Das gebrochene Versprechen
Abend
noch heute Vormittag Gelegenheit.«
»Dann tu’s auch nicht. Noch
nicht.«
»Warum nicht?«
»Er muss sich auf das
Auftaktkonzert konzentrieren. Sie haben fast eine Woche nicht mehr richtig
geprobt, deshalb hat er mit Charlene ausgemacht, dass er heute Nachmittag das
Studio benutzt und bei der Gelegenheit sie und die Mädchen sieht. Das alles ist
wichtiger, als ihn jederzeit über die Ermittlungen auf dem Laufenden zu
halten.«
»Stimmt. Wir haben sowieso
nichts Definitives. Aber kannst du’s ihm denn verschweigen?«
»Ja.«
»Du bist ganz schön
entschlossen, ihn zu beschützen.«
»Mag sein, aber das beruht auf
Gegenseitigkeit. Er ist so besorgt, dass die Medien über mich herfallen könnten
— er will sogar; dass ich nach dem Konzert morgen nach Hause fahre.«
Ich war mehr oder minder davon
ausgegangen, dass sie ihn auf der Tour begleiten würde. »Willst du das denn?«
»Na ja, du hast doch gesagt,
Ted klang ziemlich gestresst, als du vorhin angerufen hast. Im Büro muss sich
ja ganz schön was angestaut haben.«
»Stimmt, aber ich habe mit RKI
abgemacht, dass sie uns Keim für die Dauer der Ermittlungen leihen. Sie kann
die Routinearbeit erledigen.«
»Trotzdem, ich glaube, es ist
besser, ich fahre heim. Es sieht nicht so aus, als würden die Ermittlungen
abgeschlossen sein, ehe die Tour losgeht, und das Letzte, was ihr brauchen
könnt, du und Hy, ist noch jemand, um den ihr euch Sorgen machen müsst.«
»Stimmt. Und ich könnte nicht
behaupten, dass ich nicht froh wäre, wenn du dich um die Detektei kümmerst.«
Ich wandte mich den Aufgaben des Tages zu. »Okay, wenn diese Kollegin aus
Austin, Jenny Gordon, nicht innerhalb der nächsten Stunde anruft, rufe ich sie
an. Und Keim müsste inzwischen ihren Bericht gefaxt haben; ich hab ihr gesagt,
sie soll ihn hierher schicken, also frage ich besser mal an der Rezeption.«
»Und ich habe möglicherweise
einen Hebel, um diesen Anwalt doch noch zum Reden zu bringen; er schuldet einem
Freund von Ethan einen Gefallen, und dieser Mensch ist bereit, auf ihn einzuwirken.
Ricky leiht mir den Porsche, damit ich nach L.A. rauffahren kann. Er dachte, du
könntest ihn vielleicht nach Hause mitnehmen.«
»Wann will er denn los?«
Sie sah auf die Uhr. »Etwa
jetzt.«
Wir sammelten Ricky ein, und
ich holte Keims Fax bei der Rezeption ab, während die beiden draußen warteten,
dass der Porsche vorgefahren würde. Als ich hinaustrat, war der Wagen gerade
gekommen, und sie gingen Hand in Hand darauf zu. Ricky ermahnte sie, sich
hinterm Steuer nicht in ein Arschloch zu verwandeln, und sie sah lachend zu ihm
auf.
Und just in diesem Moment trat
hinter einem am Bordstein parkenden Van ein Fotograf hervor. »Lächeln, Ms.
Kelleher, Mr. Savage!«
Ricky ließ Rae los und machte
eine Bewegung auf den Mann zu, aber der hatte seine Fotos schon geschossen. Er
retirierte zur offenen Tür des Van. Ricky wollte sich auf ihn stürzen, aber Rae
packte ihn am Arm.
»Lass es!«, sagte sie. »Das
macht es nur noch schlimmer.«
Mein Schwager bebte vor Wut,
ließ sich aber zurückhalten und starrte nur grimmig auf den Van. Der Fahrer
fuhr an, und als er an uns vorbeirollte, rief Ricky: »Verdammt, was seid ihr
für kranke Typen? Warum lasst ihr uns nicht in Ruhe?«
Rae lehnte die Stirn an seinen
Oberarm. Er sah auf sie hinunter, berührte mit zittriger Hand ihre Locken.
»Sorry, Red«, sagte er. »Das ist das Letzte, was ich wollte.«
Sie lächelte matt. »Was ist
denn so schrecklich daran, wenn ich mit einem so gut aussehenden Mann wie dir
auf einem Zeitungsfoto erscheine?«
Ich sagte: »Möchte wissen,
woher er Raes Namen hatte und wusste, dass ihr hier seid. Dein Freund, der
Hotelbesitzer, würde doch nicht —«
»Nein.« Ricky schüttelte den
Kopf. »Und das Personal ist verschwiegen. Hier steigen jede Menge Prominente
ab, und ich habe noch nie gehört, dass jemand solche Probleme hatte.« Er winkte
dem Wagenmeister, der neben dem Porsche stand, nahm die Schlüssel in Empfang
und gab dem Mann ein Trinkgeld.
Ich sagte: »Na ja, gestern
Abend waren etwa ein Dutzend Leute in deiner Suite. Ich schätze, von denen
hätte jeder der Presse einen Tipp geben können.«
»Stimmt. Und ich frage mich, in
welchem dieser grässlichen Revolverblätter das Foto erscheint.« Er verzog das
Gesicht, als er die Möglichkeiten durchging. »Red, ich glaube, wir fahren
besser schon heute Abend nach L.A., statt erst morgen früh. Der Tower des
Century Plaza ist ziemlich gut gesichert, und
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