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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ausgekocht hat, und es macht meinen Job nur schwerer,
weil ich nicht an zwei Orten gleichzeitig sein kann.«
    »Wo werden Sie sein?«
    »In dem verstunkenen Zug, für
den Fall, dass seine Majestät mich braucht.« Der Road-Manager starrte grimmig
zu Ricky hinüber, der nur lächelte.
    Nach einer Weile ging mein
Schwager ins Schlafzimmer um ein paar Telefonate zu führen, und Rae ließ sich
mit einer Tasse Kaffee auf dem Balkon nieder. Ich hörte zu, wie Hy und Rattray
verschiedene Security-Optionen erörterten, die jedoch alle nicht gänzlich
befriedigend waren. Rats Kommentare wurden immer bissiger; die
Beinahe-Begegnung mit dem Tod hatte ihn keineswegs umgänglicher gemacht, und er
jammerte ständig über Schmerzen in der verletzten Schulter. Schließlich hatte
ich es satt. Ich sagte: »Rats, seien Sie froh, dass es Sie nicht am Hintern
erwischt hat.«
    »Was, zum Teufel, soll das
heißen?«
    »Ich hatte mal dieses Pech, und
glauben Sie mir, das ist tausendmal schlimmer als eine Schulterverletzung. Und
viel peinlicher.«
    Er grunzte, hörte aber mit dem
Gejammer auf.
    Nach einer weiteren halben
Stunde begann Hy, die Gebäudepläne einzurollen. »Zeit, das Zeug in unsere
Zentrale rüberzubringen«, sagte er. »Wir haben dort um elf ein Meeting mit
einem externen Berater, den ich bei Rickys Konzert in Sonoma County getroffen
habe.«
    »Wieso?«, fragte Rats.
    »Er ist auf diese Art Security
spezialisiert.«
    »Aha. Hab mir doch gleich
gedacht, dass Sie keine Ahnung haben. Wie hätte ich sonst einen Schuss
abkriegen können?«
    Hy sah ihn leise drohend an,
aber ich konnte mich nicht mehr beherrschen. »Wissen Sie, Rats«, sagte ich,
»das meiste, was aus Ihrem Mund kommt, scheint sich den Weg über Ihr Gehirn
irgendwie zu sparen. Ripinsky ist kein gewöhnlicher Security-Mann; seine
Spezialität sind heiklere Sachen, und Sie werden verdammt froh sein, ihn auf
der Tour dabeizuhaben, wenn es haarig wird.«
    »Heiklere Sachen?«
    »Etwa Geiselbefreiung.
Terrorismusabwehr. Lösegeldverhandlungen. Und noch sensiblere und... weniger
klar umrissene Bereiche.« Der Road-Manager sah Hy an. »So was machen Sie,
Mann?«
    Hy nickte nur, leise amüsiert.
    Ich sagte: »So was macht er.«
    »Heiliger Strohsack.« Rattray
betrachtete ihn mit widerwilligem Respekt.
    Als sie weg waren, kam Rae vom
Balkon herein. Sie sah immer noch müde aus, aber in ihren Augen war ein sanftes
Leuchten. Als sie sich Kaffee nachgegossen und es sich in einer Sofaecke bequem
gemacht hatte, sagte ich: »Ganz schöner Coup, den du da gestern Abend gelandet
hast. Du hast vielleicht die Möglichkeit gefunden, Rickys Glaubwürdigkeit auf
die Sprünge zu helfen. Selbst Girdwood war beeindruckt.«
    Ihr Blick trübte sich. »Glaub
das nicht. Ricky sagt, ich soll mich vor Kurt hüten. Girdwood mag deine
Schwester — als Person, aber auch, weil sie sich aus Rickys
Karriereangelegenheiten immer rausgehalten hat. Ich war zuerst eine unbekannte
Größe, aber seit gestern Abend sieht er mich als potenziell gefährlichen
Einfluss.« Sie lächelte matt. »Er hat heute früh angerufen und Ricky im Lauf
des Gesprächs vorgeworfen, er denke mit dem Schwanz.«
    »Ach, gegen Kurt kannst du dich
schon behaupten. Du hast’s ja bereits bewiesen.«
    »Ja, ich kann’s, solange Ricky
mich unterstützt — und das wird er tun.«
    »Du bist dir seiner ja sehr
sicher.«
    »Das hier ist eine der wenigen
Situationen in meinem Leben, in denen ich weiß, dass das, was ich tue,
hundertprozentig richtig ist.« Ich musterte sie wie schon gestern Abend,
beeindruckt von ihrer neuen Selbstsicherheit.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Nichts.«
    »Mach mir doch nichts vor. Ich
höre doch, wie es in deinem Kopf arbeitet. Da sind eine Million Fragen, die dir
auf der Zunge liegen.«
    »Warum unterstellt mir alle
Welt, dass ich vor Fragen platze? Ricky hat gestern Morgen genau dasselbe
gesagt.«
    »Na ja, wir wissen eben beide
aus langjähriger Erfahrung, wie neugierig du bist. Du tust, als wärst du’s
nicht, aber jetzt gerade juckt es dich schrecklich, mich zu fragen, wie es
war.«
    Seit Jahren spielten wir das
Spiel, einander eines übersteigerten Interesses am Liebesleben der jeweils
anderen zu bezichtigen. Wir bohrten und zierten uns, handelten und feilschten
und rückten schließlich einzelne, harmlose Fitzelchen heraus. Ich war mir nicht
sicher, ob ich das Spiel mitspielen konnte, wenn der Mann, um den es ging, mein
Demnächst-Exschwager war, aber ich wagte den Versuch.
    »Wie was war?«
    Rae

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