Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
Ben sich unauffällig um. Neben der Werkstatt gab es einen kleinen Ausstellungsraum, in dem gebrauchte Kleinwagen und Pick-ups zum Verkauf angeboten wurden. Sein Blick fiel auf ein Motorrad. «Wissen Sie was? Steht das dort zum Verkauf?»
Er hatte seit mehr als zehn Jahren nicht mehr auf einem Motorrad gesessen. Das letzte war eine alte Militärmaschine gewesen, die ständig Öl und Benzin verloren und wie ein Pressluftbohrer vibriert hatte. Die schicke Triumph Daytona 900 Triple, auf der er nun unterwegs war, gehörte einem ganz anderen Kaliber an: brutal stark und schneller als die meisten Fahrzeuge auf vier Rädern.
Er folgte dem Verlauf der Straße, während er aufmerksam nach weiteren Ölflecken Ausschau hielt. Wenn er Glück hatte, bildeten sie eine Spur, die ihn schließlich dorthin brachte, wo der Porsche zum Stehen gekommen war.
Ein paar Kilometer weiter sank seine Zuversicht, als die Ölspur plötzlich schwächer wurde, und schließlich verebbte sie ganz. Er fuhr noch ein, zwei Kilometer in langsamem Tempo weiter, während er unverwandt auf den Boden starrte. Die Triumph rumpelte leise brummend vor sich hin. Nichts. Ben fluchte. Entweder hatte sich das Leck auf magische Weise selbst repariert, oder der Porsche war auf einen Anhänger geladen und abtransportiert worden. Pannendienst mit einem Entführungsopfer auf dem Beifahrersitz? Eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlich hatte er einen Kontaktmann herbeigerufen, der ihm geholfen hatte. Und jetzt war er verschwunden.
Ben hielt die Maschine an und starrte die leere Straße entlang.
Er hatte Roberta verloren.
Kapitel 47
Zwischen den Bäumen am Rand von Saint-Jean klappte er den Seitenständer der schweren Triumph ab und schlang den Helm über den Lenker. Die Straßen des Dorfes lagen leer und verlassen wie eh und je. Er fand Pater Pascal Cambriel zu Hause.
«Benedict! Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht!» Der Priester packte ihn bei den Schultern. «Aber … wo ist Roberta?»
Ben erklärte dem Geistlichen, was sich ereignet hatte, und die Miene Pater Pascals verdüsterte sich mehr und mehr. Er sank verzweifelt auf einen Stuhl. Plötzlich sah man ihm seine siebzig Lebensjahre an.
«Ich kann nicht lange bleiben», erklärte Ben. «Die Polizei verschwendet sicher keine Zeit, den Renault beim Hotel zu Ihnen zurückzuverfolgen. Sie wird herkommen und Sie nach mir ausfragen.»
Pater Pascal erhob sich. In seinen Augen leuchtete ein wilder Glanz, den Ben noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Er packte Ben beim Arm. «Folge mir, mein Sohn. Es gibt einen besseren Ort, wo wir reden können.»
In der Kirche kniete Ben im Beichtstuhl nieder. Pater Pascals Gesicht war hinter dem Gitterfenster nur undeutlich zu erkennen.
«Mach dir keine Gedanken wegen der Polizei, Benedict», sagte der Priester. «Ich verrate nichts. Aber was wirst du unternehmen? Ich habe große Sorge um Roberta.»
Ben sah ihn grimmig an. «Ich weiß nicht, was ich tun soll», gestand er. Er konnte das sterbende kleine Mädchen schließlich nicht vorübergehend beiseiteschieben. Jede Minute, die er mit anderen Dingen verbrachte, war verlorene Zeit für ihre Rettung. Wenn er aber davongehen und seinen Auftrag zu Ende führen würde, unterzeichnete er damit Robertas Todesurteil. Doch umgekehrt – wenn er jetzt Roberta suchen würde – galt das Gleiche: Falls sie bereits tot war oder er sie nicht fand, riskierte er damit, das Kind für nichts und wieder nichts zu opfern. Er seufzte schwer. «Ich kann sie nicht beide retten.»
Der Geistliche saß ein oder zwei Minuten in nachdenklichem Schweigen da. «Es ist eine schwierige Entscheidung, Ben. Doch du kannst ihr nicht ausweichen, und niemand kann sie dir abnehmen. Sobald du jedoch die Entscheidung getroffen hast, darfst du sie nicht mehr bereuen. Es gibt schon viel zu viel Reue in deinem Leben. Selbst wenn deine Entscheidung zu neuem Leid führt, darfst du nicht zurückblicken, hörst du? Gott wird wissen, dass dein Herz rein war.»
«Vater, wissen Sie, was Gladius Domini ist?», fragte Ben.
Der Geistliche klang verdattert. «Es ist Lateinisch und bedeutet ‹Schwert Gottes›. Ein eigenartiger Ausdruck. Warum stellst du mir diese Frage, Ben?»
«Sie haben nie von einer Gruppe oder einer Organisation gehört, die sich so nennt?»
«Nie.»
«Erinnern Sie sich, Sie haben mir von einem Bischof erzählt –»
«Ssst», unterbrach ihn der Geistliche mit einem drängenden Blick durch das Gitterfenster. «Wir sind nicht mehr allein.
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