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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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all dem Mist in den Zeitungen hatte
ich schon Angst, sie würden mich ausbuhen. Aber weißt du, was mir aufgefallen
ist? Sie haben ›Midnight Train‹ gut angenommen, aber was sie wirklich berührt
hat, war ›The Empty Place‹.«
    »Das
hab ich auch bemerkt.«
    Er
nahm meine Hand und rutschte tiefer in den Sitz. Ich rückte an ihn heran und
lehnte den Kopf an seine Schulter.
    »Ist
komisch mit diesem Song, Red. Als ich ihn geschrieben habe, kannte ich dich
noch nicht mal, aber jetzt stellt sich raus, er handelt von dir, und mir, von
uns.«
    »Ich
weiß.«
    »Hör
zu, was ich jetzt brauche, ist, einfach still dazusitzen, um ein bisschen
runterzukommen. Der Fahrer sagt uns fünf Minuten vor dem Bahnhof Bescheid, dann
muss ich mich auf die Menge einstellen.«
    Ich
hatte ihn das schon vor dem Konzert tun sehen: auf eine stete Art Konzentration
und Energie aufbauen. »Wie geht das?«
    »Na
ja, du weißt doch, wie ein Produzent einen Song mischt? Er verstärkt bestimmte
Elemente, fährt andere zurück, nimmt einige sogar ganz raus. So ungefähr mache
ich das auch: die Konzentration steigern, den Stresspegel senken, alles andere
ausblenden.«
    »Und
wie kommst du runter?«
    »Früher
mit Dope oder Alkohol. Jetzt, indem ich deine Hand halte.«
    »Noch
fünf Minuten, Mr. Savage.«
    »Danke.«
Er ließ meine Hand los und setzte sich aufrecht hin.
    Ich
rückte von ihm weg, fühlte mich jetzt schon ausgeschlossen.
    Er
merkte es, umfasste mein Kinn und sah mir ernst in die Augen. »Sorry, Red. Ist
schon ein merkwürdiges Leben. Bist du dir sicher, dass du dran teilhaben
willst?«
    »Ja.
Ja, ich bin mir sicher.«
    Union
Station sah aus wie ein Hollywoodtraum: Lachsfarben verputzt, mit türkisen
Rahmen und Simsen und Mosaik-Fliesen-Dekor, erstrahlte die Missionsstil-Fassade
im Flutlicht, und mächtige, spindelförmige Palmen säumten die Zufahrt. Die
Turmuhr zeigte Viertel vor zwölf. Und die Menge war riesig.
    Menschen
verstopften den Bürgersteig vor dem Gebäude. Leute mit Foto- und Videokameras.
Leute mit Recordern und Mikrophonen.
    Leute,
die völlig aus dem Häuschen waren. Selbst durch die geschlossenen Fenster und
Türen der Limousine hörte ich sie. Das hier war kein Hollywoodtraum. Es war ein
Albtraum, aus einem Horrorfilm, und die Leute erinnerten mich an die
Dorfbewohner, die um die Mühle herumschwärmten, ehe sie Frankensteins Monster
verbrannten.
    Panisch
umklammerte ich Rickys Arm.
    »Red,
ist ja gut. Sie können dir nichts tun. Und siehst du, wer da gleich am Auto
steht? Hy und die Bodyguards. Mir passiert nichts, ich versprech’s dir.«
    »Wie
hieß doch gleich dein letztes Album?«
    »Was?
O nein, wir leben nicht mehr im ›Broken Promise Land‹.« Er nahm mich in die
Arme, bis der Wagen am Bordstein hielt. »Hör zu«, sagte er, »ich ruf dich in
genau drei Stunden in Shars Haus an. Ich sage dir sogar sexy Sachen am Telefon,
wenn dich das aufmuntert.«
    »Sag
mir einfach nur, dass du okay bist. Das ist mehr als genug.«
    »Mach
ich. Hab du inzwischen einen guten Flug; ein Fahrer wird dich abholen und zu
Shars Haus bringen. Und vergiss nicht — wenn irgendwas ist, ruf Dan KesselI
an.«
    Ich
nickte, dann öffnete einer der Bodyguards die Wagentür. Ricky küsste mich und
stieg aus.
    Der
Lärm war ohrenbetäubend. Die meisten Leute brachen einfach nur in sinnloses
Kreischen aus, aber andere — Reporter — drängten heran und brüllten Fragen, mit
Stimmen, die an meinen ohnehin blank liegenden Nerven sägten. Ich verkroch mich
in der Ecke des Fonds, während Ricky sich auf richtete und die Hände hob, wie
er es auf der Bühne zu tun pflegte. Der Lärm schwoll etwas ab.
    Eine
Frauenstimme rief: »Wieso bringen die Rundfunksender Ihre Single nicht, Ricky?«
    Er
spulte das vorbereitete Statement ab, das er heute Nachmittag in unserem
Hotelzimmer geprobt hatte: »... Sparmaßnahme seitens meines früheren Labels... sehr enttäuschend... eine
Schande, dass die Fans die Musik nicht hören können, ehe sie ihr gutes Geld für
das Album hinlegen... vielleicht können Sie ja Ihre Leser bitten, ihren
Hörerwunsch den Sendern telefonisch mitzuteilen ...«
    »Stimmt
es, dass Sie und Ihre Frau sich scheiden lassen?«
    »Ja,
das stimmt, aber es ist eine Trennung in Freundschaft. Charly und ich, wir
mögen uns, und wir lieben unsere Kinder, und wir werden unser Möglichstes tun,
damit wir es alle gut überstehen.«
    »Mr.
Savage — was ist das für eine Geschichte mit der Rothaarigen?«
    »Yeah,
Ricky, wo ist die

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