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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Sammys Eltern vielleicht. Ja, ich würde mit Sammy reden.

13
    »Ach, Daddy, mach doch Pfannkuchen. Bitte. Bitte. «
    Es war der Morgen nach der Party. Walt blickte flehentlich zu mir auf, wohl wissend, dass er mit der Bettelei um eine fettige, gebratene Frühstücksleckerei an einem ganz normalen Schultag bei seiner Mutter garantiert auf Granit gebissen hätte. Draußen fiel wie die ganze Nacht schon unaufhörlich der Schnee. Ich blickte zum Fernseher hoch und sah nach der Uhrzeit – eingeblendet neben dem Lauftext mit den neuesten Nachrichten (»Ölpreis überschreitet die Grenze von 150 Dollar pro Barrel«). Es war 7:32 Uhr. Der Bus kam um Viertel nach acht. »Ich … ach, Mist. In Ordnung, Walt. Jetzt setz dich hin und trink deinen Saft.«
    »Yippiieh!«
    Ich stellte die kleine, blaue Le-Creuset-Pfanne auf den Herd, holte Eier und Butter aus dem Kühlschrank und behielt den Wetterbericht im Auge. Jetzt, im morgendlichen Licht der Küche, erschienen mir die Ängste von gestern Abend – die Scheinwerfer im Rückspiegel – absolut lächerlich. Es war Freitag. Vor uns lag ein freies Wochenende: keinerlei Partys, Besucher oder Verpflichtungen. Yippiieh!, wie Walt es formuliert hätte. Wir würden zu Hause abhängen, vielleicht das Schneemobil rausholen. Ich schlug ein Ei in das mit Milch verquirlte Mehl – das Fett in der Pfanne fing bereits an zu rauchen – und drehte mich wieder zum Fernseher um. Die Wetterfrau deutete auf einen gewaltigen, grauen Zyklon. »Mit diesem Wolkenfeld ziehen starke Sturmböen in südlicher Richtung nach Saskatoon und erreichen am Nachmittag die Region um Regina, wo dann mit Schneestürmen zu rechnen ist …«
    »Kann ich Schokocreme auf meinen …«
    »Kommt nicht infrage, Walt. Zitrone und Honig, okay?«
    »Menno.«
    Das Telefon klingelte, und ich ging zum nächsten Apparat, der neben mir an der Wand hing. Auf dem Display blinkte das Wort »Stadtwohnung«. »He, Sammy«, sagte ich und griff nach der Pfanne. »Wie ist es gelaufen – autsch, verdammte Scheiße!« Die Pfanne war glühend heiß.
    »Was ist passiert?«
    »Ich habe mich verbrannt. Aua!«
    »Daddy hat das S-Wort gesagt«, stellte Walt streng fest.
    »Was tust du denn da?«
    »Ich bin gerade dabei, ein paar Pfannkuchen zu backen.« Das Telefon zwischen Wange und Schulter geklemmt, hielt ich die Hand unter kaltes Wasser.
    »Bitte gib ihm keine Pfannkuchen, Donnie. Er soll seine Haferflocken essen, oder meinetwegen …«
    »Ich wollte doch … hör zu, wenn ich mit dem Scheiß hier nicht allmählich zurande komme, dann kriegt er gar nichts mehr zwischen die Zähne.«
    »Schon wieder! Daddy!«
    »Entschuldige! Verdammt!«
    »Ist ja schon gut. Ich wollte mich nur mal kurz melden.«
    »Hast du eigentlich die Wettervorhersage gesehen?«
    »Ja, die läuft gerade.« Ich stellte mir vor, wie Sammy in der offenen Küche des Apartments saß, ihre Haferflocken aß und denselben Sender schaute wie ich. »Ich werde versuchen, so um die Mittagszeit hier wegzukommen. Sieht so aus, als stünde uns das Schlimmste erst am späten Nachmittag bevor.«
    »In Ordnung. Hör zu, ich muss mich beeilen. Der Bus kommt gleich.«
    »Gib Walt einen Kuss von mir.«
    »Fahr vorsichtig.«
    Ich stellte die Pfanne zurück auf den Herd. Diesmal benutzte ich einen Topflappen.
    Weder seine Handschuhe noch der sanft rieselnde Schnee hinderten Walt daran, seinen zweiten Pfannkuchen auf dem Weg zum Bus zu essen. An der Stelle, wo ich Herby gefunden hatte, waren keine Spuren des Gemetzels mehr zu sehen. Alles war von frischem, jungfräulichem Schnee bedeckt. Trotzdem beschlich mich ein unbehagliches Gefühl.
    Zurück im Haus fiel mir ein, dass ich bis zur nächsten Woche noch eine kitschige romantische Komödie besprechen musste: zwei große Teenie-Stars in einer Art Neufassung von Jane Austen inklusive iPods und Liebesgeflüster per SMS. Unmotiviert lag ich auf dem Sofa und spielte mit der DVD herum. Irgendwann rappelte ich mich auf und ging durch den Flur in mein Arbeitszimmer, wo ich vor dem Schreibtisch stand und mit dem Finger über das glatte Plastik des Laptops strich. Für einen kurzen Moment schwebte der Cursor über dem Symbol des Internetbrowsers – dieser flammend rote Fuchs mit Weltkugel, der Zugang zu Google, dem Todfeind eines jeden freien Schreibers, der von zu Hause arbeitet –, bevor er weiter die Toolbar entlangfuhr und über dem blauen »W« von Microsoft Word verharrte. Drauf geschissen. Die Filmkritik konnte warten. Stattdessen klickte ich

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