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Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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ein.
    Mitten in der Nacht schreckte ich schweißgebadet aus einem feuchten Traum hoch. Ich lag vollständig bekleidet in meinem Schlafsack. Es war totenstill und eisigkalt, draußen erstarb mit mattem Glühen und Knistern das Lagerfeuer. Ich hatte eine Erektion und spürte einen stumpfen, schmerzhaften Druck in der Leistengegend. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass da eine Hand in meiner Hose war, die meinen Penis umschloss. Ich fühlte heißen Atem in meinem Nacken. Dann hörte ich Bannys Stimme. »Komm«, flüsterte er keuchend und drängend. »Komm …«
    Mein Körper erstarrte. Steif vor Angst blieb mir fast das Herz stehen. Ich stierte in die kalte Dunkelheit und spürte, wie Banny sich von hinten an mich presste.
    Ich fing leise an zu weinen.
    Es dauerte etwas, bis er verstanden hatte, was los war. Leise brummelte er ein empörtes »Ach, was soll’n das jetzt, Mann«. Dann ließ er mich los, rollte sich weg und drehte mir den Rücken zu. Ich lag bloß da und blinzelte mit tränennassen Augen in die Dunkelheit, bis ich kurz vor dem Morgengrauen endlich einschlief.
    Niemand erwähnte es mit einem Wort – und nach ein paar Tagen hatte ich mir selbst eingeredet, das Ganze nur geträumt zu haben.

16
    An diesem Freitag wurde es nachmittags um vier schon dunkel, und ich stand in Daunenjacke, Wollschal und Stiefeln an der Bushaltestelle. Der Sturm kündigte sich bereits an. Dichte Schneeböen wehten über die Straße, sodass ich die orangefarbenen Scheinwerfer des Schulbusses kaum erkennen konnte, als dieser langsam den Hügel herab auf mich zurasselte. Ich war nervös und hatte eine große Tasse Kaffee getrunken, um der Müdigkeit nach dem Bier entgegenzuwirken.
    »Daddy!«, rief Walt, als er vor den beiden Franklin-Jungs vorsichtig die vereisten Stufen hinabstieg. Hinter den Kindern strömte ein dampfender Hitzeschub aus dem Bus. Ted, der Busfahrer, thronte oben in seiner hell erleuchteten Kabine.
    »Wie sind die Straßen?«, fragte ich ihn und versuchte dabei, das Gurgeln des Dieselmotors zu übertönen.
    »Die Hauptstraßen sind halbwegs passierbar. Wenn man sehr langsam fährt. Ich weiß allerdings nicht, wie lange ich es noch bis hier rauf schaffe.«
    »Alles klar. Danke, Ted.«
    Ich brachte Walt ins Haus, trocknete ihn ab, setzte ihn mit Milch und einem Erdnussbutterbrot vor den Fernseher, ließ ihn Zeichentrickfilme gucken und rief Sammy auf ihrem Handy an. »Der gewünschte Teilnehmer ist leider zurzeit nicht erreichbar«, teilte mir eine sanfte, weibliche Stimme mit. Sie klang irgendwie selbstgefällig, fast euphorisch, was mich an diese übertrieben höflichen, bösartigen Computer erinnerte, wie sie in Science-Fiction-Filmen so beliebt sind: MU-TH-UR 6000 aus Alien oder Hal aus 2001 . Ich rief im Büro an. Kelly, Sammys persönliche Assistentin, nahm den Hörer ab.
    »Hallo, Kelly. Ist Sammy noch da?«
    »Nein. Sie ist kurz vor der Mittagspause gegangen. Sie sagte, sie müsse sich mit jemandem treffen und würde dann direkt nach Hause fahren. Ich dachte, sie wäre längst bei Ihnen.«
    »Nein … ich …« Angst durchzuckte mich wie ein Stromschlag.
    »Haben Sie es auf ihrem Handy probiert?«
    »Da ist sie nicht erreichbar. Wen wollte sie denn treffen?«
    »Ich weiß es nicht, Donnie. Schien ziemlich kurzfristig zu sein. Der Termin stand nicht in ihrem Kalender.«
    »Verstehe.«
    »Sie steckt vermutlich nur irgendwo im Verkehr fest, und ihr Handy kriegt keine Verbindung.«
    »Alles klar. Danke, Kelly. Ich probier’s einfach weiter.«
    »Schönes Wochenende.«
    »Ebenfalls.«
    Ich legte auf, machte den Fernseher an und zappte durch die Kanäle bis zum lokalen Wetterbericht. Der Reporter stand in Daunenjacke vor einem Stau auf dem Highway 10 außerhalb von Regina. Schnee wirbelte um ihn herum. Hinter ihm sah man rote Rücklichter, so weit man blicken konnte, und weiße Frontscheinwerfer, die sich langsam in die entgegengesetzte Richtung bewegten. »… Rückstaus auf den Highways 10, 5 und 1. Die gute Nachricht lautet, dass die wichtigsten Straßen weiter befahrbar sind. Die Streudienste sind unterwegs, die Leute sollten heute noch ihre Fahrt fortsetzen können. Allerdings dürfte das noch einige Zeit dauern …« Ich stellte den Fernseher etwas leiser. Sammy steckte bloß irgendwo im Stau, vielleicht sogar in einem der Autos, die ich gerade im Wetterbericht gesehen hatte. Falls sie es heute Abend nur bis Alarbus schaffte, konnte sie sich immer noch ein Zimmer im Grange nehmen. Morgen früh

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