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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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geboren und italienischer Abstammung -, und plötzlich fand ich mich inmitten der Reichen und Schönen. Obwohl ich mich meiner Herkunft nicht schäme, fühlte ich mich gesellschaftlich gesehen minderwertig.
    Mark James gehörte zur Oberschicht. Der hochgewachsene, Selbstsicherheit ausstrahlende Mann fiel mir auf, lange bevor ich seinen Namen erfuhr.
    Wir begegneten uns zum erstenmal in der Universitätsbibliothek zwischen spärlich beleuchteten Regalen. Nie werde ich das intensive Grün seiner Augen vergessen, mit denen er mich ernsthaft ansah, als wir über ein Thema zu diskutieren begannen, an das ich mich nicht mehr erinnere. Schließlich gingen wir in eine Bar, tranken Kaffee und redeten bis in die frühen Morgenstunden. Danach sahen wir uns fast jeden Tag.
    Ein Jahr lang schliefen wir kaum, weil wir das Gefühl nicht ertragen konnten, voneinander getrennt zu sein - und natürlich war ich wie alle Verliebten davon überzeugt, daß dieser Zustand niemals enden würde, und weigerte mich eine ganze Weile, die Ernüchterung zur Kenntnis zu nehmen, die sich im zweiten Jahr wie ein feuchtkalter Schleier über unsere Beziehung legte. Als ich meinen Abschluß an der Universität mit dem Verlobungsring eines anderen am Finger machte, war ich überzeugt, über Mark hinweg zu sein - bis er vor nicht allzulanger Zeit plötzlich wieder in mein Leben trat.
    »Tony war wohl so was wie ein sicherer Hafen für dich«, beurteilte Abby meinen Exmann, als wir mit einer Flasche Cognac in der Küche saßen.
    »Er war zuverlässig - und das erschien mir anfangs sehr erstrebenswert.«
    »Leuchtet mir ein«, nickte sie. »Ich habe im Laufe meines jammervollen Liebeslebens auch schon so entschieden.« Sie nippte an ihrem Drink. »Ich habe eine leidenschaftliche Affäre - was allerdings nur alle heiligen Zeiten vorkommt -, und wenn sie endet, fühle ich mich wie ein verwundeter Soldat, der vom Schlachtfeld humpelt. Und dann finde ich mich in den Armen eines Burschen wieder, der die Ausstrahlung einer Mülltonne hat und verspricht, für mich zu sorgen.«
    »Klingt gut.«
    »Du sagst es«, stimmte sie bitter zu. »Nur soll man die sogenannte Fürsorge als Haushälterin abarbeiten.«
    »So sah Tony es auch«, sagte ich.
    »Was ist denn aus ihm geworden?«
    «»Keine Ahnung - ich habe ewig nichts von ihm gehört.«
    »Geschiedene sollten doch wenigstens Freunde bleiben«, fand Abby.
    »Er wollte aber nicht mein Freund sein.«
    »Denkst du noch an ihn?«
    »Man kann jemanden, mit dem man sechs Jahre gelebt hat, nicht vergessen - wiederhaben möchte ich ihn allerdings nicht. Aber ich habe keinerlei Groll gegen ihn. Ich hoffe, es geht ihm gut.«
    »Warst du in ihn verliebt, als ihr geheiratet habt?«
    »Ich glaubte es.«
    »Verstehe. Aber aus dem, was du mir jetzt erzählt hast, schließe ich, daß du nie aufgehört hast, Mark zu lieben.«
    Ich goß uns Cognac nach. Wir würden uns morgen entsetzlich fühlen.
    »Ich finde es sensationell, daß ihr nach so vielen Jahren noch mal zusammengefunden habt«, fuhr sie fort. »Und egal, was passiert ist - ich bin sicher, daß Mark auch nicht aufgehört hat, dich zu lieben.«
    Als er wiederauftauchte, war es, als hätten wir in den Jahren der Trennung in fremden Ländern gelebt, die wir einander nicht beschreiben konnten: Es war uns nicht möglich, dem anderen zu vermitteln, was wir in der Zwischenzeit empfunden hatten. Mark erzählte mir, er habe geheiratet und seine Frau sei durch einen Autounfall umgekommen. Er hatte seine Anwaltskanzlei aufgegeben und war beim FBI eingestiegen. Wenn wir zusammen waren, erfüllte uns ein Hochgefühl, und wir erlebten die wundervollsten Tage seit unserem ersten Jahr in Georgetown. Natürlich war die Beziehung auch diesmal nicht von Dauer. Die Geschichte hat die unschöne Eigenschaft, sich zu wiederholen.
    »Ich glaube nicht, daß seine Versetzung nach Denver seine Schuld war«, sagte Abby.
    »Er traf eine Entscheidung - und ich auch.«
    »Und du wolltest ihn nicht begleiten?«
    »Ich war der Grund dafür, daß er den Posten annahm, Abby: Er wollte weg von mir.«
    »Gleich bis ans andere Ende des Landes? Ziemlich übertrieben, finde ich.«
    »Wenn Menschen wütend sind, handeln sie oft übertrieben. Und machen manchmal große Fehler.«
    »Und wahrscheinlich ist er zu stur, um zuzugeben, daß er einen Fehler gemacht hat.«
    »Er ist stur - ich bin stur. Keiner von uns gewinnt einen Preis, wenn es um Kompromisse geht. Ich habe meine Karriere, und er hat seine. Er war in

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