um Atem zu holen. Ein einziges weiÃes, dreieckiges Segel störte die gemalte Oberfläche nicht, nicht aus dieser Entfernung. Eissturmvögel flogen von dem Felsen unter uns hoch und verschwanden dann wieder. Sie mussten zu Tausenden dort nisten.
»Ich habe dich gewarnt, Jinns DNA hat rein gar nichts bewiesen«, sagte Foley wie aus dem Nichts. »Du hast ihnen selbst erzählt, dass sie in sein Auto gestiegen ist. Das hat sie ein paarmal getan. Er hat es nie geleugnet.«
Na super. Er hat es nie geleugnet. Als ich dort stand, zwischen Erde und Himmel, wünschte ich mir, ich könnte mich mit den Eissturmvögeln in die Lüfte erheben, weil ich meine Wut kaum ertragen konnte; diese brodelnde, tief in meinem Inneren sitzende Wut, die sich in einem riesigen Knoten zusammenzog.
Ich bekam kaum noch Luft, als wir ganz oben auf der Spitze waren, was aber kaum etwas mit dem Anstieg zu tun hatte. Ich stolperte hinter Foley hoch zum Parkplatz, der uneingezäunt, steinig und vom Wind gefegt war. Die Sonne glitzerte auf
Weitere Kostenlose Bücher