Das gebrochene Versprechen
Schreiben geht.«
»Aber Sie haben in letzter Zeit
noch Kontakt zu Tod gehabt?«
»Na klar.« Jetzt, wo das Geld
den Besitzer gewechselt hatte, war sie freundlicher, als hätte das eine
Beziehung zwischen uns gestiftet. »Mein Freund hat Tod kennen gelernt, als er
mit seiner Band draußen im Valley gespielt hat. Der Drummer hatte sich
plötzlich abgeseilt, und der Keyboarder kannte eine Serviererin, und deren
Freund kannte Tod und... na, Sie wissen ja, wie so was läuft. Tod war von
Austin hierher gekommen, weil er dachte, er könnte einen Job in einem der
Studios kriegen und in die Popszene reinkommen — aber mit Pop ist im Moment
nicht viel, auch wenn alle sagen, er kommt wieder. Na, jedenfalls, Tod landete
in der Band von meinem Freund, und wie die sich aufgelöst hat, hatten sie dann
beide Gigs in Marina del Rey, in so einer Singles-Bar, wo mein Freund heute
Abend auch ist. Tod hat das bis vor einem Jahr gemacht, aber dann fing er an,
auf das Gerede zu hören, dass Country jetzt der große Hit ist, und er hat
beschlossen, sich wieder auf seine Wurzeln zu besinnen, und ist nach Nashville gegangen.«
»Und seine Freundin?«
»Monica? O nein. Die ist eine
Großstadtlady aus L.A., würde lieber sterben, als in einem Nest voller
Hinterwäldler zu hocken. Das hat sie Tod gesagt, und damit war’s aus.«
»Ich dachte an Patricia.
Patricia Terriss.«
Die Mundwinkel der Frau zogen
sich abwärts. »Das Aas! Die hat vor drei Jahren mit Tod Schluss gemacht. War
ein paar Monate immer mal hier und wieder weg und wieder hier, als ob das Haus
hier Drehtüren hätte, und eines Tages war sie dann endgültig weg und seine
Notreserven auch.«
»Sie hat ihn bestohlen?«
»Hat sein Geld geklaut und sein
Dope. Können Sie sich so was vorstellen?«
»Wann genau war das?«
»Hm, also, ich weiß noch, dass
er’s uns auf einer Party erzählt hat. Das war... ja, genau, am vierten Juli.
Unabhängigkeitstag. Er war echt sauer wegen dem Dope, also haben wir ihm was
von unserem abgegeben. Da war’s gerade erst passiert, zwei, drei Tage vorher.«
»Hat Tod je wieder von ihr
gehört?«
»Er hat nie wieder von ihr
geredet, aber wir hatten dann auch anderthalb Jahre keinen Kontakt, weil das
die Zeit war, als mein Freund versucht hat, die Szene oben in Seattle
aufzurollen. Kann also schon sein.«
Wieder eine Sackgasse, dachte
ich und sah auf den Zettel in meiner Hand. Auch wenn die Terriss die Gewohnheit
hatte, ins Leben ihres Exmannes und ihres Exfreunds zu schneien, wenn sie etwas
brauchte, hatte sie sich doch wohl nicht mehr an Dodson gewandt, nachdem sie
ihn bestohlen hatte. Oder? Ich würde Jenny Gordon bitten, es herauszufinden.
Die Frau lehnte jetzt so entspannt
im Türrahmen, als würde sie über den Gartenzaun mit der Nachbarin schwatzen.
»Also, wissen Sie«, sagte sie, »diese Patricia hatte echt ‘nen Hau.«
»Inwiefern?«
»Na ja, Tod stand auf Fische.
Er hatte so ein Aquarium mit einem halben Dutzend... weiß nicht, wie die
heißen, aber solche tropischen Fische, mit so langen, wallenden Flossen und so.
Patricia hat ihnen Namen gegeben: Michael, Molly, Brian, Christina, Jamie und
Lisa. Ich weiß es noch genau, weil sie immer über sie geredet hat, auf ihre
schräge Art, als ob’s ihre Kinder wären.«
Mein Magen zog sich zusammen.
»Was hat sie gesagt?«
»Ach, Sachen wie ›Michael hat
heute keinen rechten Appetit‹ oder ›Jamie und Lisa haben sich wieder gezankt‹.
Echt dummes Zeug, aber sie hat nicht damit aufgehört. Hat Tod auf die Palme
gebracht. Aber das Gruslige war nicht das mit den Namen. Das Gruslige war, was
sie mit ihnen gemacht hat.«
»Gemacht?«
»Ja. An dem Tag, an dem sie
abgehauen ist, hat sie sie vergiftet.«
»Was?!«
Die Frau nickte lächelnd und
genoss meine Reaktion. »Ja. Tod kam heim, und da trieben sie im Aquarium, mit
dem Bauch nach oben, alle sechs. Und neben dem Aquarium standen zwei leere
Dosen Fischfutter. Das kann kein Versehen gewesen sein. Das Aas hat Michael,
Molly, Brian, Christina, Jamie und Lisa mit voller Absicht vergiftet.«
... Michael, Molly, Brian,
Christina, Jamie und Lisa mit voller Absicht vergiftet...
... Ich bin auch mal ihr
Opfer geworden ... mit einem Brieföffner, bei einem ihrer rasenden
Wutanfälle ...
Ich hatte ja gewusst, dass
diese Frau besessen und gefährlich war. Aber ich hatte nicht geahnt, wie
besessen und gefährlich.
Und jetzt stand ich schon
wieder im Stau, diesmal auf dem Santa Monica Freeway, auf dem Weg ins Zentrum
eines
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