Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gebot der Rache

Das Gebot der Rache

Titel: Das Gebot der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
Vom Netzwerk:
sagte Tommy. »Banny und ich haben das mal versucht, im Wald. Der bescheuerte Arsch. Weißt du noch …« Er verstummte.
    »Was?«, fragte ich.
    »Nichts. Ich hab’s vergessen.«
    Es folgte ein Augenblick wortloser Stille. Wir gingen weiter. Tommy spuckte auf den Bürgersteig.
    »Tommy, erinnerst du dich an die Party bei Bannys Dad vor ein paar Wochen? Ich …« Bevor ich fortfahren konnte, zeigte Tommy aufgeregt auf die Treppe zur Hintertür eines Hauses.
    »Guck dir das an, Mann. Limo-Flaschen! Da gibt’s Pfand für!«, rief er und stürmte auf seine glitzernde Beute zu.
    Doch da gab es noch etwas anderes, worüber ich mit niemandem sprach. Noch nicht mal mit Tommy.
    Der Camping-Ausflug.
    Im letzten August, kurz vor dem Ende der Sommerferien, waren wir zu viert zelten gewesen. Banny, Tommy, Alec Hardy und ich. Tommy, Alec und ich hatten unseren Eltern erzählt, wir würden bei einem der anderen übernachten. Banny hatte seinen Eltern überhaupt nichts erzählt. Es ging ihnen am Arsch vorbei. Alecs Eltern fuhren regelmäßig zum Campen, und neben ihren beiden Zwei-Mann-Zelten schmuggelte er auch einen kleinen Gasbrenner, ein paar zerbeulte Emailletöpfe sowie einige angeschlagene Teller und Tassen aus ihrer Garage. Wir alle plünderten die Speisekammern unserer Mütter und trugen diverse Dosen mit Bohnen, Spaghetti und ein paar Kanten Brot zusammen. Banny überredete die Nachbarin seiner Mutter, acht Flaschen Bass Special und eine Halbliterflasche Wodka für uns zu besorgen.
    Schwer bepackt marschierten wir über die Umgehungsstraße bis zum Eglinton Park, dann um den See herum und Richtung Kilwinning in den Wald. Neben einem Bach errichteten wir unser Lager, bauten die Zelte auf und entzündeten ein Feuer.
    Es war großartig. Wir aßen Bohnen und Dosennudeln am Lagerfeuer, während die Sonne unterging. Als wären wir am Ende der Welt, inmitten einer abgelegenen, unbesiedelten Wildnis, nicht bloß in einem Wäldchen, weniger als eine Meile von einem öffentlichen Park entfernt. Als es dunkler wurde, spürten wir, wie sich ein leichtes Gruseln breitmachte, das jedoch durch das Klacken und Zischen beim Aufreißen der Ringverschlüsse rasch vertrieben wurde. Der Alkohol wärmte unser Blut und verlieh uns das Gefühl, unbesiegbar zu sein, als wir uns um das Feuer drängten. Statt uns wie geplant Horrorgeschichten zu erzählen, redeten wir am Ende über die Mädchen aus der Schule und über Sex.
    »Karen McLintoch?«, protzte Alec. »Die hab ich bei der Weihnachtsdisco gefingert, Alter.«
    »Einen Scheiß hast du!«, rief Tommy.
    »Ich schwör’s, beim Leben meiner Mutter«, sagte Alec. »Weißt du noch, Banny? Am Ende des Flurs, beim Weihnachtsbaum?«
    »Wen interessiert’s …«, erwiderte Banny und öffnete sein zweites Bier. Der Schaum lief an der Dose herunter. Er setzte sie so schnell wie möglich an die Lippen, um nichts zu vergeuden. Dann rülpste er und sagte: »Diese McLintoch ist eine beschissene Schlampe. Die treibt’s mit jedem. Ich hab sie auf der Party von Stevie Blairs großem Bruder gevögelt.«
    »Kann nich’ sein«, staunte Alec.
    »Willste eine auf die Schnauze?«, fragte Banny. »Meinste etwa, ich denk mir das nur aus, dass ich diese Missgeburt genagelt habe?«
    »Sie is’ in Ordnung«, murmelte Tommy.
    »Karen McLintoch?«, pöbelte Banny. »Die hat ’ne Fresse wie’n skalpierter Arsch.«
    »Alles klar, und du bist der Trottel, der sie gevögelt hat«, sagte Alec.
    »Und ob ich das hab«, erklärte Banny und stand auf. »Wenn du den Wagen in die Garage fährst, dann achteste nich’ auf den Vorgarten, Kleiner.« Er rülpste wieder, machte seinen Hosenstall auf und verschwand im Gebüsch. Wir anderen lachten. Es war dieses reflexartige, leicht irre Lachen, das Banny mit seinen Witzen provozierte. Tommy klopfte sich auf die Schenkel und wiederholte: »Wenn du den Wagen in die Garage fährst, dann achteste nich’ auf den Vorgarten! Ganz genau, Alter!«
    Alec und ich blickten uns über das Feuer hinweg an. Er hatte aufgehört zu lachen. Und obwohl mir der Rauch in den Augen brannte, konnte ich erkennen, dass er den Kopf schüttelte.
    Ich weiß noch, dass ich einen kräftigen Schluck Wodka nahm, der mir wohl den Rest gab. Saure Flüssigkeit flutete meine Mundhöhle, und mit prallen Wangen wankte ich ins Unterholz. Erbrochenes ergoss sich über Büsche und Baumstümpfe. Unter dem Gejohle, Gelächter und den Rufen der anderen kroch ich wimmernd in eines der Zelte und schlief auf der Stelle

Weitere Kostenlose Bücher