Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
Felsbrocken wie ein riesiger Mühlstein hochkant an der Wand stand. «Diese Tür führt nach draußen auf den Berg. Öffnen Sie sie.»
Ben stöhnte vor Anstrengung, als er die Felsscheibe beiseiterollte. Sie lief in einer eigens zu diesem Zweck in den Boden gehauenen Rinne. Sobald der Durchgang einen Spaltbreit offen stand, strömte eisige Nachtluft herein. Der Felsbrocken verdeckte den Eingang zu einem kurzen, nur etwa fünf Meter langen Tunnel. Durch den zerklüfteten Höhlenausgang sah Ben einen halbkreisförmigen Ausschnitt des Nachthimmels. Sie schritten zum Ende des Tunnels. Der Gewittersturm war vorbei, und ein voller Mond schien auf die felsige Landschaft herab. Vor ihnen ging es schwindelerregend hinunter in eine tiefe Schlucht.
«Dort wird man ihn niemals finden», erklärte Antonia und zeigte nach unten.
Ben kehrte zum toten Franco Bozza zurück. Er packte den schweren Leichnam unter den Armen und schleifte ihn durch die Felsenkirche und den Gang, wobei er eine Spur aus wässrigem Blut zurückließ. Im kurzen Tunnel ließ er Bozza fallen, rollte ihn mit den Füßen nach draußen und versetzte ihm einen letzten Tritt, sodass er über den Rand der Felswand rutschte. Ben sah der sich überschlagenden, in die Tiefe stürzenden Leiche hinterher, eine schemenhafte Gestalt vor dem mondbeschienenen Felsen, die schließlich viele hundert Meter tiefer in der dunklen, baumbestandenen Schlucht verschwand.
«Jetzt gehen wir», sagte Antonia.
Die Niederlage lastete schwer auf seinen Schultern, als er ihr durch die Gänge und über die beiden Treppen zurück in das Haus folgte. Das Elixier hatte sich also als wertlos herausgestellt. Es war nichts weiter als eine Legende. Er musste mit leeren Händen zu Fairfax zurückkehren, dem alten Mann in die Augen sehen und ihm sagen, dass seine Enkeltochter sterben würde.
Nachdem sie ins Haus gekommen waren, schloss Antonia den Kamin hinter Ben und führte ihn in die Küche. Dort wusch er sich das Blut von den Händen und aus dem Gesicht.
«Ich denke, ich breche jetzt auf», sagte er grimmig und legte das Handtuch beiseite.
«Wollen Sie mir denn keine Fragen stellen?»
Er seufzte. «Welchen Sinn hätte das noch? Es ist vorbei.»
«Sie sind der Suchende, von dem mein Großvater immer gesagt hat, dass er eines Tages herkommen würde. Sie sind dem verborgenen Pfad gefolgt. Sie haben den Schatz gefunden.»
«Ich bin nicht wegen des Goldes hergekommen», erwiderte er. Tränen brannten in seinen Augen. «Es geht mir nicht um Reichtum.»
«Gold ist nicht der einzige Reichtum», entgegnete sie mit zur Seite geneigtem Kopf und einem merkwürdigen Lächeln. Sie trat zu einem Schrank. Auf einem Regal im Innern standen Flaschen mit Essig und Olivenöl sowie Gläser mit getrockneten Kräutern und Eingemachtem, Pfefferkörnern und Gewürzen. Sie schob sie auseinander und brachte einen kleinen, einfachen Steingutbehälter zum Vorschein, den sie behutsam zum Tisch trug und dort abstellte. Sie öffnete den Deckel. Im Innern des Behälters ruhte eine kleine Glasflasche. Sie schüttelte das Fläschchen leicht; die klare Flüssigkeit im Innern schien das Licht einzufangen und zu leuchten. Sie wandte sich zu Ben um. «Ist es das, wonach Sie suchen?»
Er streckte die Hand danach aus. «Ist es …?»
«Vorsichtig. Es ist die einzige Probe, die mein Großvater hergestellt hat.»
Er sank auf einen Stuhl. Er fühlte sich genauso unendlich ausgebrannt und erschöpft, wie seine Erleichterung groß war.
Antonia setzte sich ihm gegenüber. Sie legte die Hände flach auf den Tisch und sah ihn aufmerksam an. «Werden Sie jetzt eine Weile bleiben und sich meine Geschichte anhören?»
Sie redeten. Ben berichtete ihr von seiner Mission und den Ereignissen, die ihn zum Haus des Raben geführt hatten. Anschließend war er an der Reihe zuzuhören, während sie die Geschichte fortführte, deren Anfang er in Fulcanellis Journal gelesen hatte.
«Nachdem Daquin das Vertrauen meines Großvaters missbraucht und ihn betrogen hatte, ging alles ganz schnell. Die Nazis brachen in das Haus ein und plünderten das Labor auf der Suche nach den Geheimnissen. Meine Großmutter überraschte sie, und sie wurde von ihnen erschossen.» Antonia seufzte. «Danach floh mein Großvater aus Paris und kam hierher, zusammen mit meiner Mutter.»
«Was wurde aus Daquin?»
«Dieser Junge hat so unendlich viel Schaden angerichtet.» Antonia schüttelte traurig den Kopf. «Ich schätze, er hat es nur gut gemeint. Als er
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