Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
mit einem glatten, geölten Klicken hinter ihr ins Schloss. Harry blieb stehen, um sich zu orientieren, als etwas im Schaufenster vor ihm sein Interesse weckte. Es war nicht die Auswahl der Grabsteine, sondern ein Spiegelbild in der Scheibe. Ein rotes Auto am Straßenrand auf der anderen Seite. Hätte sich Harry auch nur ein bisschen für Autos interessiert, hätte er möglicherweise gewusst, dass das exklusive Spielzeug ein Tommykaira ZZ-R war.
    » Zum Teufel mit dir «, flüsterte Harry und trat auf die Straße. Ein Taxi rauschte mit lautem Hupen an ihm vorbei.
    Harry wankte zu dem Sportwagen hinüber und stellte sich neben die Fahrertür. Eine getönte Scheibe glitt lautlos nach unten.
    » Was zum Teufel machst du hier? «, fauchte Harry. » Spionierst du mir nach? «
    » Guten Abend, Harry. « Tom Waaler gähnte. » Ich überwache die Wohnung von Camilla Loen. Beobachte, wer kommt und geht. Weißt du, es ist nicht bloß eine Floskel, dass der Täter manchmal an den Tatort zurückkehrt. «
    » Doch, das ist es. «
    » Nun, es ist –wie du vielleicht weißt –das Einzige, was wir haben. Der Täter hat uns kaum Anhaltspunkte geliefert. «
    » Der Mörder «, korrigierte Harry.
    » Oder die Mörderin. «
    Harry zuckte mit den Schultern und trat einen Schritt zur Seite. Die Beifahrertür flog auf.
    » Steig ein, Harry. Ich will mit dir reden. «
    Harry blinzelte zur offenen Tür. Zögerte. Versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Dann ging er um das Auto herum und stieg ein.
    » Hast du darüber nachgedacht? «, fragte Waaler und stellte die Musik leiser.
    » Ja, das habe ich «, sagte Harry und wand sich in dem engen Schalensitz.
    » Und bist du zur richtigen Antwort gelangt? «
    » Du scheinst ja rote japanische Sportwagen zu mögen. « Harry hob die Hand und schlug auf das Armaturenbrett. » Solide Sache. Sag mal … «, Harry bemühte sich, deutlich zu sprechen, » war das so eine Karre, in der du und Sverre Olsen euch unterhalten habt, in Grünerløkka an dem Abend, an dem Ellen ermordet wurde? «
    Waaler sah Harry lange an, ehe er den Mund öffnete und antwortete. » Harry, ich habe keine Ahnung, wovon du redest. «
    » Nicht? Du wusstest, dass Ellen herausgefunden hatte, dass du der Hintermann der Waffenschmugglerliga bist, nicht wahr? Und du hast dafür gesorgt, dass Sverre Olsen sie tötete, bevor sie es jemandem weitererzählen konnte. Und als dir zu Ohren kam, dass ich Sverre Olsen auf den Fersen war, hast du alles so arrangiert, als hätte er während der Festnahme zur Waffe gegriffen. Genau wie bei dem Kerl im Containerhafen. Es scheint ja eine Spezialität von dir zu sein, lästige Verdächtige zu exekutieren. «
    » Du hast getrunken, Harry. «
    » Ich habe zwei Jahre gebraucht, um etwas gegen dich in der Hand zu haben, Waaler, wusstest du das? «
    Waaler antwortete nicht.
    Harry schlug immer wieder auf das Armaturenbrett. Es knac k te gefährlich. » Natürlich wusstest du das! Der Kronprinz weiß doch alles. Wie schaffst du das? Sag ’ s mir! «
    Waaler blickte aus dem Seitenfenster. Ein Mann kam aus dem Kebabladen, blieb stehen, blickte sich um und ging in Richtung Dreifaltigkeitskirche. Sie schwiegen, bis der Mann in die Straße zwischen dem Friedhof und dem Krankenhaus eingebogen war.
    » Gut «, sagte Waaler leise. » Ich werde beichten, wenn es das ist, was du willst. Aber denk dran, wenn man jemandem die Beichte abnimmt, kann man schnell in einen Gewissenskonflikt geraten. «
    » Gewissenskonflikte sollen mir willkommen sein. «
    » Sverre Olsen hat von mir nur bekommen, was er verdiente. «
    Harry drehte sich langsam zu Waaler um, der mit halb g e schlossenen Lidern an der Kopfstütze lehnte.
    » Aber nicht, weil ich Angst hatte, er könne mir was. Dieser Teil deiner Theorie ist falsch. «
    » Ach ja? «
    Waaler seufzte. » Fragst du dich manchmal, was Menschen wie uns dazu bringt, das zu tun, was wir tun? «
    » Ich tue nichts anderes «, sagte Harry.
    » Was ist das Erste, an das du dich erinnerst, Harry? «
    » Das Erste was? «
    » Das Erste, an das ich mich erinnern kann, ist, wie mein Vater sich nachts über mein Bett beugt. « Waaler streichelte das Lenkrad. » Ich muss da so vier oder fünf Jahre alt gewesen sein. Er roch nach Tabak und Sicherheit. Weißt du? So, wie Väter riechen sollen. Er war mal wieder erst nach Hause gekommen, als ich schon im Bett lag. Und ich wusste, dass er am Morgen auf der Arbeit sein würde, wenn ich aufwachte. Ich wusste, er würde lächeln, wenn ich die

Weitere Kostenlose Bücher