Das gebrochene Versprechen
wegen
dieser angeblichen Plagiatsgeschichte angerufen hat. Ricky meinte, Ethan müsse
den Namen haben, da er ihn damals vorgewarnt hat, dass der Kerl eventuell
anrufen würde.« Sie sah zu Mick hinüber. »Oder sollte ich mich von Ethan auch fern
halten?«
»O nein. Ethan hasst Mom. Ich
glaube, er wollte sich mal an sie ranmachen, als sie und Dad gerade in einer
schwierigen Phase waren, und sie hat ihn abblitzen lassen.«
»Okay«, sagte ich, »also hat
jeder seine Aufgaben. Mick, warum fährst du nicht noch ins Sorrento und redest
mit deinem Dad? Er hat gesagt, er würde dir jede Frage beantworten, und
außerdem würde es ihn aufmuntern, dich zu sehen.«
In seinem Gesicht spiegelten
sich widerstreitende Gefühle. Ich wusste, wie ihm zumute war, denn innerlich
ging es mir immer noch genauso. Dann zuckte er die Achseln. »Wieso nicht? Ich
habe Waffenstillstand mit der Rothaarigen hier geschlossen, also werde ich’s
wohl auch mit meinem eigenen Vater können.«
Ich war noch nie so stolz auf
ihn gewesen.
Die nächste Herausforderung
stellte sich, als ich zu Rickys und Charlenes Haus zurückfuhr, um mich mit Hy
kurzzuschließen und noch ein paar Telefonate zu führen, ehe ich nach Ventura
fuhr. Als ich die Diele durchquerte, rief mich meine Schwester aus dem
Wohnzimmer. Ich ging hin und fand sie auf dem Sofa neben einem großen,
schlanken Mann mit salzwasser- und sonnengegerbtem Gesicht und silbergrauem
Haar. Charlene wirkte erholt und entspannt; sie hatte die Spuren der Ohrfeige
überschminkt und trug ein elegantes Outfit, bestehend aus grünseidenen Hosen
und einem ärmellosen goldenen Oberteil.
»Sharon, ich möchte dir Vic
Christiansen vorstellen«, sagte sie. »Vic, meine Schwester, Sharon McCone.«
Christiansen stand auf und gab
mir die Hand. Er sah nicht so gut aus wie Ricky, hatte aber die gleiche
selbstbewusste Präsenz. Wie hatte mein Schwager das im Vergleich zu den
Problemen seines toten Freunds Benjy genannt? Sich in der eigenen Haut wohl
fühlen. Er sagte: »Freut mich. Danke, dass Sie dieses Wochenende hier sind, um
Charlene beizustehen.«
Ich wollte ihn aus Prinzip
nicht mögen, diesen Mann, dessen Auftauchen im Leben meiner Schwester deren Ehe
endgültig den Rest gegeben hatte. Aber dass er jetzt hier war, bedeutete, dass
Charlene ihr Leben weiterlebte; es war wohl besser, ich akzeptierte das und
auch den Mann, den sie liebte. Also ließ ich locker und lächelte Christiansen
aufrichtig an. »Ich habe gar nichts getan«, erklärte ich. »Sie ist eine starke
Frau und bewältigt das alles ganz prima.« Er lächelte auf sie herab. »Siehst
du? Hab ich dir das nicht auch gerade gesagt?«
»Zwei gegen einen; ich beuge
mich der Mehrheit. Shar — bist du irgendwie weitergekommen, was die Person
angeht, die hinter all diesen Dingen steckt?«
»Etwas schon«, sagte ich und
fragte mich, wie viel Ricky ihr bei ihrem Telefongespräch von der ganzen
Geschichte erzählt hatte. Sie erahnte die unausgesprochene Frage. »Er hat
gesagt, es gebe da ein paar Dinge, die er mir von Angesicht zu Angesicht erklären
müsse, und sie seien ziemlich unschön. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das
wirklich wissen will oder muss.«
»Es könnte besser sein, wenn du
vorbereitet bist, sollten die Medien drüber herfallen.«
»Das tun sie schon; die
›StarWatch‹-Kolumne ist auch in unserer Zeitung hier erschienen.«
»Außerdem ist wieder einer von
diesen Briefen gekommen. Diesmal wurde er unter Kurts Bürotür durchgesteckt.«
Charlene erschauerte. »Ein
Grund mehr, weshalb ich nicht mit nach China fliegen kann«, sagte sie zu
Christiansen. »Ich lasse meine Mädchen nicht allein hier zurück, nur mit einer
Haushälterin und einer Horde bewaffneter Sicherheitsleute, wenn dort draußen
irgendwo eine Irre oder ein Irrer herumläuft.«
»Liebes, glaub mir, die Reise
ist wirklich nicht wichtig.« Er setzte sich wieder neben sie und legte ihr die
Hand auf den Arm.
Ich erwärmte mich zusehends für
den neuen Mann meiner Schwester.
Nach kurzem Schweigen sagte
Charlene zu mir: »Die Neugier mag ja unter diesen Umständen etwas unangemessen
sein, aber... diese Rothaarige — kennst du sie?«
»...Ja.«
»Ist er im Moment mit ihr
zusammen?«
»Ja.«
»Ist sie ihm wichtig?«
»Ich glaube schon.«
Einen Moment lang guckte meine
Schwester, als wollte sie noch mehr wissen. Aber dann zuckte sie die Achseln,
lächelte Vic an und — ließ los.
Ich fand Hy im Büro, wo er
gerade mit einem der RKI-Leute konferierte.
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