Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
hörte Roberta das Kreischen der Bremsen, doch es war zu spät. Nichts konnte den Zug noch rechtzeitig zum Halten bringen. Einen furchtbaren Augenblick lang war der Citroën in den Mercedes verhakt und saß genau vor der heranjagenden Lok fest, während die dünnen Räder hilflos durchdrehten.
Dann gab das gemarterte Metall nach, und der Citroën machte einen Satz rückwärts und rutschte von den Schienen herunter – einen Sekundenbruchteil bevor die Lok im rauschenden Fahrtwind die Stelle passierte, wo die Ente gerade noch gestanden hatte. Zehn Sekunden lang folgte Waggon auf Waggon, dann war der Zug vorbei. Seine roten Rücklichter wurden kleiner und kleiner, bis sie in der Nacht verschwanden.
Roberta und Ben saßen jeder für sich schweigend in ihren Fahrzeugen und warteten darauf, dass sich ihr Herzschlag beruhigte und ihr Atem normalisierte. Ben sicherte den Browning und schob ihn zurück ins Halfter.
Roberta stieg aus ihrem Citroën, begutachtete den Schaden an der Frontpartie und stieß ein leises Stöhnen aus. Die Scheinwerfer waren hinüber und baumelten an ihren Haltern zwischen den verbeulten Überresten von Motorhaube, Stoßstange und Kotflügeln.
Mit zittrigen Knien überquerte sie die Schienen und beugte sich über die eingebeulte Scheibe. «Ben? Reden Sie mit mir!»
«Können Sie mir raushelfen?», antwortete seine dumpfe Stimme aus dem Innern.
Sie probierte die Fahrertür des Mercedes. «Na prima, wirklich sehr clever, Ryder», murmelte sie zu sich selbst. «Die ganze Zeit offen.» Wenigstens steckten die Schlüssel nicht in der Zündung. Das wäre wirklich zu dumm gewesen. Sie stieg in den Wagen und klopfte gegen die gläserne Abtrennung zum Fond. Bens Gesicht erschien undeutlich auf der anderen Seite. Sie blickte sich suchend um. Irgendwo musste es einen Knopf geben, um die Scheibe abzusenken. Wenn es gelang, konnte er nach vorne klettern. Sie fand den entsprechenden Knopf und drückte ihn. Nichts. Wahrscheinlich musste die Zündung eingeschaltet sein. Mist. Sie fand einen weiteren Knopf und drückte diesen. Mit vernehmlichem Klacken löste sich die Zentralverriegelung.
Halb stolperte, halb fiel Ben aus dem Wagen. Er stöhnte und rieb sich den schmerzenden Leib. Er knöpfte seine Jacke zu, sorgsam darauf bedacht, ihr nicht zu zeigen, dass er eine Waffe trug.
«Mein Gott, das war eng», hauchte sie. «Alles in Ordnung mit Ihnen?»
«Ich werde es überleben», antwortete er und zeigte auf den ruinierten Citroën 2CV. «Ist er noch fahrtüchtig?»
«Danke sehr, Roberta», sagte sie in gespielt sarkastischem Ton. «Was für ein Glück, dass Sie aufgetaucht sind. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll. Sie haben mir den Arsch gerettet.»
Er antwortete nicht.
Sie sah ihn an, dann wandte sie sich um und starrte auf das Wrack, das noch vor kurzem ihr Wagen gewesen war. «Ich mochte ihn, wissen Sie? Diese Art von Autos werden schon lange nicht mehr gebaut.»
«Ich besorge Ihnen einen neuen», versprach er und humpelte in Richtung des 2CV.
«Das werden Sie allerdings!», entgegnete sie. «Abgesehen davon schulden Sie mir eine Erklärung, meinen Sie nicht?»
Sie stiegen in den Wagen. Nach ein paar Versuchen startete der Motor des Citroën, doch er lief nicht mehr richtig rund. Roberta wendete, und die Räder schabten an den verbeulten Kotflügeln. Als sie beschleunigte, schwoll das Scheuern von Metall an Gummi zu einem ohrenbetäubenden Heulen an. Der Wind pfiff ungehindert durch die herausgefallene Scheibe ins Wageninnere. Der Motor überhitzte stark, und unter der verbeulten Haube quoll ein beißender Rauch hervor.
«Weit kommen wir nicht mehr in diesem Zustand», rief sie über das Rauschen des Windes hinweg, während sie angestrengt in die Dunkelheit hinausspähte.
«Fahren Sie, so weit es geht», entgegnete er mit lauter Stimme. «Ich glaube, ich habe vorhin auf dem Weg hierher eine Bar gesehen.»
Kapitel 15
Der Citroën brachte sie tatsächlich noch bis zu der abgelegenen Bar am Straßenrand, bevor der Motor endgültig den Dienst versagte, weil der Kühlerventilator nicht mehr funktionierte. Roberta verabschiedete sich mit einem letzten traurigen Blick von ihrem Wagen, den sie in einer dunklen Ecke auf dem Parkplatz abgestellt hatten. Dann wandten sie sich um und gingen, vorbei an einer Gruppe von Motorrädern und ein paar vereinzelten Pkws, zum Eingang der Bar. Über der Tür flackerte ein rotes Neonschild.
Das Lokal war fast leer. Zwei langhaarige Biker spielten im
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