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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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er sich vor. » Haben Sie eine Visitenkarte? «
    »Ja …«
    Gjendem reichte ihm ein weißes Kärtchen mit den blauen gotischen Buchstaben der Aftenposten, die Harry schnell in seine Jackentasche steckte.
    » Um elf ist Deadline. «
    » Wir werden sehen «, sagte Harry.
    Roger Gjendem blieb mit einem fragenden Gesichtsausdruck zurück, während Rakel die Treppe emporstieg, Harrys warme Finger an ihrem Platz.
    Am Eingang stand ein Mann mit einem üppigen Bart, der sie aus tränenfeuchten Augen anlächelte. Rakel erkannte sogleich das Gesicht aus den Zeitungen wieder. Es war Willy Barli.
    » Es freut mich so, dass ich Sie zusammen kommen sehe «, brummte er und breitete die Arme aus. Harry zögerte, wurde aber eingefangen.
    » Sie müssen Rakel sein. « Willy Barli blinzelte ihr über Harrys Schulter zu, während er den großen Mann wie einen wiederg e fundenen Teddybären an sich drückte.
    » Was war denn das? «, fragte Rakel, als sie in der Mitte der vierten Reihe ihre Plätze eingenommen hatten.
    » Männliche Affektiertheit «, sagte Harry. » Er ist Künstler. «
    » Das nicht. Sondern dass du kein Polizist bist. «
    » Ich hatte gestern meinen letzten Arbeitstag im Polizeipräsid i um. «
    Sie starrte ihn an. » Warum hast du nichts gesagt? «
    » Ich habe etwas gesagt. An diesem Tag im Garten. «
    » Und was willst du jetzt machen? «
    » Etwas anderes. «
    » Was? «
    » Etwas ganz anderes. Ein Freund hat mir ein Angebot g e macht. Ich habe angenommen. Hoffentlich führt das dazu, dass ich mehr Zeit habe. Ich erzähl dir später mehr davon. «
    Der Vorhang hob sich.
     
    A pplaus brandete auf, als der Vorhang fiel, und hielt mit unverminderter Stärke beinahe zehn Minuten an.
    Die Schauspieler verbeugten sich in immer neuen Formati o nen, bis sie nichts mehr eingeübt hatten und einfach stehen blie ben und den Beifall entgegennahmen.
    Bravorufe tönten jedes Mal durch den Saal, wenn Toya Harding einen Schritt vortrat, um sich noch einmal zu verbe u gen, und zu guter Letzt wurden alle, die etwas zu dem Stück beigetragen hatten, auf die Bühne gerufen. Willy Barli umarmte Toya Harding, und auf der Bühne und im Saal flossen die Tränen.
    Sogar Rakel musste das Taschentuch zücken, während sie Harrys Hand drückte.
     
    » Ihr seht aber seltsam aus «, sagte Oleg vom Rücksitz aus. » Stimmt was nicht? «
    Synchron schüttelten Rakel und Harry die Köpfe. » Seid ihr jetzt wieder Freunde? Ist es das? «
    Rakel lächelte. » Wir waren immer Freunde, Oleg. «
    » Harry? «
    » Ja, Chef? « Harry blickte in den Rückspiegel.
    » Bedeutet das, dass wir bald wieder ins Kino gehen können? In einen Film für Jungs? «
    » Vielleicht. Aber nur in einen richtigen Jungsfilm. «
    » Ach ja? «, sagte Rakel. » Und was soll ich dann tun? «
    » Dann kannst du mal mit Olav und Søs spielen «, sagte Oleg voller Eifer. » Das ist wirklich total cool, Mama. Olav hat mir Schach beigebracht. «
    Harry fuhr auf den Platz vor dem Haus und hielt an, ließ den Motor aber laufen. Rakel gab Oleg die Schlüssel und ließ ihn raus. Sie sahen ihm nach, wie er über den Kies rannte.
    » Mein Gott, ist der groß geworden «, sagte Harry.
    Rakel legte ihren Kopf auf Harrys Schulter. » Kommst du mit rein? «
    » Nicht jetzt. Es gibt eine letzte Sache, die ich auf der Arbeit noch regeln muss. «
    Sie streichelte ihm mit der Hand über die Wange. » Du kannst auch später kommen. Wenn du willst. «
    » Hmm. Hast du dir das gut überlegt, Rakel? «
    Sie seufzte, schloss die Augen und legte ihre Stirn an seinen Hals. » Nein. Und ja. Ich fühl mich, als würde ich aus einem brennenden Haus springen. Zu fallen ist besser als zu verbre n nen. «
    » Auf jeden Fall. Bis du unten aufschlägst. «
    » Letztendlich gibt es doch gewisse Parallelen zwischen dem Fallen und dem Leben. Unter anderem beschreiben beide einen vorübergehenden Zustand. «
    Sie saßen still nebeneinander und blickten sich an, während sie auf den unruhigen Takt des Motors lauschten. Dann legte Harry einen Finger unter ihr Kinn und küsste sie. Rakel hatte das Gefühl, den Halt zu verlieren, die Balance, die Fassung, und es gab nur einen, an den sie sich klammern konnte –und der brach te sie dazu, gleichzeitig zu fallen und zu verbrennen.
    Sie wusste nicht, wie lange sie sich geküsst hatten, als er sich vorsichtig von ihr frei machte.
    » Ich lasse die Tür auf «, flüsterte sie.
    Sie hätte wissen müssen, dass das dumm war.
    Sie hätte wissen müssen, dass das

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