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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Stadtverwaltung.«
    Das mit Holzschindeln verkleidete Haus hatte Grundmauem aus Feldsteinen und Erkerfenster. Rosenbüsche säumten die Front, Ost- und Westflügel wurden von Magnolien und Eichen beschattet. Als wir ausstiegen, schaute ich mich nach Hinweisen um, die mir Aufschluß über den Privatmann Benton Wesley geben konnten. Über dem Garagentor hing ein Basketballkorb, und neben einem mit einer Plastikplane abgedeckten Holzstoß stand ein roter Rasenmäher, an dem frisches Gras klebte. Der Garten mit Blumenbeeten, Azaleen und Obstbäumen wirkte liebevoll gepflegt. Die gemütliche Sitzecke neben dem Gasgrill weckte in mir die Vorstellung, wie Wesley und seine Frau an Sommerabenden dort an ihren Drinks nippten, während sie darauf warteten, daß die Steaks fertig würden.
    Marino klingelte. Wesleys Frau öffnete. Sie stellte sich mir als »Connie« vor. »Ben ist kurz nach oben gegangen«, erklärte sie lächelnd und führte uns in einen Wohnraum mit rustikaler Einrichtung, einem offenen Kamin und großen Fenstern. Ich hatte noch nie gehört, daß jemand Wesley »Ben« nannte. Connie war schätzungsweise Mitte Vierzig, eine attraktive Brünette mit so hellbraunen Augen, daß sie fast golden Schimmerten. Ihr Gesicht erinnerte an das ihres Mannes, doch sie strahlte eine Sanftheit aus, die die Schärfe der Züge schnell vergessen ließ. Ich fragte mich, inwieweit sie mit seiner Arbeit vertraut sein mochte.
    »Möchten Sie ein Bier, Pete?« fragte sie.
    Er ließ sich in einem Schaukelstuhl nieder. »Ich bin heute der Fahrer - also nehme ich lieber Kaffee.«
    »Kay - was darf ich Ihnen bringen?« »Auch Kaffee, bitte.«
    »Ich freue mich so, Sie endlich kennenzulernen«, sagte sie – und sie meinte es offensichtlich ernst. »Ben hat mir schon seit Jahren von Ihnen erzählt. Er hält sehr viel von Ihnen.«
    »Danke sehr.« Das Kompliment verblüffte mich - aber das Folgende traf mich wie ein Schock.
    »Als wir Mark das letzte Mal sahen, mußte er mir versprechen, Sie zum Essen mitzubringen, wenn er wieder in Quantico wäre.«
    »Das ist nett«, brachte ich mit einem mühsamen Lächeln hervor. Wesley erzählte ihr also nicht alles. Der Gedanke, daß Mark in Virginia gewesen sein könnte, ohne sich bei mir zu melden, schmerzte fast körperlich.
    Als sie hinausging, um nach dem Essen zu sehen, fragte Marino: »Haben Sie in letzter Zeit was von ihm gehört?«
    »Denver ist schön«, antwortete ich ausweichend.
    »Wenn Sie mich fragen - ich finde das Ganze zum Kotzen: Zuerst versetzen sie ihn nach Quantico, und dann verfrachten sie ihn für irgendeinen Geheimauftrag nach Westen. Noch ein Grund, warum man mich auch für Millionen nicht dazu brächte, bei dem Verein einzusteigen.«
    Ich antwortete nicht.
    »Und Privatleben gibt's nicht«, fuhr er fort. »Der altbekannte Satz trifft's genau: Wenn Hoover gewollt hätte, daß du Frau und Kinder hast, hätte er dir keine Dienstmarke gegeben.«
    »Hoover ist doch alter Schnee.« Ich starrte auf die Bäume hinaus, die sich im Wind wiegten. Es sah aus, als würde es bald wieder regnen - und diesmal richtig.
    »Kann schon sein - aber auch heute hat man bei dem Job kein Privatleben.«
    »Haben wir das denn, Marino?«
    »Stimmt auch wieder.«
    Schritte kamen näher, und dann trat Wesley ein. Er war noch in »Arbeitskleidung«: eleganter grauer Anzug und dezente Krawatte zu weißem Hemd mit gestärktem Kragen. Letzteres hatte den Tag fast ohne Knitterfalten überstanden - sein Träger hingegen wirkte strapaziert.
    »Hat Connie Ihnen schon etwas zu trinken angeboten?«
    »Unser Kaffee kommt gleich«, beruhigte ich ihn.
    Er sank in einen Sessel und schaute auf seine Uhr. »Wir werden in etwa einer Stunde essen.«
    »Ich habe keinen Pieps von Morrell gehört«, eröffnete Marino das Gespräch.
    »Kein Wunder: Es gibt keine neuen Erkenntnisse. Keine brauchbaren jedenfalls.«
    »Ich sage ja nur, daß ich nichts von ihm gehört habe.«
    Sein Gesicht war ausdruckslos. Obwohl er sich nicht bei mir beschwert hatte, vermutete ich, daß er sich wie ein Quarterback fühlte, der die Saison auf der Ersatzbank zubrachte. Er hatte gute Zusammenarbeit mit Detectives aus anderen Gerichtsbezirken stets begrüßt - und die war auch eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren von VICAP in Virginia gewesen. Dann war das erste Pärchen verschwunden. Und das zweite. Und plötzlich sprachen die Kollegen nicht mehr miteinander. Nicht mit Marino und nicht mit mir.
    »Die Ermittlungen stecken in einer

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