Das gebrochene Versprechen

sich,
wodurch sein Gesicht noch opossumhafter aussah. Wieder ein Teilchen für sein
mentales Puzzle. Er sagte: »Okay, ich lasse das umbuchen.«
    Hy fuhr fort: »Leute aus
unserer Filiale in Phoenix sind schon vor Ort, checken das Hotel und briefen
die dortigen Security-Leute, was unsere Maßnahmen angeht. Wenn wir dort sind,
sehen wir zu, dass wir ein paar Stunden Schlaf kriegen, und checken dann den
Veranstaltungsort — das ist das Tingley Coliseum auf dem Messegelände. Nach dem
Konzert fliegen wir weiter nach Dallas-Fort Worth. Die Arrangements sind
überall ziemlich ähnlich. Dallas am Freitag, Austin am Samstag —«
    »Ich glaube, Austin könnte ein
kritischer Punkt sein«, sagte ich. Hy sah rasch zu mir herüber und machte sich
eine Notiz. »Darüber reden wir später noch. Nach Austin geht es dann durch den
Süden — New Orleans, Miami, Atlanta — , dann die Ostküste rauf und quer durch
den Mittleren Westen, mit einem Abstecher runter nach Nashville, wo er einen
Auftritt in der Opry einschiebt. Dann zurück über Denver und Salt Lake City in
den Nordwesten und schließlich nach San Francisco.«
    Kein Wunder, dass Ricky sagte,
die Tourerei könne einen ganz schön zermürben! »Gott, ich hoffe, ich kann diese
Ermittlungen bald abschließen, damit wir nicht die ganze Tour mitmachen
müssen!«
    »Tu das, McCone, bitte. Ich mag
seine Musik, aber ich will mir wirklich nicht ein und dasselbe Konzert
fünfundzwanzig Mal anhören.« Hy konsultierte seine Notizen und sagte zu Rats:
»Jemand, einer von meinen Leuten oder ich, wird immer an Ricky dran sein.
McCone wird vermutlich anderes zu tun haben. Die RKI-Leute werden in jeder
Stadt wechseln — ist ökonomischer, sie von der nächsten Filiale aus
abzustellen. Ich möchte, dass Sie sich mit ihnen —«
    Jemand hämmerte an die Tür.
Rats seufzte gequält und ging aufmachen. Kurt Girdwood stand auf dem Flur, der
Gesichtsfarbe nach kurz vor dem Schlaganfall, und schwenkte ein Bündel
Zeitungen und Faxe. »Ich will wissen«, polterte er, »wie die an diesen Scheiß
kommen!«
    Ich ging hin und nahm ihm eine
der Zeitungen aus der Hand. Es war der L.A. Insider — ein Zwischending aus
ernsthafter Tageszeitung und Boulevardblatt. Auf der Titelseite war ein
Farbfoto von Ricky und Rae, lachend und händchenhaltend vor dem Sorrento. Die
Bildunterschrift lautete: »Ist Savages Ehe im Broken Promise Land gelandet? Das Privatleben des Stars dreht sich nur noch um seine
Privatdetektivin.«
    »Gott!«, rief ich aus und
streckte Hy die Zeitung hin.
    Girdwood hielt mir eine Nummer
der Times unter die Nase; sie war bei »StarWatch« aufgeschlagen.
     
    Obwohl es uns bisher nicht
möglich war, Country-Star Ricky Savage zu dem Gerücht zu befragen, dass
seine achtzehnjährige Ehe mit Gattin Charly zerbrochen sei, berichten
doch Freunde des pressescheuen Grammy-Preisträgers, dass er aus seiner Romanze
mit der San Franciscoer Privatdetektivin Rae Kelleher kein Hehl mache.
Unterdessen wird die Midnight Train to Nowhere-Single von den großen
Radiosendern des Landes immer noch boykottiert. Wird Savage bei seiner
mitternächtlichen Pressekonferenz in Union Station, im Anschluss an das heutige
Tour-Auftaktkonzert im Universal Amphitheatre, zu diesem Phänomen Stellung
nehmen? Wird Ms. Kelleher mit ihm in den Zug nach Nirgendwo steigen? Bleiben
Sie dran...
     
    Ich reichte Hy die Zeitung und
fragte Girdwood: »Hat Ricky dieses Zeug schon gesehen?«
    »Nein. Wenn er abends auftritt,
igelt er sich den ganzen Tag ein, liest keine Zeitung und redet mit niemandem —
außer mit Ms. Kelleher, jetzt, wo er sie hat.« Der Mund des Managers verzog
sich säuerlich. »Ist auch gut so. Gucken Sie sich diesen Scheiß hier an!« Er
streckte mir das Bündel Faxe hin.
     
    DU WEISST, WAS DU GETAN HAST!!!
    DU WEISST ES!!!
    UND BALD WIRD ES DIE WELT
EBENFALLS WISSEN.
     
    Alle Faxe waren gleich lautend
und bestanden aus diesen drei Zeilen. Ich fragte scharf: »Wo kommen die her?«
    »Aus dem Sorrento. Der Manager
hat sie mir weitergefaxt. Seit acht Uhr kommt immer wieder dieselbe Botschaft,
pünktlich jede Stunde.«
    Ich inspizierte die Blätter.
Keine Kopfzeile mit einer Absendernummer. Ich schloss daraus zweierlei. Das
Positive: Rickys derzeitiger Aufenthaltsort war dem Absender nicht bekannt. Das
Negative: Die Terriss zündete eine neue Stufe, indem sie mit der Öffentlichkeit
drohte.
    Bald wird es die Welt ebenfalls
wissen.
    Wie sollte sie’s erfahren?
Wann?
    Ich sah Hy an. Unsere Blicke
begegneten