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Das Gastgeschenk der Transsolaren

Das Gastgeschenk der Transsolaren

Titel: Das Gastgeschenk der Transsolaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman , Hans Taubert
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Wasser«, trug ihren indianischen Namen zu Recht. Jetzt freute ich mich ihrer Fröhlichkeit, die schon langsam zu erlöschen drohte. Das Mädchen fand Gefühlsausbrüche bei Anzew wohl absonderlich, zumindest, daß er sie äußerte.
      Weiterschlitternd, brummte Anzew auch gleich verlegen: »Ach, haltet doch eure Klappe da drin.«
      Wir können die im Wagen nicht sehen, sie aber uns. Das entfällt einem zuweilen.
      Rechts angekommen, ließ ich meine Hand tastend über die Raupenglieder gleiten. Da war die Havarie! Anzew leuchtete. Rauhe gratige Bruchflächen. Ein Kettenglied war gerissen.
      Das Routinebesteck, das wir mit uns führten, reichte nicht aus. Anzew mußte in den Wagen zurück, Ersatzteile holen. Ich begann unterdessen, das defekte Glied herauszulösen.
      Drinnen hatten sie zu tun, um Anzew zu bedienen. Niemand sprach mit mir, also war es wohl Falkhoven, der mich über den Bildschirm zu beaufsichtigen hatte.
      Eine Weile war ich, die Kontaktelemente Stück für Stück lösend, ganz mit mir allein und hing meinen Gedanken nach.
      Mit Beklemmung hatten wir zunächst an die Finsternis gedacht. Wir wußten es alle. Wir wußten es lange vor dem Start: Das Perihel des Planeten, den wir anzufliegen hatten, war mit nahezu zwei Milliarden Kilometern genau bekannt. Eine bedeutungsschwere Zahl: Die Sonne im Zentrum seiner Bahn würde ein Fünkchen am Himmel sein, eines unter unzähligen gleichen. Aber er selbst, unser Planet, war ein einziger, besonderer unter vielen Planeten, die ihm nicht glichen. Die IKK hatte entschieden: Kenntnisse über sein rätselvolles Reflexionsvermögen zu gewinnen, war einer der Gründe für den Flug. Und der war weit genug. Das persönliche Programm jedes einzelnen unter uns half gewiß, die Lasten der Reise hierher zu ertragen. Unser aller Trachten, mit wenigen Ausnahmen – Chef Stufford vielleicht –, konzentrierte sich auf einen Punkt: auf die Ankunft. Alles danach hatte vorläufig den Charakter des Imaginären, der großen Aufgabe zwar, des Ziels der Unternehmung, der Sorge, ob man den Dingen gewachsen sein würde. Aber lange Zeit war dieser Punkt so fern gewesen, daß es jenseits nur irgendwie anders sein konnte als im Augenblick.
      Und an eines eben dachten wir immer: Es würde dunkel sein. – Eine Welt ohne Licht.
      Der Punkt ist heute überschritten. Wir sind da.
      Wir empfanden indessen unser Leben gar nicht so anders, als wir zuvor geglaubt hatten. Als wir unlängst beisammensaßen und unser Feierabendgespräch ein wenig ins zu Erhabene zu geraten drohte, sagte Anzew prosaisch, wie wir es von ihm gewöhnt sind: »Was denn! Das Essen schmeckt wie vorher. Euch doch auch?«
      Das traf nicht die ganze Wahrheit, aber doch gerade das Stück davon, das noch niemand angesprochen hat.
      Während der sechzehn Wachen nach der Landung hatten alle Gelegenheit, zuweilen aus unserer guten 12 P 2000 auszusteigen. Unterdessen ist das Neue, das die Arbeit draußen mit sich brachte, schon abgenutzt, und wir spüren jene gewissen Umstände, die sich erst mit der Dauer einfinden.
      Nun ist es gar nicht so sehr die Finsternis, die uns hier beeindruckt, vielleicht, weil wir uns so lange und bildhaft auf sie einstellten. Sie ist gleichsam assimiliert. Anderes tritt jetzt schmerzhaft in den Vordergrund: der Mangel an Freiheit, an einer Art animalischer Freiheit.
      Wir sind darauf eingerichtet, mit den Dingen um uns und besonders mit der Natur verbunden zu sein, mit den Augen, den Ohren, der Nase und den Fingerspitzen.
      Seit zwei Tagen fahren wir schon im RT 12 den vereinbarten Kurs. Die Enge im Wagen und die hohe Gravitation beschränken den Bewegungsdrang. Wir werden viel draußen zu tun haben in der »Natur«. Wird es uns Gewinn bringen? Im Skaphander ist alles noch bedrückender. Es wird nichts zu sehen geben als den nächtlichen Himmel in unveränderlicher Klarheit und seinen Widerschein in der endlosen Öde. Es wird bestenfalls – wie auch jetzt wieder – nach Spuren von Ammoniak riechen, und die Finger werden durch die Handschuhe hindurch fühlen. Dazu die Unmenge der optischen und akustischen Signale. Aber alle Informationen sind Übersetzungen, nichts ist unmittelbares Erleben.
      Sarah sagte, was unseren Lebensfaden haltbar machen wird, ist das Wissen, daß wir sechs sind oder zwölf, wenn wir die in der 12 P einrechnen; und sie meint damit die Unmittelbarkeit des Gesprächs, den Kontakt von Mensch zu Mensch, Verständnis, das Mühen um

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