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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ich abfällig über Camilla rede. Er wird dann jedes Mal ganz wütend. Obwohl wir sie doch so gut wie gar nicht kannten. «
    » Was wolltest du denn Schlechtes über sie sagen? «
    Sie zuckte mit den Schultern.
    » Ich finde, da ist nichts weiter dabei. Allerdings meint Anders das. Muss wohl an der Erziehung liegen. Ich glaube, er ist im Grunde der Meinung, Frauen dürften im Leben nur mit einem Mann Sex haben. «
    Sie drückte die Zigarette aus und fügte mit leiser Stimme hinzu: » Wenn überhaupt. «
    » Hmm. Und Camilla hatte Sex mit mehr als einem? «
    » Das kannst du wohl sagen. «
    » Woher weißt du das, ist es bei euch so hellhörig? «
    » Nicht zwischen den Etagen. Deshalb haben wir im Winter nicht viel gehört. Aber im Sommer, bei offenem Fenster. Du weißt ja, die Geräusche … «
    » … übertragen sich gut in diesen Innenhöfen. «
    » Genau. Anders ist dann immer aufgestanden und hat das Schlafzimmerfenster zugeknallt. Und wenn ich was gesagt hab wie › na, der geht ’ s aber gut ‹, konnte er so wütend werden, dass er auf dem Sofa weitergeschlafen hat. «
    » Und du hast versucht, mich zu erreichen, um mir das zu erzählen? «
    » Ja, das und noch etwas. Ich habe einen Anruf erhalten. Zuerst dachte ich, es wäre Anders, aber in der Regel erkenne ich es an den Hintergrundgeräuschen, wenn er es ist. Er ruft meist von irgendeiner Straße in irgendeiner europäischen Stadt aus an. Das Witzige ist, dass die Geräusche immer gleich klingen, als sei es jedes Mal der gleiche Ort. Egal. Dieses Mal klang es anders. Normalerweise hätte ich wohl einfach aufgelegt und mir keine weiteren Gedanken darüber gemacht, aber nach dem, was mit Camilla geschehen ist, und jetzt, wo Anders auf Reisen ist … «
    » Ja? «
    » Nein, ich meine, es war ja nichts Dramatisches. « Sie lächelte müde.
    Harry mochte ihr Lächeln.
    » Nur einer, der in den Hörer geatmet hat. Aber ich fand das irgendwie beklemmend. Deshalb wollte ich es dir sagen. Waaler meinte, er wolle die Sache überprüfen, aber die haben bestimmt nicht herausgefunden, von welchem Anschluss der Anruf kam. Es soll doch vorkommen, dass ein Mörder an den Tatort zurückkehrt, nicht wahr? «
    » Ich glaube, das gibt es nur in Krimis «, sagte Harry. » Ic h w ürde mir nicht allzu viel Gedanken darüber machen. « Er drehte das Glas in den Händen. Die Medizin hatte zu wirken begonnen. » Du und dein Lebensgefährte, ihr kennt nicht zufällig Lisbeth Barli? «
    Vibeke sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an: » Die verschwundene Frau? Woher sollten wir die denn kennen? «
    » Ja, woher solltet ihr? «, murmelte Harry und fragte sich, wie er überhaupt auf die Frage gekommen war.
     
    E s war kurz vor zehn, als sie auf dem Bürgersteig vor dem Underwater standen.
    Harry musste beide Beine fest in den Boden stemmen.
    » Ich wohn gleich da drüben «, sagte er. » Wie wär ’ s mit … «
    Vibeke legte den Kopf schräg und lächelte: » Sag jetzt nichts, was du hinterher bereust, Harry. «
    » Bereuen? «
    » Die ganze letzte halbe Stunde hast du mir nur von dieser Rakel vorgeschwärmt. Hast du das etwa vergessen? «
    » Sie will mich nicht mehr, das habe ich doch gesagt. «
    » Nein. Und eigentlich willst du mich nicht wirklich. Du willst Rakel. Oder eine Ersatz-Rakel. « Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. » Und vielleicht könnte ich mir sogar vorstellen, das für eine Weile zu sein, wenn die Dinge anders lägen. Aber das tun sie nicht. Und Anders kommt bald nach Hause. «
    Harry zuckte mit den Schultern und machte einen Schritt zur Seite. » Dann lass mich dich wenigstens nach Hause bringen «, nuschelte er.
    » Das sind zweihundert Meter, Harry. «
    » Die schaffe ich noch. «
    Vibeke lachte laut und hakte sich bei ihm ein.
    Sie ließen sich langsam über den Ullevålsvei treiben, während Autos und kreisende Taxen vorbeifuhren und die Abendluft ihre Haut liebkoste, wie sie das nur in Oslo im Juli kann. Harry lauschte dem gleichmäßigen Plätschern ihrer Stimme und fragte sich, was Rakel gerade tat.
    Vor dem schwarzen, schmiedeeisernen Tor blieben sie stehen.
    » Gute Nacht, Harry. «
    » Hmm. Nimmst du den Fahrstuhl? «
    » Warum? «
    » Ach nichts. « Harry schob die Hände in die Hosentaschen und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. » Sei vorsichtig, gute Nacht. «
    Vibeke trat lächelnd einen Schritt zurück, und Harry sog ihren Duft ein, als sie ihm einen Kuss auf die Wange gab.
    » In einem anderen Leben, wer weiß? «
    Die Tür fiel

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