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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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fand er diesen Harry gar nicht unsympathisch.
    » Der Drudenfuß «, flüsterte Harry.
    » Hä? «
    Doch der Polizist hatte sich bereits an Falkeid gewandt: » Bitte Delta 1 oder wie die da heißen, sich bereitzumachen, in Zimmer 406 zu gehen. Warte, bis du mich auf dem Bildschirm hast. «
    Der Polizist war aufgestanden und hatte eine Pistole gezogen, die Otto von einem seiner Internetbesuche auf der Seite » Han d guns « kannte. Glock 21. Er verstand nicht, was, nur dass etwas vor sich ging. Etwas. Möglicherweise doch noch der große Coup.
    Der Polizist war bereits durch die Tür.
    » Alpha an Delta 1 «, sagte Falkeid und ließ den Knopf des Funkgeräts los.
    Rauschen. Angenehmes, kitzelndes Sternenrauschen.
     
    H arry blieb im Hauseingang vor der Aufzugstür stehen. Er zögerte eine Sekunde. Packte den Handgriff und zog sie auf. Sein Herz setzte kurz aus, als sein Blick auf das schwarze Gitter fiel. Das Schiebegitter.
    Er ließ die Tür los, als habe er sich verbrannt, ließ sie zufallen. Es war ohnehin zu spät. Das war nichts als der pathetische Schlussspurt, den man in Richtung Bahnsteig einlegt, obwohl man weiß, dass der Zug längst abgefahren ist. Man will einfach noch einen Rest von ihm sehen, ehe er verschwindet.
    Harry nahm die Treppe. Versuchte, ruhig zu gehen. Wann war der Mann hier gewesen? Vor zwei Tagen? Letzte Woche?
    Er konnte nicht mehr, und seine Sohlen klangen auf den Stufen wie Schmirgelpapier, als er zu laufen begann. Er wollte gerne noch einen Rest sehen.
    Im gleichen Moment, als er auf der vierten Etage in den linken Flur einbog, kamen drei schwarze Gestalten aus dem hintersten Zimmer.
    Harry blieb unter dem eingeritzten Stern stehen, der sich weiß von der gelben Wand abhob.
    Unter der Zimmernummer – 406 –stand ein Name. VE L AND. Darunter war ein Zettel mit Klebeband befestigt: BIN VERREIST, MARIUS.
    Er nickte Delta 1 zu. Sie konnten loslegen.
    Sechs Sekunden später war die Tür offen.
    Harry bat die anderen, draußen zu warten, und ging allein ins Zimmer. Leer. Er ließ seinen Blick schweifen. Der Raum war sauber und aufgeräumt. Zu aufgeräumt. Das passte nicht zu dem eingerissenen Iggy Pop-Plakat an der Wand über dem Schlafs o fa. Den paar verknickten Taschenbüchern auf dem Regalbrett über dem aufgeräumten Tisch. Neben den Büchern: fünf, sechs Schlüssel an einem Schlüsselbund mit einem Ring in Form eines Totenkopfes. Das Bild eines lächelnden, sonnengebräunten Mädchens. Freundin oder Schwester, tippte Harry. Zwischen einem Bukowski-Buch und einem Ghettoblaster stand ein weißer, wachsartiger Daumen und machte das optimistische Alles-okay-Zeichen. Roger. Alles easy.
    Harry sah hinüber zu Iggy Pop. Der nackte, magere Oberkö r per. Die selbst zugefügten Narben, der intensive Blick aus den tief liegenden Augen. Ein Mann, der aussah, als habe er eine oder zwei Kreuzigungen hinter sich. Harry berührte den Da u men auf dem Regal. Zu weich für Gips oder Plastik, der Daumen fühlte sich fast wie ein echter Finger an. Kalt, aber echt. Er dachte an den Dildo bei Barli, als er an dem weißen Daumen roch. Ein Gestank nach einer Mischung aus Formalin und Farbe. Harry hielt ihn zwischen zwei Fingern und drückte. Die Farbe blätterte ab. Er zuckte zurück, als er den stechenden Geruch wahrnahm.
     
    » Beate Lønn. «
    » Harry hier. Wie sieht es bei euch aus? «
    » Wir warten noch. Waaler hat sich im Flur aufgebaut un d F räulein Sivertsen und mich in die Küche beordert. So viel zum Thema Gleichberechtigung. «
    » Ich ruf aus Zimmer 406 des Wohnheims an. Er war hier. «
    » Er war hier? «
    » Er hat einen Drudenfuß über der Tür eingeritzt. Der Junge, der hier wohnt, ein Marius Veland, ist verschwunden. Die anderen Bewohner haben ihn seit Wochen nicht mehr gesehen. Und an der Tür hängt ein Zettel, dass er verreist ist. «
    » Nun, vielleicht ist er wirklich verreist? «
    Harry fiel auf, dass Beate manchmal schon klang wie er selbst.
    » Kaum «, sagte er. » Sein Daumen befindet sich noch im Zi m mer. In einer Art einbalsamiertem Zustand. «
    Es wurde still am anderen Ende.
    » Ich hab ein paar von deinen Kollegen bei der Kriminaltec h nik herbestellt. Sie sind auf dem Weg. «
    » Aber ich verstehe das nicht «, sagte Beate. » Habt ihr denn nicht das gesamte Gebäude überwacht? «
    » Jetzt ja, aber nicht vor zwanzig Tagen, als das hier passiert ist. «
    » Zwanzig Tage? Woher weißt du das? «
    » Weil ich die Telefonnummer seiner Eltern gefunden und dort angerufen

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