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Das fünfte Paar

Das fünfte Paar

Titel: Das fünfte Paar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ein Dessert, Sie alberner Kerl. Eine Spezialität von mir: Schokoladenmousse mit Ladyfingers.«
    »Ladyfingers?« Mit gespieltem Entsetzen schaute er in Richtung Leichenhalle.
    Die verschneiten Straßen gestatteten nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit, und ich war so angespannt, daß mir fast der Kopf platzte, als ich endlich in meiner Küche stand und mir einen Drink eingoß. Ich setzte mich an den Tisch und rief Benton Wesley an.
    Er kam sofort zur Sache. »Was haben Sie herausgefunden?«
    »Deborah Harvey wurde in den Rücken geschossen.« »Das hat mir Morrell schon mitgeteilt. Er sagte, das Kaliber sei sehr ungewöhnlich: Hydra-Shok, neun Millimeter.«
    »Richtig.«
    »Und was ist mit ihrem Freund?«
    »Ich weiß nicht, woran er gestorben ist. Ich warte noch auf die toxikologischen Befunde und muß mit Vessey vom Smithsonian sprechen. Vorläufig sind die Fälle noch in der Schwebe.«
    »Je länger, desto besser.«
    »Wie meinen Sie das?«.
    »Ich meine damit, daß es mir sehr recht ist, wenn Sie sie so lange wie möglich in diesem Zustand halten. Geben Sie keine Berichte raus - ganz besonders nicht an Pat Harvey. Ich möchte nicht, daß bekannt wird, daß auf Deborah geschossen wurde...«
    »Soll das heißen, daß die Harveys es nicht wissen?«
    »Als Morrell mich informierte, nahm ich ihm das Versprechen ab, den Mund zu halten. Nein - sie wissen es nicht. Jedenfalls nicht von der Polizei...«
    Ich hörte die unausgesprochene Frage sehr wohl. »Mrs. Harvey hat mich mehrfach zu erreichen versucht, aber ich habe in den letzten Tagen nicht mit ihr gesprochen - und auch mit kaum jemandem sonst.«
    »Bleiben Sie dabei«, sagte Wesley im Befehlston. »Und Informationen geben Sie ausschließlich an mich.«
    »Irgendwann - und zwar bald«, glich ich meinen Tonfall dem seinen an, »werde ich die Todesursache bekanntgeben müssen. Die Angehörigen von Fred wie die von Deborah haben gesetzlichen Anspruch darauf.«
    »Zögern Sie es so lange wie möglich hinaus.«
    »Würden Sie mir netterweise sagen, weshalb?« Schweigen.
    »Benton?«
    »Ja - ich bin noch da. Tun Sie nichts, ohne vorher mit mir gesprochen zu haben.« Und nach einem kurzen Zögern setzte er hinzu: »Ich nehme an, Sie wissen von dem Buchvertrag, den Abby Turnbull abgeschlossen hat.«
    »Ich habe eine Meldung darüber gelesen«, sagte ich knapp. »Hat sie wieder Kontakt mit Ihnen aufgenommen? Kürzlich?«
    Wieder? Woher wußte Benton Wesley, daß Abby mich im Herbst besucht hatte? Natürlich! Der Teufel soll dich holen, Mark! Als er damals anrief, hatte ich ihm erzählt, daß Abby da sei.
    »Ich habe nichts von ihr gehört«, antwortete ich kühl.

6
    Am Montag morgen war die Straße vor meinem Haus unter einer dicken Schneedecke verschwunden, und der graue Himmel verhieß eine Fortsetzung der weißen Heimsuchung. Ich machte mir Kaffee und dachte darüber nach, ob es ratsam sei, unter diesen Umständen die Fahrt nach Washington zu wagen. Um meiner Unentschlossenheit ein Ende zu machen, rief ich schließlich bei der Staatspolizei an, wo ich erfuhr, daß die I-95 in Richtung Norden frei sei, die Schneehöhe bei Fredericksburg nur zwei Zentimeter betrage.
    Ich war schon ein gutes Stück gefahren, als mir der Gedanke kam, daß ich im Falle einer Verkehrskontrolle Schwierigkeiten haben könnte, zu erklären, weshalb ich in einem Privatwagen mit einer Schachtel unterwegs war, die menschliche Knochen enthielt. Manchmal genügte es nicht, daß ich meine Messingplakette vorzeigte. Nie würde ich den Tag vergessen, an dem ich als Reisegepäck für einen Flug nach Kalifornien eine große Tasche mit sadomasochistischem »Werkzeug« mitführte. Als sie durchleuchtet wurde, hatte ich im Handumdrehen die Flughafensicherung auf dem Hals und wurde zu einem regelrechten Verhör geschleppt. Die unfreundlichen Herren ließen sich nur mit großer Mühe davon überzeugen, daß ich forensische Pathologin und auf dem Weg zur Jahresversammlung der National Association of Medical Examiners war, wo ich das autoerotische Hervorrufen eines Erstickungszustandes demonstrieren sollte. Die Handschellen, mit Ziernägeln besetzte Halsbänder, Lederfesseln und das andere seltsame Zubehör waren Beweisstücke aus abgeschlossenen Fällen.
    Um halb elf unversehrt und unbehelligt in D. C. angekommen, fand ich in der Nähe der Ecke Constitutional Avenue und Twelfth Street entfernt einen Parkplatz. Ich war nicht mehr im Smithsonian National Museum of Natural History gewesen, seit ich vor mehreren

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