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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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der den meisten Raum in dem Verschlag einnahm. Er legte die Hand auf einen der Türgriffe und sammelte sich, ehe er den Schrank mit einem Ruck öffnete. Der Geruch von muffigen Kleidern, Staub und Holz strömte ihm entgegen. Er machte die Lampe an. Sah aus, als hätte Marius Veland drei Generationen dunkler Sonntagsa n züge geerbt, die auf der Garderobenstange aufgereiht waren. Harry leuchtete hinein und fuhr mit der Hand über den Stoff. Grobe Wolle. Einer von ihnen war mit einer dünnen Plastikhülle überzogen. Ganz am Rand lehnte ein grauer Kleidersack.
    Harry ließ die Schranktüren zufallen und wandte sich de r r ückwärtigen Seite des Verschlages zu, an der ein paar Gardinen –sie sahen wie selbst genäht aus –über einem Wäscheständer hingen. Harry zog sie weg. Ein offener Rachen mit kleinen, spitzen Zähnen fauchte ihn tonlos an. Was vom Pelz übrig war, schimmerte grau, und auf den braunen Glasaugen musste mal wieder Staub geputzt werden.
    » Marder «, sagte Falkeid.
    » Hmm. « Harry schaute sich um. Es gab nicht mehr viele Stellen, an denen er suchen konnte. Hatte er sich wirklich geirrt?
    Da fiel sein Blick auf den zusammengerollten Teppich. Es schien ein persischer Teppich zu sein, der da an den Masche n draht gelehnt halb bis zur Decke reichte. Harry schob einen kaputten Korbstuhl daneben, kletterte darauf und leuchtete in die Rolle.
    » Hmm «, sagte Harry, stieg wieder vom Stuhl und machte die Lampe aus.
    » Und? «, fragte Falkeid.
    Harry schüttelte den Kopf. Eine plötzliche Wut packte ihn. Er trat gegen die Seite des Schranks, so dass dieser wie eine Bauchtänzerin erbebte. Die Köter kläfften. Einen Drink. Einen Drink, einen schmerzfreien Augenblick. Er drehte sich um, wollte den Verschlag verlassen, als er ein schabendes Geräusch hörte. Als rutschte etwas an einer Wand entlang. Prompt fuhr er herum und sah gerade noch, wie die Schranktür aufflog, ehe ihn der Kleidersack gleichsam ansprang und zu Boden warf.
    Harry begriff, dass er ein paar Sekunden weg gewesen sein musste, denn als er die Augen wieder öffnete, lag er auf dem Rücken und spürte einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf. Er rang nach Atem inmitten der Staubwolke, die von dem trock e nen Holzboden hochgewirbelt war. Das Gewicht des Kleide r sacks hatte die Luft aus seinen Lungen gepresst, und er hatte das Gefühl, ertrinken zu müssen, innen in einem Plasti k sack zu stecken, der mit Wasser gefüllt war. Panisch schlug er um sich. Seine Faust traf die glatte Oberfläche, und er spürte –innen drin –etwas Weiches, das nachgab.
    Harry erstarrte und blieb still liegen. Langsam gelang es ihm, seinen Blick zu fokussieren. Ebenso langsam legte sich das Gefühl zu ertrinken. Und wurde verdrängt von dem Gefühl, ertrunken zu sein.
    Durch eine Schicht aus grauem Plastik erwiderte ein gebr o chener Blick den seinen.
    Sie hatten Marius Veland gefunden.

 
    KAPITEL 30
Samstag. Die Festnahme
    D er Expresszug zum Flughafen glitt draußen silberblank und still wie ein vorsichtiger Hauch vorbei. Beate beobachtete Olaug Sivertsen, die mit leicht vorgeschobenem Kinn immer wieder aus dem Fenster sah. Ihre Lider flatterten. Die faltigen, sehnigen Hände auf dem Küchentisch glichen einer Landschaft, auf die man aus großer Höhe hinabblickt. Die Falten waren Täler, die blauschwarzen Adern Flüsse und die Knöchel Gebirgsketten, über die sich die Haut wie weißgraues Segeltuch spannte. Beate betrachtete ihre eigenen Hände. Sie fragte sich, wie viel ein Paar Hände im Laufe eines Lebens vollbringen konnten. Und wie viel ihnen nicht gelang.
    Um 21.56 Uhr hörte Beate das Gartentor, gefolgt von Schritten im Kies.
    Sie stand auf. Ihr Herz puckerte schnell und leicht wie ein Geigerzähler.
    » Das ist er «, sagte Olaug.
    » Bist du sicher? «
    Olaug lächelte traurig. » Ich habe seinen Schritten da draußen im Kies gelauscht, seit er ein kleiner Junge war. Als er alt genug war, um abends auszugehen, bin ich immer beim zweiten Schritt wach geworden. Er braucht zwölf Schritte. Zähl ruhig mit. «
    Waaler stand plötzlich in der Küchentür. » Da kommt jemand «, sagte er. » Ich will, dass ihr hier bleibt. Egal, was geschieht, okay? «
    » Das ist er «, sagte Beate und deutete mit dem Kopf auf Olaug.
    Waaler nickte kurz. Dann war er wieder verschwunden.
    Beate legte eine Hand auf die der Alten. » Es wird alles gut gehen «, sagte sie.
    » Ihr werdet schon sehen, dass ihr euch irrt «, sagte Olaug und wich ihrem Blick aus.
    Elf,

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