Das ganze gleich nochmal
Antiaggressionstraining beginnen zu können.
Als sie den letzten Stall vor dem Haus erreichten, hörte sie ein kindliches Kichern. Houston stand dort und unterhielt sich mit Rosie, der Jugendlichen, die so gut mit Cami umgehen konnte. Beiden sah man das schlechte Gewissen an, weil sie ertappt worden waren.
“Was gibt es?”, fragte Carley neugierig. “Verratet ihr mir, was so lustig ist?”
Houston sah sich um, als wollte er sich vergewissern, dass niemand lauschte, und steigerte damit noch Carleys Neugierde. “Nicht so laut”, flüsterte er, legte ihr den Arm um die Schultern und erklärte verschwörerisch: “Der Kirchenrat, der unser Heim überwacht, wäre nicht damit einverstanden. Darum verraten wir nichts. Zwei Betreuerinnen und ich haben den Jugendlichen an Wochenenden Tanzunterricht gegeben. Nächste Woche veranstaltet die Schule nämlich einen Tanz, und wir finden, dass unsere Kinder daran teilnehmen sollen, ohne sich zu blamieren.”
“Sie bringen den Kids das Tanzen bei?”, fragte Carley verblüfft. “Sie?”
“Ja, sicher”, erwiderte er verwirrt. “Die eine Betreuerin musste mir zwar beim Squaredance helfen, aber ich bin kein schlechter Lehrer.” Er zog den Arm wieder zurück. “Sagen Sie jetzt nicht, dass auch Ihrer Meinung nach unsere Kids nicht tanzen sollten. Oder glauben Sie vielleicht, ich könnte ihnen nicht helfen?”
Jetzt musste sie sich schnell etwas einfallen lassen. “Nein, nein, Sie sind bestimmt ein guter Lehrer, und die Jugendlichen sollten an denselben Veranstaltungen teilnehmen wie ihre Klassenkameraden. Es ist nur … Ich würde sie auch gern unterrichten, aber ich kenne den Twostepp nicht. Könnten Sie ihn mir beibringen?”
“Ich denke schon.”
“Wann?”, fragte Carley.
“Wie bitte?”
Sie bemühte sich, nicht zu deutlich zu zeigen, wie sehr sie sich nach seiner Nähe sehnte. “Wann können Sie mir den Twostepp zeigen?”
“Irgendwann abends, würde ich sagen.”
“Wie wäre es mit heute Abend? Ich spendiere sogar ein Steakessen vor dem Unterricht.”
“Das muss ich noch mit Gabe besprechen. Vielleicht braucht er mich heute Abend, aber wahrscheinlich habe ich Zeit.”
Carley war begeistert. Sie konnte mit dem Mann, den sie liebte, tanzen gehen! Heute Abend musste er sie in die Arme nehmen. “Ich stimme mich auch mit Gabe ab”, versprach sie, “aber ich sage ihm nicht, wohin wir gehen. Keine Angst, es klappt bestimmt.”
Die Zeit bis zum Essen ging für Carley rasch vorüber. Die Mahlzeit fiel noch umfangreicher als am Abend zuvor aus. Der Tisch bog sich unter Truthahn, Enchiladas, Salaten, Gemüse und Tortillas aus Mais- oder Weizenmehl. Carley half in der Küche, sah dabei aber die meiste Zeit zu, wie Lloyd die Tortillas mit einem abgeschnittenen Besenstiel ausrollte.
Nachdem die Kinder gegessen hatten, ging Carley mit Cami um das Hauptgebäude herum spazieren. Cami lernte gerade zu gehen, und es machte ihr diebischen Spaß, auf unsicheren Beinchen vor ihrer Mutter herzulaufen. Schließlich gelang es Carley, ihre Tochter ins Bett zu bekommen und sich auf den Abend mit Houston vorzubereiten.
Als sie gerade ins Bad gehen wollte, klingelte ihr Handy und holte sie in die Realität zurück. Schlagartig dachte sie wieder an ihren Boss, ihren Beruf, Amnesie und ungelöste Rätsel.
Unwillig schaltete sie das Telefon ein. “Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, Reid, dass Sie es perfekt verstehen, sich zum ungünstigsten Zeitpunkt zu melden?”
5. KAPITEL
“Manny bringt Ihnen noch heute die Unterlagen auf die Ranch”, erklärte Reid. “Weder die Ärztin noch der Geistliche sind verdächtig.”
Carley war rein gefühlsmäßig zu demselben Schluss gekommen, musste jedoch gründlich vorgehen. “Ich lese die Berichte, sobald ich sie erhalte. Übrigens, Manny soll noch vor Einbruch der Dunkelheit bei mir auftauchen. Richten Sie ihm das bitte aus. Houston Smith und ich sind zum Abendessen und zum Tanzen verabredet.”
“Sie gehen mit dem Vater Ihres Kindes aus?”
“Ich versuche einen Neuanfang. Natürlich werde ich sehr behutsam vorgehen.”
“Ich wünsche Ihnen alles Gute, Carley. Wenn es eine Frau schafft, dass ein Mann sich ein zweites Mal in sie verliebt, sind Sie das.”
“Hoffentlich haben Sie recht.” Carley sehnte sich von ganzem Herzen danach, damit allen geholfen wurde.
Da Reid sie vom Duschen abgehalten hatte, beschloss Carley, sich wieder der Büroarbeit zu widmen. Jetzt verstrich die Zeit quälend langsam, und ihre Gedanken
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