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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Seele zu verka u fen. Doch aus irgendeinem Grund hatte er es gelassen. Sie hatte schon so genug, woran sie denken musste. Und Møller davon zu berichten hätte nur Stunk gegeben. Diesen Gedanken hatte er sofort wieder fallen lassen.
    Harry hatte sein zweites Bier halb geleert, als er sie bemerkte. Sie saß allein im Halbdunkel an einem der Tische neben der Wand und lächelte ihn an. Auf dem Tisch vor ihr stand ein Bier und zwischen dem Zeige-und Mittelfinger der rechten Hand steckte eine Zigarette.
    Harry nahm sein Glas und ging zu ihr hinüber. » Darf ich mich setzen? «
    Vibeke Knutsen deutete auf den freien Stuhl. » Was machst du denn hier? «
    » Ich wohn ganz in der Nähe «, sagte Harry.
    » Das habe ich schon mitbekommen, aber hier hab ich dich noch nie gesehen. «
    » Nein. Meine Stammkneipe und ich haben unterschiedliche Ansichten über einen Zwischenfall in der letzten Woche. «
    » Hausverbot? « Sie lachte leise.
    Harry gefiel das. Und er fand, dass sie gut aussah. Vielleicht machte das die Schminke. Und das dunkle Licht. Was sonst? Er mochte ihre Augen, sie waren lebendig und verspielt. Kindlich und klug. Wie die von Rakel. Doch da endete auch schon die Ähnlichkeit. Rakel hatte einen schmalen, gefühlvollen Mund, während Vibekes groß war und durch den signalroten Lippe n stift noch stärker betont wurde. Rakel kleidete sich diskret und elegant. Sie war schlank, fast wie eine Ballerina, ohne üppige Formen. Vibekes Top hatte heute Tigerstreifen, was als Blic k fang ebenso effektiv wa r w ie der Leopard und das Zebra. Das meiste an Rakel war dunkel. Die Augen, die Haare, die Haut. Nie zuvor hatte er eine derart glühende Haut gesehen wie bei ihr. Vibeke war rothaarig und blass, ihre nackten, übereinander geschlagenen Beine leuchteten weiß im Halbdunkel.
    » Und was tust du hier alleine? «, fragte er.
    Sie zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus dem Glas. » Anders ist unterwegs und kommt erst heute Abend wie der. Deshalb gönne ich mir eine kleine Abwechslung. «
    » Ist er weit weg? «
    » Irgendwo in Europa. Du weißt, wie das ist. Sie sagen dir nie, wo. «
    » Was macht er eigentlich beruflich? «
    » Er verkauft Ausrüstungsgegenstände für Kirchen und G e betshäuser. Altartafeln, Priestergewänder, Kreuze und so etwas. Neu und gebraucht. «
    » Hmm. Und das in ganz Europa? «
    » Wenn eine Kirche in der Schweiz eine neue Kanzel braucht, kann die durchaus in Ålesund hergestellt worden sein. Und möglicherweise landet die alte dann restauriert in Narvik oder Stockholm. Er ist die ganze Zeit unterwegs, ist mehr weg als zu Hause. Vor allem in der letzten Zeit. Eigentlich seit dem letzten Jahr. «
    Sie nahm einen Zug von der Zigarette und fügte dann hinzu: » Aber er ist nicht gläubig. «
    » Nicht? «
    Sie schüttelte den Kopf, während der Rauch in dicken Schw a den zwischen ihren roten Lippen mit den zahlreichen kleinen Fältchen auf der Oberlippe hervorquoll.
    » Seine Eltern gehörten der Pfingstlerbewegung an, und er ist mit all diesem Zeug aufgewachsen. Ich war nur bei einer Ver sammlung dabei, aber weißt du was? Ich finde das Ganze höchst unangenehm. Und wenn die erst mit ihrem Zungengerede anfangen. Warst du schon mal auf so ’ ner Versammlung? «
    » Zweimal «, sagte Harry, » in der Philadelphia-Gemeinde. «
    » Haben die versucht, dich zu bekehren? «
    » Nix da. Ich war bloß dort, um einen Kerl zu finden. Er hatte versprochen, eine Zeugenaussage zu machen. «
    » Ja, ja, wenn du auch Jesus nicht gefunden hast, so hast du wenigstens einen Zeugen gefunden. «
    Harry schüttelte den Kopf. » Sie sagten, er komme nicht mehr zu den Versammlungen, und er war auch unter keiner seiner Adressen zu finden. Nein, ich wurde nicht bekehrt! Weiß Gott nicht. «
    Harry leerte sein Bier und machte ein Zeichen in Richtung Bar.
    Vibeke zündete sich eine neue Zigarette an. » Ich habe heute vergeblich versucht, dich zu erreichen «, sagte sie. » Auf der Arbeit. «
    » Ach? «
    Harry dachte an das Atmen auf dem Anrufbeantworter.
    » Ja, aber mir wurde gesagt, das sei nicht dein Fall. «
    » Wenn es um Camilla Loen ging, dann stimmt das auch. «
    » Ich hab dann mit diesem anderen gesprochen, der bei uns war. Diesem Aufschneider. «
    » Tom Waaler? «
    » Ja. Ich habe ihm ein paar Sachen über Camilla erzählt. So Sachen, die ich nicht sagen konnte, als du bei uns warst. «
    » Warum nicht? «
    » Weil Anders da war. «
    Sie nahm einen tiefen Zug. » Er kann es nicht leiden, wenn

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