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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Rückspiegel, bevor wir die Sixty-Four verließen. Knapp dreißig Meter später bog sie in den Parkplatz des Seven-Eleven ein, der auf den ersten Blick verlassen wirkte, und seufzte erleichtert. »Alles klar, soweit!« Sie parkte neben dem VW, der dicht bei den Glastüren stand, und zog den Zündschlüssel ab. »Kein Polizeiauto in Sicht auf den letzten dreißig Kilometern.«
    »Unverschämtes Glück«, sagte ich und entkrampfte meine angespannten Muskeln.
    Die Nacht war wann, die Luftfeuchtigkeit hoch, und ein Dunstschleier verhinderte den Blick auf die Sterne. Ein junger Mann mit einer Zwölferpackung Bier kam uns entgegen, als wir in die künstliche Kühle des Supermarkts traten. In einer Ecke blinkten Videospiele, und hinter der Kasse füllte eine Angestellte das Zigarettenregal auf. Blondiertes, dauergewelltes Haar umgab ihren Kopf wie eine verfilzte Aura. Die schlanke Gestalt steckte in einem kurzen orange-weiß karierten Kittel und hautengen schwarzen Jeans. Die langen Fingernägel leuchteten blutrot. Das Mädchen konnte kaum älter sein als achtzehn, doch sie hatte ein erschreckend hartes Gesicht - als sei sie von einem Fahrrad mit Stützrädern übergangslos auf eine Harley-Davidson umgestiegen.
    »Ellen Jordan?« fragte Abby.
    Überraschung - und Mißtrauen. »Wer will das wissen?«
    »Abby Tumbull.« Abby streckte ihr die Hand hin.
    Ellen schüttelte sie schlaff. »Aus Washington«, fügte Abby hinzu. »Von der Post.«
    »Von welcher Post?«
    »Von der Washington Post.«
    »Oh.« Gelangweilte Ablehnung. »Die führen wir schon - gleich da drüben.« Sie deutete auf einen Zeitungsständer in der Nähe der Tür.
    Unbehagliches Schweigen.
    »Ich bin Reporterin bei der Post«, erklärte Abby.
    Die Augen des Mädchens leuchteten auf. »Kein Witz?«
    »Kein Witz. Ich hätte Ihnen gerne ein paar Fragen gestellt.«
    »Für eine Story, meinen Sie?«
    »Ja. Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Was wollen Sie wissen?« Ihre Miene zeigte deutlich die Begeisterung über die plötzlich erlangte Wichtigkeit.
    »Es geht um das Pärchen, das Freitagabend vor einer Woche kurz nach neun hier war. Ein Junge und ein Mädchen - etwa in Ihrem Alter.«
    »Ach - die beiden, die verschwunden sind! An die erinner' ich mich« nickte sie eifrig. »Mann - hätte ich denen bloß nie geraten, zu dem Rastplatz zu fahren! Aber das erste, was man uns bei der Einstellung einbleut, ist, daß wir die Kundschaft nicht die Toilette benutzen lassen dürfen. Mir persönlich würd's nichts ausmachen - und das Mädchen tat mir richtig leid. Mann - ich wünschte, ich hätt'sie reingelassen.«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte Abby freundlich.
    »Ich fand's ganz schön peinlich«, gestand Ellen. »Wissen Sie - als sie wegen der Toilette fragte, stand ihr Freund direkt neben ihr. Sie wollte ihren Tampon wechseln. Also - ich würde mir eher die Zunge abbeißen, als so was in Gegenwart von einem Jungen zu sagen.«
    »Woher wissen Sie, daß er ihr Freund war?«
    Ellen sah sie verwirrt an. »Das konnte man sehen. Die mochten sich. Das erkennt man doch, wie Leute miteinander umgehen - jedenfalls, wenn man drauf achtet. Ich habe in dem Job viel Gelegenheit, Leute zu studieren - kommen eine Menge rein, die auf dem Weg in die Ferien sind. Bei Ehepaaren sehe ich gleich, ob sie bloß von der Fahrt genervt sind oder von den Kindern, oder sich nicht grün sind. Aber die beiden, die Sie meinen, waren ganz süß zueinander.«
    »Haben sie sonst noch was gesagt - abgesehen von der Tampon Geschichte?«
    »Wir unterhielten uns, während ich den Einkauf eintippte - wie man eben so redet«, antwortete Ellen. »Ich sagte das Übliche: "Schöne Nacht für eine Fahrt" und "Wo soll's denn hingehen?".
    »Und - haben sie es Ihnen gesagt?«
    »Was?«
    »Wo sie hinwollten.«
    »Ja: Ans Meer. Das weiß ich genau, weil ich richtig neidisch wurde. Ich sagte ihnen, was sie für ein Glück hätten. Alle Leute sind zu den tollsten Orten unterwegs, und ich sitze hier fest. Außerdem ist es auch noch mit meinem Freund aus, und mir wird immer ganz elend, wenn ich ein Pärchen sehe, das sich gut versteht.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Abby lächelte mitfühlend. »Ist Ihnen an den beiden noch etwas aufgefallen?«
    Das Mädchen dachte nach. »Eigentlich nicht - außer, daß sie in Eile waren. Wahrscheinlich, weil die Kleine dringend eine Toilette brauchte. Aber sie waren sehr nett. Wissen Sie - es kommt oft vor, daß Kunden die Toilette benutzen wollen, und wenn ich ihnen sage, daß das nicht

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