Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
die er zwanzigtausend Dollar bezahlt hatte, in Wirklichkeit eine Fälschung war.»
«Eine Fälschung?»
«Nicht älter als dieses Haus», sagte Anna kichernd. «Etwa 1820. Er war total angepisst … Ist das der richtige Ausdruck? Jedenfalls hat er es mir geschenkt, als er es erfuhr. Er hätte es besser wissen müssen. Wie Sie bereits sagten, ein Original in diesem Zustand wäre in der Tat ein kleines Vermögen wert gewesen.»
Roberta lächelte. «Wir Yankees sind völlige Trottel, wenn es um irgendetwas geht, das älter ist als dreihundert Jahre.» Sie löste sich von der Zeichnung an der Wand und ließ den Blick über Annas ausgedehnte Büchersammlung in den Wandregalen schweifen. «Eines Tages, wenn ich Zeit habe …», murmelte sie. «So viele interessante Themen.» Ein kleiner Block Haftnotizen fiel ihr plötzlich ein, den sie im Auto hatte liegenlassen. «Entschuldigen Sie mich einen Moment, ja? Ich möchte mir unbedingt ein paar Titel aufschreiben.» Sie trottete aus dem Zimmer.
Anna trat zu Ben. «Kommen Sie, ich möchte Ihnen etwas zeigen.»
Er erhob sich, und sie ergriff seinen Arm. Ihre Hand fühlte sich warm an auf seiner Haut.
«Was denn?», fragte Ben.
Sie lächelte. «Hier entlang.»
Sie traten durch eine der Verandatüren hinaus und wanderten durch den Garten. Am Ende führte ein schmaler steiniger Weg hinaus in die offene Landschaft. Nachdem sie einen kleinen Hang hinaufgeklettert waren, bestaunte Ben einen prachtvollen Sonnenuntergang. Er konnte kilometerweit hinaus auf die Berge des Languedoc sehen. Der Himmel darüber sah aus wie eine Kathedrale aus schimmernden Gold-, Rot- und Blautönen.
Anna deutete hinaus über das Tal auf zwei Burgruinen, die auf hohen Berggipfeln standen und aus der Entfernung nur noch als unregelmäßig gezackte schwarze Silhouetten zu erkennen waren. «Katharerfestungen», erklärte sie, während sie die Augen mit einer Hand gegen die tiefstehende Sonne abschirmte. «Zerstört im Verlauf des Albigenserkreuzzugs im dreizehnten Jahrhundert. Die Katharer und ihre Vorfahren haben überall im Languedoc Kirchen, Klöster und Burgen errichtet. Doch die päpstlichen Armeen haben alles vernichtet.» Sie zögerte. «Ich verrate Ihnen etwas, Ben. Manche Historiker glaubten, dass diese Orte eine tiefere Bedeutung haben.»
Er schüttelte den Kopf. «Was für eine tiefere Bedeutung?»
Sie lächelte. «Das weiß niemand mit Bestimmtheit. Es heißt, irgendwo im Languedoc liegt ein uraltes Geheimnis verborgen. Die relativen Positionen der katharischen Siedlungen geben den Hinweis, wo es zu finden ist, und wer auch immer es schafft, das Rätsel zu lösen, gelangt zu großer Weisheit und Macht.» Ihr dunkles Haar bewegte sich sanft in der abendlichen Brise. Sie sah atemberaubend aus. «Ben», sagte sie nervös. «Sie haben mir nicht die ganze Wahrheit erzählt. Ich denke, Sie sind auf der Suche nach etwas. Habe ich recht? Nach einem Geheimnis.»
Er zögerte. «Ja.»
Ihre Mandelaugen glitzerten. «Dachte ich’s mir. Und es hat etwas mit Alchemie zu tun, mit der Legende von Fulcanelli?»
Er nickte; er konnte nicht anders, als zu grinsen angesichts ihres messerscharfen Verstandes. «Ich habe nach einem Manuskript gesucht», gestand er. «Ich glaube, Klaus Rheinfeld wusste etwas darüber, und ich hatte gehofft, er könnte mir helfen. Aber jetzt sieht es so aus, als hätte ich mich geirrt.»
«Vielleicht kann ich Ihnen helfen», flüsterte sie. «Wir müssen uns wiedersehen. Ich denke, wir sollten zusammen an diesem Rätsel arbeiten.»
Er schwieg einen Moment. «Das würde mir gefallen», sagte er dann.
Roberta war vom Wagen zurückgekommen und hatte das Haus leer vorgefunden. Sie hörte Stimmen, die vom Wind herangetragen wurden, und sah zum offenen Fenster hinaus. Sie beobachtete, wie Anna und Ben den Hang herunterkletterten und sich dem Garten näherten. Sie konnte Annas glockenhelles Lachen hören; ihre schlanke Gestalt war eingerahmt vom Sonnenuntergang. Ben reichte ihr eine Hand. Ist es nur eine Einbildung? , dachte Roberta. Die beiden schienen sich sehr gut zu verstehen.
Was hast du denn erwartet? Anna ist eine Schönheit. Kaum ein Mann könnte ihr widerstehen.
«Was sind das denn für Gedanken, Ryder?», schalt sie sich laut. «Was kümmert es dich überhaupt?»
Dann dämmerte ihr die Antwort. Es kümmerte sie. Es kümmerte sie sogar eine ganze Menge. Etwas Schreckliches passierte gerade mit ihr. Sie stand im Begriff, sich in Ben Hope zu verlieben.
Kapitel
Weitere Kostenlose Bücher