Das gebrochene Versprechen
unterminiert hätte.
Pete ist mir von den vieren am
ähnlichsten: echt besessen, aber immer noch hin und her gerissen, ob er ganz
nach oben will oder ein einfaches, glückliches Leben führen. Er liebt seine
Frau, kann’s nicht erwarten, Vater zu werden, und macht sich Sorgen, weil das
Baby überfällig ist und höchstwahrscheinlich auf die Welt kommt, während wir
auf Tour sind. Aber trotzdem bleibt er die ganze Nacht wach und schreibt Songs,
genau wie ich früher; mein Musikverlag hat schon vier davon gekauft, und einer
geht demnächst an einen großen Star und wird Pete eine Menge Geld bringen. Er
glaubt, er kann was aus dem Business rausholen, ohne sich davon vereinnahmen zu
lassen, aber du und ich, wir wissen es besser. Und er hat mir heute Nachmittag
gestanden, dass ihm die Sache mit Charly und mir ein Stück weit die Augen
geöffnet hat. Vielleicht ist das ja gut, aber vielleicht ist er ja auch besser
dran, wenn er’s nicht weiß. Ich bin mir da nicht mehr sicher — wie überhaupt in
fast gar nichts.«
Ich stieg aus der Wanne und
trocknete mich ab, schlüpfte dann in einen der hoteleigenen Frottebademäntel.
In Gedanken noch immer bei den Bandmitgliedern, ging ich ins Wohnzimmer und
setzte mich auf den Balkon mit Blick über den Century Boulevard und das
Neongefunkel der City.
Ich neigte immer mehr zu der
Ansicht, dass einer von Rickys Musikern der Mittelsmann dieser Terriss war: Sie
waren unzählige Male in seinem Haus gewesen und hatten sich dort bis heute
Nachmittag frei bewegen können. Sie kannten sich auf dem Anwesen gut genug aus,
um den Sicherungskasten finden, den richtigen Kippschalter umlegen, im Schutz
der Dunkelheit einen Schuss abfeuern und später dann das Gewehr auf dem Gelände
verstecken zu können. Und sie kannten auch die unregistrierte Faxnummer. Und
außerdem waren sie vertraut genug mit den Kindern: Jerry Jackson, hatte Chris
schließlich gestanden, sei so ein guter Kumpel, dass sie am Samstagabend das
Gefühl gehabt habe, ihn ruhig um ein paar Joints anhauen zu können. Was hätte
einen so guten Kumpel daran hindern sollen, sie oder Jamie auszuhorchen, wie
die Feriencamps ihrer kleinen Geschwister hießen und wo sie lagen?
Aber welches Bandmitglied?
Eins stand fest: Wer immer der
Mittelsmann sein mochte, er würde morgen an Bord des Midnight Train sein, wenn
dieser Union Station verließ.
Das Telefon klingelte, und ich
ging hinein um abzunehmen. Hy, aus dem RKI-Büro in Reno. »Alles unter
Kontrolle«, erklärte er. »Die Kleinen sind nicht mal beunruhigt, für sie ist es
ein Abenteuer. Deine Schwester hat Chris und Jamie schwören lassen, nichts von
der Trennung zu sagen.«
»Wie geht’s den beiden?«
»Chris ist cool, distanziert
und ein bisschen rotzig. Jamie ist ein Emotionsbündel, aber sie hat permanent
ihren Walkman auf und weigert sich zu sprechen. McCone, bist du nicht froh,
dass du keine Kinder hast?«
»Manchmal habe ich das Gefühl,
das wäre auch kein großer Unterschied. Ich habe an Charlenes, Patsys und Johns
sämtlichen Kindern teil, seit sie auf der Welt sind. Wie hält sich Charlene?«
»Also, sie ist wirklich
erstaunlich. Wenn du mir Samstag gesagt hättest, sie würde so ein Fels in der
Brandung sein, hätte ich dich für verrückt erklärt.«
»In Krisensituationen laufen
wir McCones zu Hochform auf.«
»Ein Glück. Ich sage dir eins —
wenn wir morgen Nacht von Union Station abfahren, ohne diese Sache hier
abgeschlossen zu haben, dann erwartet uns eine einzige Krisensituation.«
Mein Tag begann abrupt, als
Jenny Gordon, die zwei Stunden Zeitdifferenz zwischen Austin und L.A. nicht
bedenkend, um sieben Uhr sechzehn anrief. Hy stöhnte und brummelte, als ich
nach dem Hörer grabbelte; graues Licht war durch die Vorhänge hereingesickert,
als er die Tür aufgeschlossen und die Suite betreten hatte, und er hatte sich
noch eine ganze Weile unruhig hin und her gewälzt, ehe er eingeschlafen war.
Als Jenny ihren Namen gesagt hatte, legte ich sie auf die Warteleitung und ging
ins Wohnzimmer. »Tut mir Leid, dass ich Sie so lange habe warten lassen«, sagte
sie mit ihrem texanischen Akzent und ihrer rauen Kettenraucherinnenstimme. »Wir
sind hier ein kleiner Betrieb, und irgendwie ging alles drunter und drüber.«
»Das verstehe ich, glauben Sie
mir«, erklärte ich und stellte mir vor, was inzwischen wohl in meinem kleinen
Betrieb alles drunter und drüber ging. »Haben Sie was für mich?«
Vom anderen Ende kam ein
Inhaliergeräusch; ich sah die
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